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Der Berliner Verein setzt sich auch gegen Diskriminierung ein.

© FC Internationale Berlin

Ein „wichtiges Signal“ im Amateurfußball: Der FC Internationale erhält Nachhaltigkeitssiegel

Der Schöneberger Verein denkt Sport nachhaltig und orientiert sich dabei an den Vereinten Nationen. Nun ist die Politik am Zug.

Es ist ein historischer Schritt im Amateurfußball. Der FC Internationale Berlin erhielt als erster deutscher Amateurverein das ZNU-Nachhaltigkeitssiegel. Gerade einmal sechs Monate brauchten die ehrenamtlichen Mitglieder, um sich auf die dazu gehörige Prüfung durch den TÜV Rheinland vorzubereiten. Die Corona-Pandemie, die zwar den Spielbetrieb verhinderte, aber neue zeitliche Freiräume schuf, beschleunigte den Prozess.

Eigentlich sei es eine Aneinanderreihung von Zufällen gewesen, erzählt Gerd Thomas, Vorsitzender vom FC Internationale, auch wenn es Zufälle nicht geben soll. Erst sprach ihn ein ehemaliger Spieler auf das Thema Nachhaltigkeit im Fußball an, dann die Jugendleiterin und Spielführerin der Frauen, schließlich wollten sich immer mehr Vereinsmitglieder engagieren. Nach mehrstündiger Prüfung wurde dem Schöneberger Verein nun das ZNU-Siegel verliehen.

Das Projekt orientiert sich an den 17 Nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen und reicht von Armutsbekämpfung über Geschlechtergerechtigkeit bis hin zu Klimafragen. Der Verein versucht, diese Ziele auf lokaler Ebene umzusetzen. „Es ist bei den Zielen manchmal gar nicht so einfach, diese auf ein wohl situiertes westeuropäisches Land anzuwenden“, gibt Thomas zu, „aber das Wenige, das wir tun können, wollen wir gut umsetzen.“

So verpflichtet sich der FC Internationale beispielsweise dazu, keine Person aufgrund einer wirtschaftlichen Notlage auszuschließen. Ein Fond sorge dafür, dass auch Mitglieder aus wirtschaftlich benachteiligten Umfeldern dem Sport nachgehen könnten, sagt Thomas. Außerdem setzt sich der Verein gegen Diskriminierung ein. So spielen die Fußballer*innen beispielsweise seit vielen Jahren mit Trikots, auf denen „No Racism“ steht. Geschlechtergerechtigkeit gehört ebenfalls zu den Zielen. Denn immer noch gibt es Sportanlagen, wo Mädchen und Jungen sich die Umkleiden teilen müssten oder Frauen und Mädchen bei den Trainingszeiten benachteiligt würden, sagt Thomas. „Das ist bei uns anders.“

Der FC Internationale wurde nun mit dem Nachhaltigkeitssiegel des TÜV ausgezeichnet.
Der FC Internationale wurde nun mit dem Nachhaltigkeitssiegel des TÜV ausgezeichnet.

© FC Internationale Berlin

Verein hofft auf Unterstützung der Politik

Für die Zeit nach der Pandemie sind regelmäßige Kleidertausch-Aktionen geplant, um weniger Kleidung zu entsorgen. Außerdem versucht der Verein Mikroplastikabrieb zu reduzieren, indem er die Sportkleidung nachhaltig wäscht und spezielle Waschbeutel verwendet.

Der Verein hofft bei dem Projekt auf die Unterstützung des Bezirks Schöneberg. „Wir haben uns nicht zertifizieren lassen, um uns jetzt darauf auszuruhen“, betont Thomas: „Wir erwarten von der Politik im Jahr 2021 ökologische Grundstandards.“ Die seien in Berlin nicht immer gegeben – vor allem in Bezug auf Sportstätten. „Wir haben uns vorgenommen, massiv auf die Politik einzuwirken, um ökologischere Lösungen zu finden als es momentan der Fall ist.“ Ihm persönlich liegt vor allem das Thema Kunstrasen am Herzen. Statt eines Rasens aus Vollplastik sollten nachhaltigere Lösungen gefunden werden – zum Beispiel mit Korkfüllung. Inzwischen gibt es Kunstrasenplätze, die fast zu 90 Prozent recyclebar sind.

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„Gerade in Hinblick auf den Bau von Sportstätten ist Nachhaltigkeit total wichtig“, sagt Thomas. Dazu gehöre auch die verbindliche Einbeziehung von Vereinen schon in der Planungsphase, ein neues Verständnis, wie Anlagen optimaler genutzt werden könnten. Künftig könnten Sportanlagen beispielsweise so gebaut werden, dass Platz für Bildungsräume bleibt. „Wir müssen uns in unserem Sozialraum alle gegenseitig helfen und eine ehrliche Kultur der Solidarität verabreden“, sagt Thomas.

Begeisterung bei jungen Menschen

Im Verein stieß das Projekt auf Begeisterung. „Das Zertifikat ist ein wichtiges Signal“, sagt Thomas. Es werde oft behauptet, dass es schwer sei, junge Leute für Ehrenämter zu begeistern, aber das Thema Nachhaltigkeit „ ist vor allem Menschen unter 30 Jahren ganz wichtig“.

Thomas und seine Kolleg*innen hoffen, dass weitere Vereine nachziehen. „Wir hätten gern Vorbildcharakter und möchten zeigen, dass so etwas möglich ist.“ Für den FC Internationale ist das Thema Nachhaltigkeit noch lange nicht abgehakt. Von nun an muss der Verein jährlich unter Beweis stellen, dass Etappen erreicht wurden und weitere Ziele in Arbeit sind. „Aber auch im Sport können wir beim Thema Nachhaltigkeit nur etwas erreichen, wenn Verwaltung und Politik mitziehen. Ohne weitere Mitstreiter*innen wird es nicht gehen." Solange die Politik sich nicht dafür interessiere, wie ein Kunstrasen beschaffen sein muss, helfe sämtliches Engagement wenig.

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