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Das Wunder von Innsbruck. Stefan Metz (oben, Vierter von rechts), der Kaufbeurer in Diensten des Berliner SC, gehörte zu der Mannschaft, die 1976 sensationell Bronze gewann. Metz, 66, ist dem Eishockey als Spielervermittler erhalten geblieben und lebt in Prag

© picture alliance / dpa

Eishockey-Bronze 1976: "Der Kießling hat in eine Topfpflanze gekotzt"

Vor 42 Jahren gewann ein deutsches Eishockeyteam zuletzt eine olympische Medaille. Stefan Metz war damals dabei. Im Interview erzählt er von Innsbruck 1976.

Herr Metz, die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft kann bei Olympia eine Medaille holen. Da denken alle sofort an Ihre Bronze-Mission 1976 in Innsbruck.

Ich nicht. Das war eine sehr schöne, aber eben auch eine andere Zeit. Das heißt: Eine Gemeinsamkeit zwischen unserer Mannschaft und der von heute gibt es schon. Das sind alles gute Jungs, bei denen es auch menschlich stimmt. Wenn es da gut läuft, beikommst du irgendwann einen Kick. Ich sage Ihnen, die können sogar Gold holen! Das Halbfinale gegen Kanada ist noch lange nicht verloren.

Ihnen hat 1976 niemand etwas zugetraut.

Ach was, beschimpft hat man uns zu Hause! Wir waren ja in der Vorbereitung auch sehr schlecht und haben sogar gegen Rumänien verloren. Gegen Rumänien! Willi Daume…

… der damalige deutsche NOK-Chef…

… hat gesagt, die Eishockeyspieler sollten lieber zu Haus bleiben, die nehmen den anderen bloß den Platz weg. Da haben wir uns gedacht: Denen zeigen wir es!

Vor dem olympischen Turnier mussten Sie in Innsbruck ein Qualifikationsspiel gegen die Schweiz bestreiten.

Wenn wir das verloren hätten, wären wir gleich wieder nach Hause gefahren. Aber wir haben 5:1 gewonnen und danach gab es gleich ein 7:4 im ersten Turnierspiel gegen Polen. Dann lief es.

Die nächsten drei Spiele gingen verloren.

Ehrenhaft gegen die Sowjets und die Tschechoslowaken, nur das 3:5 gegen Finnland hätte nicht sein müssen. Aber zum Schluss hatten wir unser Endspiel um eine Medaille gegen die USA.

Alle Welt dachte, Sie müssten mit vier Toren Differenz gewinnen.

Ja, weil wir davon ausgingen, dass bei Punktgleichheit die Tordifferenz zählt. Gegen die Amerikaner lief es super, wir lagen kurz vor Schluss mit 4:1 vorn und natürlich wollten wir mehr. Unser Kapitän Alois Schloder hat Trainer Xaver Unsinn angefleht: ’Nimm den Torwart raus, wir brauchen einen sechsten Feldspieler!’

Unsinn hat sich geweigert.

Es blieb beim 4:1. Großartiger Sieg, riesige Enttäuschung. Totenstille in der Kabine, der eine oder andere hat leise in sich hinein geflucht. Dann kommt plötzlich der Miro Subrt vom Weltverband und sagt: ‚Jungs, es zählt das Torverhältnis, nicht die Differenz. Ihr habt Bronze!' Wir dachten, der will uns veralbern. ‚Schleich dich!’, hat einer gerufen.

Aber es hat gestimmt. Sie waren um 0,041 Tore besser als die Finnen.

Als wir es endlich wussten, war die Hölle los! Auf einmal standen ein paar Kästen Bier in der Kabine. Unser jüngster Spieler Udo Kießling hat zwei Flaschen auf nüchternen Magen getrunken und war so voll, dass er in eine Topfpflanze gekotzt hat. Fünf Minuten vor der Siegerehrung!

Und danach?

Ja was schon? Wir haben unsere Medaillen bekommen und sind mit den Autos nach Hause gefahren. Meine Freundin hat mich abgeholt, zweieinhalb Stunden über die Bundesstraße von Innsbruck nach Kaufbeuren und dann gleich in die Disko. Ich kann Ihnen sagen, die Party war nicht von schlechten Eltern!

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