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Sport: Ein Titel für ein neues Image

Warum Greg Poss Eishockeymeister werden muss

Greg Poss formuliert in diesen Tagen nur knappe Sätze. „Jeder freut sich, dass wir ins Finale gekommen sind“, sagt der Coach der Adler Mannheim und: „Natürlich weiß jeder, dass es die entscheidende Serie ist.“ Der 41-Jährige ist angespannt. Sein Lächeln kommt gequält über die Lippen, mit hektischer Geste streicht er sich die Haare aus der Stirn. Poss steht mit Mannheim nach drei Halbfinal-Siegen über die Kölner Haie zwar im Endspiel um die deutsche Eishockey-Meisterschaft. Aber was ist das schon? Die Adler konnten dank ihres Mäzens Dietmar Hopp in dieser Saison sechs Millionen Euro für Spieler ausgeben, 20 Prozent mehr als der andere Finalist der Deutschen Eishockey- Liga (DEL): Die Nürnberg Ice Tigers qualifizierten sich gestern mit einem 1:0 über die Düsseldorfer EG im vierten Halbfinalspiel für die am Donnerstag beginnende Endspielserie. Poss ist das egal. „Denn wir schauen nur auf uns“, sagt er. Nur der Titel zählt. Schließlich hat Poss noch nie einen großen Titel gewonnen, und schließlich warten die Adler seit 2001 darauf.

Sollte es nicht klappen, wäre der ehrgeizige Coach, der oft nächtelang Videos auswertet, wohl der Traurigste von allen. Sein arg verbeultes Image hat Poss aber schon jetzt zurechtgebogen. Der Mann, der die Nationalmannschaft 2005 als Bundestrainer in die Zweitklassigkeit führte, der als Coach in Nürnberg zweimal im Viertelfinale scheiterte, setzt in Mannheim seine Ideen erfolgreich um. Bei den Adlern hat Poss Spieler für sein offensives System. Gewitzte und erfahrene Stürmer wie Jeff Shantz, Nathan Robinson oder Jason Jaspers. Verteidiger wie François Trepanier, die präzise an der blauen Linie agieren. Diese Stars hat Poss bei Laune gehalten, die DEL-Vorrunde auf Rang eins abgeschlossen und im Februar den Pokal gewonnen. In den Play-offs haben sich die Adler nun ein gutes Stück gesteigert. Blitzschnell schalteten sie von Defensive auf Offensive um, ließen den entsetzten und deklassierten Haien im Halbfinale nicht den Ansatz einer Chance.

Manager Marcus Kuhl lobt die „akribische Arbeit“ von Poss. Im Dezember 2005 kam er in die Kurpfalz. Die Adler, ein zerstrittenes Team, waren Tabellenzehnter. Poss konnte nichts mehr ausrichten. Zum ersten Mal seit Einführung 1981 verpasste Mannheim die Play- offs. Poss gönnte sich keine Pause, im März 2006 begann er mit der Vorbereitung auf die aktuelle Saison. Von März bis August trainierte er durchgehend mit 20 Profis auf dem Eis und schuf so die Fitness-Grundlage für mitreißende Powerspiele der Adler.

Was passiert, wenn Poss seine Anspannung einmal verliert, war nach dem Pokalsieg zu sehen. Entfesselt hüpfte der Trainer auf dem Eis herum, küsste jeden der seinen, der ihm nahekam. Nur wenn man einen solchen Poss bald wieder zu sehen bekommt, hat der in New Orleans geborene Trainer sein Image gänzlich geändert – spätestens am 22. April kann es so weit sein. Dann wäre das fünfte Spiel der Finalserie um die Meisterschaft beendet.

Christiane Mitatselis[Mannheim]

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