zum Hauptinhalt
Timo Werner trat schon in der Nations League gegen die Niederlande im vorigen Herbst an.

© Marius Becker/dpa

EM-Qualifikation in Hamburg: Timo Werner soll es für Deutschland richten

Für das Rückspiel gegen die Niederlande kann der Stürmer von RB Leipzig vom Ausfall Leroy Sanés profitieren. Seit seiner Vertragsverlängerung ist er in Topform.

Einmal musste Timo Werner sich am Ohrläppchen zupfen. Man kennt eine solche Verhaltensweise von vielen Sportlern, wenn sie vom Fernsehen interviewt werden. Selbst ein medienerfahrener Fußballprofi wie er, der als Nationalspieler seit Jahren im Fokus der Öffentlichkeit steht, greift zu diesem Kniff, um sich zu beruhigen. „Ich bin froh, dass ich jetzt Ruhe habe“, sagte der Stürmer auf die Frage, ob er jetzt, wo er sich nach wochenlangem Zögern doch für einen Verbleib in Leipzig entschieden hat, aufblühe und nach Belieben treffe. „Wenn man einen Zusammenhang sehen will, dann findet man den bestimmt auch“, sagte Werner. Aber das Warten habe „mich vorher nicht beirrt, und jetzt fühle ich mich auch nicht extra beflügelt“.

Die Personalie Timo Werner hat die Medien in Leipzig und München einen ganzen Transfersommer lang in Schach gehalten, wobei eigentlich gar nichts passierte. Weder verlängerte er in Leipzig noch ging er zum FC Bayern. Es galt als ausgemacht, dass der derzeit treffsicherste deutsche Stürmer nach München wechselt; spätestens in einem Jahr, wenn er das hätte ablösefrei tun können. Schließlich hatte Werner vor Kurzem dann doch noch einen neuen Vierjahresvertrag bei RB unterschrieben.

Zuletzt hat er alle drei Tore für seinen Klub beim Sieg in Mönchengladbach erzielt. Werner steht nach drei Spieltagen bei fünf Treffern. „Man fühlt sich immer sehr gut, wenn man trifft“, sagte Werner, der zum Kapitel FC Bayern aber am liebsten nichts mehr sagen möchte. Schließlich sei er als Nationalspieler vor die Presse getreten. Die deutsche Auswahl trifft sich gerade in Hamburg, wo am Freitag das EM-Qualifikationsspiel gegen die Niederlande ansteht. Drei Tage später muss die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw in Belfast ran. Die deutsche Elf liegt in der Gruppe C mit neun Punkten hinter Nordirland auf Platz zwei. Die Nordiren haben schon vier Qualifikationsspiele ausgetragen und alle gewonnen.

Dass die deutsche Mannschaft sich für die EM qualifizieren wird, sollte außer Frage stehen. Die Niederlande sind aber der härteste Kontrahent, das Hinspiel in Amsterdam im März hatte Deutschland mit 3:2 gewonnen. Es folgten Pflichtsiege im Juni über Weißrussland und Estland.

Nun trifft es sich gut, dass Werner in blendender Verfassung ist. Gerade auf ihn werden nun die Augen gerichtet sein, da Leroy Sané wegen eines Kreuzbandrisses bis Ende des Jahres ausfallen wird. Sané war im neuen Drei-Mann-Sturm auf dem linken Flügel gesetzt, er hatte maßgeblich Anteil am rasanten und erfrischenden Fußball, den Löw leider erst nach dem Abstieg in der Nations League spielen ließ. Dabei hatte Werner zuletzt seinen Stammplatz in der Nationalelf eingebüßt.

„Die letzten drei Länderspiele waren von der Minutenanzahl her nicht so gut für mich. Umso wichtiger war es, dass mir beim Abschluss des alten Länderspieljahres gegen Estland noch ein Tor gelungen ist. Das war wichtig für mich“, sagte Werner. Er könnte vom Ausfall Sanés profitieren, und die Nationalelf von ihm. „Für uns ist es gut, dass Timo in Topform ist“, sagte Manuel Neuer, der Kapitän der deutschen Mannschaft. „Wir spielen jetzt gegen die beiden besten Mannschaften unserer Gruppe.“

Werner könnte Sané ersetzen oder im Zentrum spielen

Der Ausfall von Sané schmerzt. „Er war im letzten Jahr gerade für uns wahnsinnig wichtig geworden“, hatte Löw über den 23-Jährigen gesagt. Mit fünf Toren in neun Spielen war er der beste Torschütze im Jahr eins nach dem WM-Debakel. Nun wird es gerade auch auf Timo Werner ankommen. Zwar hat Löw für den verletzten Sané in dem Freiburger Luca Waldschmidt erstmals den Torschützenkönig der U-21-EM nominiert. Doch als erste Alternative für Sané kommen Marco Reus und Julian Brandt infrage. Vielleicht auch Werner, wenn ihn Löw nicht im Sturmzentrum ranlässt. Der Leipziger kann aufgrund seiner Schnelligkeit genauso gut auf den Flügel ausweichen.

„Das 3:2 in Amsterdam war fürs Selbstbewusstsein und die Moral gut“, sagte Oliver Bierhoff. „Es hat uns allen Auftrieb gegeben.“ Mit dem Rückspiel stehe jetzt ein weiterer Prüfstein für die verjüngte Nationalelf an. Auch der Nationalmannschafts-Manager und frühere Stürmer hat Werners jüngste Entwicklung verfolgt.

Werner komme ihm „befreit“ vor. „Spieler wollen das vielleicht nicht immer zugeben, aber natürlich beschäftigt und belastet eine ungeklärte Vertragssituation mitunter“, sagte Bierhoff. „Die Ergebnisse seit seiner Unterschrift sprechen jedenfalls dafür, dass es Timo befreit hat.“ Bierhoff sei froh, dass Werner das für sich geklärt habe. Er kenne das Ambiente bei RB, sei dort auch in der Champions League gefordert und werde unter dem neuen Trainer Julian Nagelsmann weiterreifen. Diese Reife dürfte ihm dann auch in der Nationalelf weiterhelfen.

Zur Startseite