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Alltag in der Arena am Ostbahnhof. Torwart Kevin Poulin und Verteidiger Frank Hördler erleben mit den Eisbären eine trübe Saison.

© Andreas Gora/dpa

Eisbären und die Besten aus den Neunzigern: Programm gegen Krefeld: Erst feiern, dann zittern

Die Eisbären erinnern rund um das wichtige Heimspiel gegen Krefeld an ihre glorreiche Vergangenheit. Und brauchen natürlich auch drei Punkte.

Früher war ja vieles besser bei den Eisbären. Insofern ist es verständlich, dass Berlins größter Eishockeyklub das sonntägliche Heimspiel gegen die Krefeld Pinguine im tristen Ligaalltag durch einen nostalgisch-freudigen Rahmen aufhübscht. „Back to the 90s“, zurück in die Neunziger, heißt es in der Arena am Ostbahnhof (Party ab 14 Uhr, Spiel um 17 Uhr). Exakt auf den Tag genau 20 Jahre zuvor gewannen die Eisbären in Moskau das Spiel um Platz 3 in der European Hockey League, durch ein 4:1 gegen Ilves Tampere.

European Hockey League? Richtig, die EHL war einer dieser lieb- und erfolglosen Versuche, einen Wettbewerb im europäischen Klubeishockey aufzubauen. Natürlich gibt es die EHL schon lange nicht mehr und die zunehmende Strahlkraft der heutigen Champions League im Eishockey konnte sie nicht entwickeln. Die Eisbären nahmen die EHL aber ernst. Es gab dramatische Spiele im Wellblechpalast. Etwa jenes gegen Jokerit Helsinki, bei dem Trainer Peter John Lee bei Rückstand Sekunden vor Schluss einen gegnerischen Schläger nachmessen ließ. Eine Erfolg bringende Maßnahme: Die Krümmung der Schlägerkelle war nicht regelkonform, es gab zwei Strafminuten für die Finnen. Die Eisbären gewannen im Penaltyschießen. Der finnische Trainer war empört: „Schläger nachmessen, so etwas machen wir in Finnland nicht.“

Geadelt wurden die europäischen Auftritte der Eisbären aber vor allem durch einen Film. Pepe Danquart begleitete das Team bei den internationalen Auftritten, sein „Heimspiel“ wurde schließlich im Rahmen der Berlinale gezeigt. Das Werk war auch ein Kaufanreiz für den heutigen Eisbären-Eigner Philip Anschutz. Mit dem etwas schrulligen Kultklub von damals haben die Eisbären heute mit ihrer Riesenhalle inmitten des nordamerikanischen Retortenviertels am Ostbahnhof allerdings nicht mehr viel gemein.

Aber ganz früher war auch nicht alles besser bei den Eisbären. Im Team spielten bis auf Sven Felski selten Deutsche und das deutsche Eishockey war international am Boden. Bei der B-WM in Dänemark verpasste Hans Zach mit der Nationalmannschaft nur zwei Monate nach dem Triumph der Eisbären von Moskau den Aufstieg in die A-Gruppe. Peter John Lee, heute Geschäftsführer, erinnert sich trotzdem gern an 1999, denn „plötzlich kannte uns Eisbären in Europa jeder in der Szene“. Sven Felski, Chef der Nachwuchsabteilung, erinnert sich: „Die Medaille von Moskau war schon ein großer Erfolg, denn vorher hatten wir ja nichts gewonnen, waren nur Vizemeister geworden. Ohne dieses Europapokaljahr wären die Eisbären nie so groß geworden.“ Das war sicher auch ein Verdienst des damaligen Managers Lorenz Funk, der gewitzte Bayer war in Sachen Öffentlichkeitsarbeit ein charmanter Vollprofi.

Wellblechpalastgeschichte. Das Jahr 1999 war für Thomas Steen (links) und die Eisbären, hier nach einem Sieg (im Halbfinale gegen Mannheim) in eigener Halle, ein wegweisendes Jahr.
Wellblechpalastgeschichte. Das Jahr 1999 war für Thomas Steen (links) und die Eisbären, hier nach einem Sieg (im Halbfinale gegen Mannheim) in eigener Halle, ein wegweisendes Jahr.

© picture-alliance/dpa

Was öffentlichen Zuspruch angeht, haben die Eisbären 20 Jahre später kein Problem. Ihr Besucherschnitt liegt bei den Spielen bei knapp 12.000 Menschen – muss man erst mal schaffen, als Tabellenzehnter. Nur Mannheim und Köln haben ähnlich gute Zahlen, die stehen aber auch beide oben in der Tabelle. Zur Zeit sind die Probleme in Berlin vor allem sportlich: Das Heimspiel gegen Krefeld kann für die Eisbären, vor allem aber für ihren Gegner, schon das Endspiel um Platz zehn sein. Gewinnen die Eisbären, hätten sie bei acht Punkten Vorsprung auf die Pinguine die Teilnahme an den Pre-play-offs bei noch fünf ausstehenden Spielen wohl sicher. Verlieren sie, kann Krefeld hoffen, dass die Saison nicht endet, bevor sie mit den Play-offs richtig losgeht.

Die Eisbären stehen unter Druck, weil sie kommende Woche gleich drei Auswärtsspiele haben und dann zum Abschluss der Hauptrunde noch gegen die Topteams aus Köln und Düsseldorf spielen müssen. Und es wäre Unsinn, das rumpelige 5:3 der Eisbären vom Freitag beim Tabellenletzten Schwenningen als Gradmesser für die Erfolgsaussichten am Sonntag zu nehmen. Es wird ein hart umkämpftes Spiel werden.

Wer schönes Eishockey sehen möchte am Sonntag, der sollte besser zur Kölnarena fahren: Da empfangen die Haie Meister RB München zum Spitzenspiel. Aber die schönere Party gibt es in Berlin. In der Halle schreiben die Helden von einst Autogramme. Leif Carlsson, Pelle Svensson, Mikael Wahlberg, Mike Bullard und Derek Mayer werden da sein und natürlich auch Sven Felski. Und der freut sich besonders auf die alten Mitstreiter, denn „das war eine schöne Zeit, besonders mit der Schweden-Fraktion“.

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