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Englands Harry Kane umarmt seine Frau Kate nach dem Spiel.

© Carl Recine/Pool Reuters/AP/dpa

EM-Finale in Wembley: Rekord am Anfang, großes Drama am Ende

Die Mannschaft von Roberto Mancini bleibt im 34. Spiel in Serie ohne Niederlage und schlägt England im Elfmeterschießen, weil Donnarumma zwei Elfmeter pariert.

In der 61-jährigen Geschichte der Fußball-Europameisterschaften entschied sich erst ein Finale im Elfmeterschießen. 1976 besiegte die Tschechoslowakei die BRD – Uli Hoeneß jagte den Ball in den Belgrader Nachthimmel und mindestens ebenso legendär ist auch der entscheidende Schuss von Antonin Panenka, dessen frecher Chip bis heute mit seinem Namen verbunden ist. Das ist mittlerweile 45 Jahre her, ob das Elfmeterschießen der diesjährigen EM vielen Fußballfans in ferner Zukunft ebenso nachhaltig in Erinnerung geblieben sein wird, ist fraglich. Zumindest international.

Obwohl zwei Spieler verschießen: Italien ist Europameister.
Obwohl zwei Spieler verschießen: Italien ist Europameister.

© Frank Augstein / POOL / AFP

Für Italien gilt das selbstverständlich nicht. Durch das 4:3 nach Elfmeterschießen (1:1, 1:1, 0:1) gegen England ist die Squadra Azzurra zum zweiten Mal nach 1968 Europameister. Domenico Berardi, Leonardo Bonucci und Federico Bernardeschi verwandelten ihre Elfmeter, der große Held war aber Torwart Gianluigi Donnarumma, der die Versuche von Jadon Sancho und Bukayo Saka entschärfte.

Den Engländern reichten zwei Paraden von Keeper Jordan Pickford nicht aus. In der regulären Spielzeit hatte Luke Shaw England schon in der zweiten Minute in Führung gebracht, Bonucci hatte in der zweiten Halbzeit ausgeglichen. Für die Three Lions geht das Warten auf den zweiten Titel nach 1966 weiter, auch die Anfeuerung der 60.000 Zuschauer im Wembley-Stadion reichte nicht.

Die Engländer hatten bei dieser Europameisterschaft mit einer gnadenlosen Effektivität und Abgezocktheit überzeugt. Schön war das nur sehr selten, doch sehr erfolgreich. Wenn es eine Sache gibt, die man gegen eine solche Mannschaft vermeiden sollte, ist es ein frühes Gegentor.

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In den Pubs herrscht Ekstase

Doch nach handgestoppten 117 Sekunden glich das Wembley-Stadion einem Tollhaus. Kieran Trippier flankte unbedrängt von der rechten Seite und fand am langen Pfosten Luke Shaw, der den Ball freistehend per Dropkick in die kurze Ecke drosch.

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Die Spieler mit den drei Löwen auf den weißen Trikots brüllten ihre Freude in den Londoner Abendhimmel, auf den Tribünen und in den Pubs herrschte Ekstase, als habe es niemals eine Pandemie gegeben, nur ein Engländer unter den 60 000 im Wembley-Stadion blieb unglaublich gefasst.

Gareth Southgate ballte kurz die Faust, drehte schnell wieder ab und schaute mit ernster Miene auf das Spielfeld. Dabei hätte der Trainer allen Grund zum Jubeln gehabt, denn Grundlage des Treffers war seine überraschende taktische Maßnahme. Anstatt mit einer Viererkette verteidigte England mit drei Mann in letzter Linie und brachte die Italiener mit zwei sehr offensiven Außenverteidigern aus dem Konzept. Flanke Trippier, Dropkick Shaw. 1:0.

Die frühe Führung spielte Southgates Mannschaft natürlich in die Karten und über weite Strecken der ersten Halbzeit hatten die Three Lions alles im Griff. Im Gegensatz zu den bisherigen Spielen, als sie es sehr gut verstanden, die Gegner mit schnellem Umschaltspiel zu übertölpeln, verließen sie sich nun aber zu sehr auf ihre gute Defensive.

