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Thomas Kraft hat Rune Jarstein verdrängt.

© Bernd Thissen/dpa

Ein Mehrwert für Hertha BSC: Thomas Kraft ist wieder die Nummer eins

Gegen Düsseldorf leitete Thomas Kraft mit einer Ansprache die Wende ein. Weil er Herthas Team antreibt, darf er auch gegen Bremen im Tor stehen.

Anfang der Woche hat es bereits erste Signale gegeben, die aufmerksame Beobachter stutzig werden ließen. Es war die erste Trainingseinheit von Hertha BSC vor dem Bundesligaspiel an diesem Samstag gegen Werder Bremen. Rune Jarstein kam ganz alleine den langen Weg von der Kabine zum Platz hinauf. Sein ständiger Begleiter, Torwarttrainer Zsolt Petry, wurde diesmal an der Seite eines anderen gesehen. An der Seite von Thomas Kraft.

Zufall? Belanglos? Oder doch ein Zeichen für die veränderte Hierarchie auf der Torhüterposition bei den Berlinern? Thomas Kraft, in den vergangenen Jahren Ersatzmann hinter dem Norweger Jarstein, hatte schon am vergangenen Freitag, bei Herthas 3:3 gegen Fortuna Düsseldorf, im Tor gestanden.

Er hat überbordenden Ehrgeiz

Und dabei bleibt es erst einmal. „Der Thomas wird im Tor stehen“, sagte Alexander Nouri, der Trainer des Berliner Fußball-Bundesligisten. „Wir schenken ihm das Vertrauen.“ Eine allzu große Überraschung war das nicht mehr. Thomas Kraft hat sich bei dem Unentschieden in Düsseldorf nicht nur nichts zuschulden kommen lassen, weil er an allen drei Gegentoren machtlos war; er hat auch erheblich zu der unerwarteten Wende in diesem Spiel beigetragen, das für Hertha zur Pause, beim Stand von 0:3, schon verloren schien.

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Der Torhüter, der in jedem Training durch seinen überbordenden Ehrgeiz auffällt, richtete in der Pause das Wort an seine Kollegen, fragte sie, „ob wir uns weiter abschlachten lassen wollen oder als Mannschaft endlich aufwachen“.

Es wurde laut, es wurde dreckig – und es half. „Man kann sicher sagen, dass es für den Ausgang des Spiels erheblich was bewirkt hat“, stellte Herthas Manager Michael Preetz fest. Am Ende mussten die Düsseldorfer sogar froh sein, dass sie nicht noch verloren hatten.

Für den 31 Jahre alten Kraft war es der triumphale Abschluss einer Woche, in der das vernichtende Urteil seines früheren Chefs Jürgen Klinsmann an die Öffentlichkeit gelangt war: „Kraft, 31, ständig krank oder verletzt, keinen Mehrwert. Vertrag auslaufen lassen“, stand in dem eigentlich geheimen Protokollen des ehemaligen Hertha-Trainers.

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Von wegen kein Mehrwert! Dieses Urteil konnte Kraft gleich bei der ersten sich bietenden Gelegenheit eindrucksvoll widerlegen. „Das ist mein Job“, sagte er anschließend. „Wenn die Trainer dann eine solche Entscheidung treffen, dann bin ich da.“

Unmittelbar nach dem Spiel in Düsseldorf hatte Alexander Nouri noch offen gelassen, ob der Tausch auf der Torhüterposition eine einmalige Sache bleiben oder zum Dauerzustand werden würde. Zsolt Petry hatte sich für die Umbesetzung ausgesprochen – obwohl Herthas Torwarttrainer in der Vergangenheit eine wichtige Bezugsperson für Jarstein war.

Vor allem Petrys Training und dessen Fürsprache hatte er seinen Aufstieg zum Stammtorwart zu verdanken. Zuletzt aber war Jarsteins Verunsicherung deutlich zu spüren. Sowohl gegen Paderborn als auch gegen Köln lenkte er sich einen Ball ins eigene Tor.

Boyata fehlt, Skjelbred ist fraglich

Grundsätzlich ist der Norweger der bessere Torhüter als Kraft, stärker mit dem Fuß, entschlossener in der Strafraumbeherrschung; aber in Herthas aktueller Situation geht es auch um andere Qualitäten. Es geht um Verlässlichkeit, um eine gewisse Unbeirrbarkeit, gerade in kritischen Situationen – zumal Trainer Nouri gegen Bremen auf seinen Abwehrchef Dedryck Boyata verzichten muss.

Der Belgier konnte am Donnerstag wegen muskulärer Probleme wieder nicht trainieren. Auch für den erkrankten Per Skjelbred wird es eng. Für seine Position im defensive Mittelfeld stehen Santiago Ascacibar und Arne Maier bereit.

Seit September 2015 war Jarstein Herthas klare Nummer eins, und seitdem ist Thomas Kraft nur noch zu achtzehn Einsätzen für das Profiteam gekommen, elf davon in der Bundesliga. Dass er nun bis zum Saisonende Stammtorhüter bleibt, das wollte Trainer Nouri auf Nachfrage noch nicht bestätigen. Aber es spricht – sofern nichts Unvorhergesehenes passiert – alles dafür.

„Er hat im Training und auch im Spiel den Eindruck vermittelt, dass er der Mannschaft jetzt helfen kann“, sagte Nouri über Kraft. „Mit seiner Persönlichkeit ist er in der Lage, sie von hinten mitzuführen.“ Und wenn es sein muss, führt Thomas Kraft sie auch in der Pause von der Kabine aus auf den richtigen Weg.

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