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Peter John Lee, Geschäftsführer der Eisbären, hoffte in der neuen Saison wieder auf Zuschauer.

© IMAGO / Christian Thiel

Eisbären-Macher Peter John Lee im Interview: „Es ist ein besonderer Titel“

Eisbären-Geschäftsführer Peter John Lee über die Meisterschaft der Berliner und seine Hoffnungen für die Zukunft.

Peter John Lee ist seit 1995 bei den Eisbären Berlin, erst als Spieler, dann als Trainer und Manager, inzwischen als Geschäftsführer. Mit einem Sieg gegen die Wolfsburg Grizzlys am Freitag wurde der Berliner Klub zum ersten Mal seit 2013 wieder Deutscher Meister.

Peter John Lee, Ihre Stimme klingt so, als würde sie es nicht mehr sehr lange machen. Bis wann haben Sie denn am Freitag mit Ihrer Mannschaft gefeiert nach dem Titelgewinn?
Ja, ich bin noch sehr heiser. Es war ja auch sehr aufregend, gegen halb drei war ich zu Hause. Aber die Jungs haben noch weitergemacht in der Halle. Viele Möglichkeiten gab es ja nicht, erst haben wir auf dem Eis gefeiert, dann in der Kabine.

Wenn besonders wichtige Spiele anstehen, halten Sie es ja oft nicht in der Halle aus. Haben Sie eigentlich diesmal das entscheidende Finalspiel gegen Wolfsburg in der Arena am Ostbahnhof gesehen, oder sind Sie spazieren gegangen in Friedrichshain?
Nein, ich habe das ganze Spiel gesehen. Ich habe gedacht: Als wir 2018 zuletzt im Finale waren, da bin ich in München spazieren gegangen, und wir haben verloren. Also musste ich da durch.

Wie glücklich sind Sie am Ende mit dem Erfolg nach dieser außergewöhnlichen Saison der Deutschen Eishockey-Liga? Was wiegt mehr: der Titel oder die Erleichterung darüber, die Spielzeit ohne größere Störungen zu Ende gebracht zu haben?
Natürlich war das ein schweres Jahr. Monatelang wussten wir nicht, ob wir spielen oder nicht und was wir machen sollten …

Die Mannschaft war seit September im Training.
Genau, und die Saison ging dann erst im Dezember richtig los. Aber ich bin sehr stolz, wie wir es als Liga und mit dem Klub geschafft haben, etwas auf die Bühne zu bekommen und sogar Play-offs gespielt zu haben. Es war ungewöhnlich, aber wir haben das Eishockey am Leben gehalten. Trotzdem gab es massive Probleme: Unser Nachwuchs hat fast ein Jahr nicht gespielt, hoffentlich ändert sich das in der kommenden Saison.

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Wie würden Sie den Titel aus der Pandemie-Saison einordnen? Ist er genau so wertig wie einer unter den normalen Rahmenbedingungen?
Natürlich war es etwas anderes, ohne Zuschauer zu spielen. Dann gab es die vielen Hygienemaßnahmen und die vielen Auswärtsreisen. Zudem war es nicht für alle Klubs einfach, das finanziell gut über die Saison zu bringen. Aber wenn wir das alles zusammenrechnen, dann kommen wir auf ein besonderes Jahr. Und insofern würde ich sagen: Es war ein besonderer Titel für uns und keiner, der weniger wert ist als die sieben Titel vorher. Das war eine hart erkämpfte Meisterschaft.

Was waren denn die Gründe für den Erfolg Ihrer Eisbären?
Wichtig für den Erfolg ist nicht allein die personelle Besetzung. Wichtig ist der Charakter der Spieler, die Chemie in der Mannschaft. Die substanzielle Frage ist: Kommen die Jungs zusammen? Da ist es wichtig, dass das zum richtigen Zeitpunkt passiert. Den Wolfsburgern zum Beispiel ist das auch gelungen, zum rechten Punkt zusammenzukommen. Aber wir waren eben ein Stück weit besser.

Sie haben gesagt, dass Sie die Mannschaft in groben Zügen zusammenhalten werden?
Ja, den Kern der Mannschaft werden wir zusammenhalten. Zwei, drei neue Spieler werden wohl kommen.

Lukas Reichel, Ihr großes Talent aus der ersten Sturmreihe, werden Sie wohl ersetzen müssen. Er wechselt in die National Hockey League nach Chicago, oder?
Die Blackhawks haben Lukas nach dem Titelgewinn sofort gratuliert. Ich habe denen zurückgeschrieben: „Wenn es hier in Berlin so gut läuft, dann kann er doch das gleich nächstes Jahr mit den Eisbären noch mal wiederholen.“

Ehrlich?
Nein. Lukas wird es wohl in der NHL versuchen.

Wie sehr ist der Erfolg denn insgesamt für die Eisbären ein Fortschritt? An sich schienen Mannheim und München ja schon enteilt. Sportlich gesehen und von der Infrastruktur. In Mannheim und München steht mehr Geld zur Verfügung, und an beiden Standorten sind die Möglichkeiten für den Nachwuchs sehr gut. Können Sie mit den beiden Klubs dauerhaft mithalten?
Für Mannheim oder München ist ein Jahr ohne Meisterschaft ein verlorenes Jahr. Ich bin mir sicher, dass beide Klubs sich für nächste Saison etwas einfallen lassen. Das wird eine Herausforderung für uns, ganz klar. Aber wir haben ja auch einen Plan.

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Sie haben schon erwähnt, dass es nicht einfach war, eine Saison ohne Zuschauer zu spielen. Nun waren die Fans der Eisbären ein Jahr lang ausgesperrt, und Sie wirkten nicht immer glücklich damit. Um die Modalitäten bei der Rückerstattung verkaufter Dauerkarten gab es zum Beispiel Ärger. Haben Sie in der Pandemie womöglich Anhänger verprellt?
Du musst immer was für die Fans machen, die kommen ja nicht automatisch. Klar, das Thema Dauerkarten ist immer ein Thema, wir hatten und haben da viele Diskussionen. Die meisten Fans sind aber heiß auf die nächste Saison.

Es heißt 80 Prozent hätten das Geld für die Dauerkarten nicht zurückverlangt, obwohl sie kein einziges Spiel im Stadion sehen konnten?
Ich spreche hier nicht über Zahlen. Aber es war schon toll mit der Solidarität, einige Fans haben auch gesagt: Gebt unser Geld den Eisbären Juniors, also dem Nachwuchs. Das hat uns sehr geholfen.

Was meinen Sie denn, wann dürfen die Fans zurückkommen?
Ich hoffe, das geht jetzt ziemlich schnell vorbei mit der Pandemie. Ich denke positiv und sage: Wir werden zu Saisonbeginn im September Zuschauer in der Halle haben.

Wieder Meister werden oder wieder Zuschauer in der Halle haben – was ist Ihr größter Wunsch für die nächste Saison?
Natürlich wünsche ich mir beides. Aber wenn ich wählen muss: dass die Zuschauer wieder kommen. Die Fernsehübertragungen waren klasse, aber in der Halle zu sein so ohne Stimmung, das war ein bisschen traurig. Und eine Meisterfeier wie am Freitag ohne Fans, die muss ich nicht noch einmal haben.

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