Die hatte im Turnier erst ein Gegentor hinnehmen müssen, und das durch einen direkten Freistoß im Halbfinale gegen Dänemark. Ein wenig Eigeninitiative hätte den Engländern allerdings gutgetan, zur Halbzeit standen sie bei genau einem Schuss aufs Tor, dem von Shaw ins Tor.

Lange Zeit schien das gegen ideenlose Italiener zu reichen, die einzige klare Torchance des ersten Durchgangs hatte Federico Chiesa mit einer Einzelaktion und einem Schuss aus 20 Metern, der einen halben Meter am Pfosten vorbeistrich. Doch nicht nur Southgate versteht sein Handwerk.

Erst eine Ecke, dann Stochertor

Sein Gegenüber Roberto Mancini nahm zehn Minuten nach der Pause Ciro Immobile vom Feld und brachte Domenico Berardi. Ein gelernter Außenstürmer ersetzte einen Mittelstürmer. Über diese Variante mit einer falschen Neun war in den italienischen Medien in den vergangenen Tagen eingehend spekuliert worden – und sie tat den Azzurri gut.

Italien erhöhte sukzessive den Druck und besonders Chiesa bereitete den Engländern mit seiner Dynamik große Probleme. Bei einem Flachschuss des Offensivallrounders von Juventus Turin musste Torwart Jordan Pickford all seine Klasse aufbringen und kam in voller Streckung gerade noch mit einer Hand an den Ball.

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Wenige Minuten später war er dann machtlos. Nach einem Eckball kam Innenverteidiger Giorgio Chiellini im Strafraum zu Fall, Marco Verratti köpfte an den Pfosten und Leonardo Bonucci drückte den Abpraller aus einem Meter über die Linie. ich

Aufgrund der englischen Tatenlosigkeit war der Ausgleich durchaus verdient. Der eingewechselte Berardi hatte sogar eine Chance, um das Spiel zeitnah zu drehen, verfehlte das Tor allerdings. Doch die Aufholjagd hatte Kräfte gekostet und die verletzungsbedingte Auswechslung von Italiens Bestem, Chiesa, half ebenfalls nicht.

Der große Druck war weg und die letzten zehn Minuten gehörten England. Eine klare Chance konnte der Gastgeber aber auch nicht herausspielen. So ging es in die Verlängerung – nicht die erste für beide Mannschaften.

Italiens Trainer Roberto Mancini und Leonardo Bonucci nach dem EM-Sieg.
Italiens Trainer Roberto Mancini und Leonardo Bonucci nach dem EM-Sieg.

© AFP

Es war kein hochklassiges Spiel, aber intensiv und umkämpft. Selbst die in klarer Überzahl anwesenden englischen Fans, die in der ersten Halbzeit noch fast durchgehend gesungen hatten, litten hörbar unter der Anspannung. Es war eher ein latentes Brummen, als ein Anfeuern und Jubeln.

Mancini stellte zu Beginn der Verlängerung wieder um und wechselte mit Andrea Belotti wieder einen echten Mittelstürmer ein. Die erste Gelegenheit bot sich jedoch den Engländern, ein Fernschuss von Kalvin Philipps ging links am Tor vorbei. Auf der anderen Seite verpasste der eingewechselte Federico Bernardeschi eine scharfe Hereingabe von Emerson Palmieri am Fünfmeterraum nur knapp.

Es blieb ein enges Spiel, in dem die Initiative und die optischen Vorteile nun immer wieder wechselten.

Beide Teams wollten sich ein Elfmeterschießen ersparen, das letzte Risiko gingen sie verständlicherweise aber nicht ein. Nach dem letzten Seitenwechsel hatte England noch mal eine Chance durch eine Flanke von Harry Kane, doch Gianluigi Donnarumma passte auf. So ging es ins Elfmeterschießen, wo Italiens Torwart seinen großen Auftritt hatte. Es folgten drei verschossene Elfmeter auf englischer Seite und zwei bei den Italienern. Dann Jubel bei Squadra Azzura.

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