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Abgehoben. Jerome Boateng (links) und Lucas Hernandez feiern den 30. nationalen Meistertitel der Bayern.

© dpa

Eintönige Fußball-Bundesliga: Nur eine biblische Verletzungsplage kann die Bayern stoppen

Bayern München ist längst so dominant, dass es für die Bundesliga zu einem Problem geworden ist. Die Konkurrenz kann nur auf großes Pech der Bayern hoffen.

Am 7. Dezember vorigen Jahres hat der FC Bayern München zum bisher letzten Mal ein Pflichtspiel verloren. Das 1:2 bei Borussia Mönchengladbach war für den noch frischen Trainer Hans-Dieter Flick die zweite Niederlage hintereinander, in der Tabelle der Fußball-Bundesliga fielen die Bayern auf Platz sieben zurück – hinter den SC Freiburg und sogar hinter Schalke 04.

Borussia Mönchengladbach, der Tabellenführer, hatte kurz vor Ende der Hinrunde sieben Punkte Vorsprung auf die Bayern. Leipzig sechs, Dortmund zwei, Schalke, Freiburg, Leverkusen je einen. 18 Spieltage später liegt Gladbach 17 Punkte hinter Bayern, Schalke 37.

All diese Zahlen belegen eindrucksvoll, welch grandiose Aufholjagd den Münchnern mit und vor allem dank Hansi Flick gelungen ist – sie zeigen aber auch, dass die Bundesliga als Produkt, das letztlich auch vermarktet werden muss, ein riesiges Problem bekommt. Spannung in der Meisterfrage, die Essenz des Wettbewerbs, ist jedenfalls schon lange kein Markenkern der Bundesliga mehr.

Als 2013 die Titelserie der Bayern begann, waren drei Meisterschaften am Stück noch das Höchste der Gefühle. Nur Borussia Mönchengladbach und – natürlich – die Bayern hatten das bis dahin geschafft. 2016 übertrafen die Münchner mit ihrer vierten Meisterschaft hintereinander diesen Rekord. Es folgten die Titel fünf, sechs, sieben und nun acht. Im DFB-Pokal sieht es ähnlich aus: Auch da ist die Monopolisierung weit vorangeschritten. In den Neunzigern schafften es die Bayern zwei Mal ins Pokalfinale, in den Nullerjahren fünf Mal und in den Zehnern schon sieben Mal. In diesem Jahrtausend gewann der Klub bereits zehn Mal das Double aus Meisterschaft und Pokal.

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Klubs mit natürlichen Ambitionen wie Leverkusen, Dortmund, Schalke haben sich längst damit abgefunden, dass sie nicht mehr aus eigener Kraft Meister werden können, sondern nur, wenn die Bayern schwächeln. Aber selbst das gilt nicht mehr. Bayern hat in dieser Saison geschwächelt wie lange nicht, und trotzdem ist wieder das bekannte Ergebnis herausgekommen. Der Rekordmeister ist dem Rest strukturell so weit voraus, dass er selbst Schwächephasen, die mehrere Wochen andauern, locker wegsteckt.

Man muss ja nur mal die Kader der vermeintlichen Konkurrenten durchgehen: Wie viele Spieler von Dortmund, Leipzig, Leverkusen und Gladbach würden es denn bei den Bayern sicher in die Startelf schaffen? Vielleicht je einer, wenn’s hoch kommt, zwei. Das heißt nichts anderes als: Die Bayern müssten schon mit ihrem Trainers komplett daneben liegen, mit einer biblischen Verletzungsplage geschlagen sein und obendrein mit sämtlichen Transfers ins Klo gegriffen haben, dann, ja dann könnte es mal wieder einen anderen Meister geben. Vielleicht.

Ein dünnes 1:0 gegen Werder reichte zum Titel

Ihren insgesamt 30. Titel haben die Münchner am Dienstag durch ein dünnes 1:0 gegen ihren alten Rivalen Werder Bremen perfekt gemacht. Werder war den Bayern über mindestens anderthalb Jahrzehnte ein echter Herausforderer; inzwischen sind beide Klubs in unterschiedlichen Galaxien unterwegs. Sportlich und finanziell. Der Umsatz der Bayern ist sechs Mal so groß wie der von Werder.

Man kann es sich einfach machen, und die Zustände im deutschen Fußball allein mit der grandiosen Arbeit der Münchner über inzwischen mehrere Jahrzehnte erklären. Man kann aber auch einen Blick auf die Strukturen werfen, die die Großen immer noch größer machen. Das liegt weniger an der Aufteilung des nationalen Fernsehgeldes; es liegt vor allem an der Champions League mit ihren ungleich größeren Verdienstmöglichkeiten. Auch in anderen Ländern hat das zu ähnlichen Konzentrationsprozessen geführt. Italien kennt seit 2012 keinen anderen Meister als Juventus Turin, in Frankreich hat Paris St. Germain in den vergangenen acht Jahren sieben Mal den Titel geholt.

Die Stärkung des internationalen Wettbewerbs durch die Champions League hat als Kollateralschaden den nationalen Wettbewerb in vielen Ländern weitgehend zerstört. Und es ist davon auszugehen, dass diese Entwicklung anhält. Weil Klubs wie Bayern, Real, PSG oder Juventus eine Marktmacht haben, gegen die der Rest längst nicht mehr ankommt.

Bei der Generalversammlung der Deutschen Fußball-Liga 2013 hat Christian Seifert ein Schaubild präsentiert, mit dem er die Ausgeglichenheit und damit Attraktivität der Bundesliga im internationalen Vergleich illustrieren wollte. Dem damals schon anschwellenden Lamento über die Langeweile in der Bundesliga hielt der DFL-Geschäftsführer entgegen, dass es in Deutschland in den zehn Jahren zuvor immerhin fünf verschiedene Meister gegeben habe: außer Bayern noch Bremen, Stuttgart, Wolfsburg und Dortmund. Bei der nächsten Generalversammlung 2022 kann sich Seifert ein solches Schaubild getrost schenken.

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