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Lance Stroll beim Grand Prix am Circuit Gilles-Villeneuve

© imago images / Glenn Dunbar / LAT Images

Ein Grand Prix wie in alten Zeiten: Warum die Formel 1 in Kanada so gut ankommt

An kaum einem Ort ist die Begeisterung für die Formel 1 so groß wie in Kanada. Das liegt an großzügigen Sponsoren – und viel Mut.

Sehr viele Rennstrecken haben immer mehr Probleme, einen Grand Prix zu finanzieren. Angesichts sinkender Zuschauerzahlen sind viele Verträge nicht mehr sicher. Doch Kanada bildet in vielen Punkten eine Ausnahme vom Negativtrend in der Formel 1. Dort gibt es einen Promoter, der viel investieren kann, die Rennen sind fast immer ausverkauft und der Vertrag läuft noch bis 2029.

Aber der Standort Montreal umarmt die Formel 1 auch förmlich. Überall in der Stadt ist der Rennsport präsent, ganze Straßenzüge werden gesperrt, um Feste zu feiern und Renn- oder Supersportwagen auszustellen, die Partys in der Rue Crescent sind legendär, laut und lang. Dass die Formel 1 in der Stadt ist, ist unmöglich zu übersehen. Das ist nicht selbstverständlich.

In Shanghai etwa bekommt man nicht unbedingt auf Anhieb mit, dass der Rennzirkus da ist. Und auch in den Ramblas von Barcelona spielen Rennwagen keine Rolle. Der kanadische Promoter François Dumontier hat eines perfekt verstanden: Werbung ist alles. Die Infrastruktur am Circuit Gilles Villeneuve hat sich für die Fans seit Jahren bewährt, die Leute sind happy und kommen deshalb immer wieder. Was er ebenfalls begriffen hat: Die Formel 1 hat vielerorts ein Nachwuchsproblem.

Also sind an der Strecke Familienzonen eingerichtet worden, die besonders auf Paare mit Kindern zugeschnitten sind. „Kein anderer Anlass zieht hier so viele Touristen innerhalb weniger Tage an“, sagt Dumontier. So viel Erfolg führt dazu, dass auch Geld für notwendige Investitionen da ist. Den Regierungen von Montreal, Québec und Kanada ist die größte Sportveranstaltung des Jahres sehr wichtig.

Sie brachten einen großen Teil der 40 Millionen Euro auf, die jetzt für eine Renovierung verbaut wurden. Boxengebäude, Fahrerlager und Pressezentrum waren veraltet, jetzt wurde alles auf höchstem Niveau modernisiert – und das obwohl Kanada nach dem Formel-1-Abschied von Jacques Villeneuve jahrelang keinen Formel-1-Piloten hatte.

Trotzdem ließ sich Promoter Dumontier nicht abschrecken, sondern wurde erfinderisch: So organisierte er einmal für das Rahmenprogramm einen Formel- Ford-Einsatz von Jacques Villeneuve senior, dem Bruder des 1982 tödlich verunglückten Ferrari-Idols Gilles Villeneuve und Onkel des 1997er Formel-1-Champions Jacques Villeneuve. Jacques, der Ältere, bedankte sich als rüstiger Senior mit zwei Siegen in seiner Altersklasse und balgte sich zur Gaudi der Fans mit Piloten, die seine Enkel sein könnten.

Lance Stroll vom Team Racing Point klatscht mit einem Mitglied seines Boxenteams ab
Lance Stroll vom Team Racing Point klatscht mit einem Mitglied seines Boxenteams ab

© dpa/Ryan Remiorz/The Canadian Press/AP

Jetzt bejubeln die Fans den erst 20-jährigen Lance Stroll, und auch wenn der nicht unbedingt regelmäßig vorne mitfährt, taugt er in Kanada zum Fanmagneten. An der Rennstrecke hat er bereits seine eigene, nach ihm benannte Tribüne. Davon, dass er noch lange dabei sein wird, kann man ausgehen. Schließlich hat sein Vater, der kanadische Textil-Milliardär Lawrence Stroll, extra für seinen Junior das frühere Force-India-Team, das jetzt Racing Point heißt, gekauft.

Die Begeisterung wird anhalten

Stroll Senior schickt sich außerdem an, seinen Einfluss in der Formel 1 insgesamt zu vergrößern: Er macht sich bei Zulieferern beliebt, weil jetzt endlich lang ausstehende Rechnungen beglichen wurden und neue pünktlich bezahlt werden. Außerdem ist der geschickte Strippenzieher unter anderem sehr gut mit Mercedes-Sportchef Toto Wolff befreundet, die beiden spielen sich in strategischen Fragen dann schon einmal gerne die Bälle zu, was mittel- und langfristig Racing Point und auch Lance Stroll sicher nicht schaden wird.

Der hat in den Nachwuchsklassen bewiesen, dass er durchaus nicht untalentiert ist. Er stand ja in der Formel 1 auch schon mal auf dem Podest – im Chaos-Rennen von Baku 2017. Im Moment kann er jedoch nicht ganz mit seinem deutlich erfahreneren Teamkollegen Sergio Perez mithalten. Und auch wenn die Begeisterung für ihn natürlich nicht ganz so groß ist wie für die Villeneuve-Familie – um das Formel-1-Interesse in Kanada hochzuhalten, reicht es zusammen mit den anderen Faktoren allemal.

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