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Oben auf. Der 1. FC Saarbrücken schrieb mit dem Einzug ins Pokal-Halbfinale Geschichte.

© dpa

Dramatisch erfolgreich: Wie der 1. FC Saarbrücken einen historischen Abend erlebte

Der 1. FC Saarbrücken steht als erster Viertligist im Halbfinale des DFB-Pokals. Der Weg dorthin war spektakulär, enden soll er aber noch nicht.

Dieter Ferner griff nach dem Spiel schnell zu den ganz großen Vergleichen. Der Vize-Präsident des 1. FC Saarbrücken stand im kleinen Völklinger Stadion, in dem sich wilde Szenen abspielten. Spieler, Betreuer und Trainer feierten mit den Fans den Sieg gegen Fortuna Düsseldorf, mit dem der FCS den Einzug ins Halbfinale des DFB-Pokals schaffte. Noch nie gelang das zuvor einem Viertligisten. „Das ist die größte Sensation seit Christi Geburt“, sagte Ferner und stürzte sich in die lange Party-Nacht.

Am Tag danach beginnt Fanol Perdedaj das Gespräch mit einer Entschuldigung: „Sorry, wenn Sie mich nicht verstehen, aber ich habe keine Stimme mehr“, sagt der bei Hertha BSC ausgebildete Mittelfeldspieler der Saarbrücker. Als Mannschaft habe man noch gefeiert, „aber es hielt sich schon in Grenzen“, erzählt Perdedaj. Schließlich stehe bereits am Samstag wieder der Regionalliga-Alltag an, Spitzenreiter Saarbrücken ist dann in Walldorf zu Gast. „Heute fühlt man sich aber noch wie im Traum. Wir realisieren es noch nicht so richtig“. Sein Handy habe Perdedaj nach dem Spiel bewusst kaum in der Hand gehabt. „Das war einfach zu viel, was da reinkam.“

Batz ist "ein Teufelskerl"

Als Perdedaj anfängt, von dem Spiel zu erzählen, landet er schnell bei Torwart Daniel Batz. Der hielt im Elfmeterschießen gleich vier Bälle – auch das hatte es seit Beginn der Datenerfassung noch nicht gegeben. Einen weiteren Strafstoß hatte Batz noch in der regulären Spielzeit gegen Düsseldorfs Stürmer Rouwen Hennings pariert: „Wahnsinn, was der da gemacht hat. Ein Teufelskerl.“ Batz selbst konnte es unmittelbar nach dem Spiel kaum fassen: „Fünf Elfmeter - das ist mehr, als ich vorher in meiner ganzen Karriere zusammen gehalten habe“, sagte der 29-Jährige, der anknüpfend an seine sportlichen Leistungen auch für die anschließende Feier Standfestigkeit ankündigte: „Bier vertrage ich nicht so gut. Ich vertrage mehr die Longdrinks. Aber ich werde nicht schlafen.“

20 Elfmeter mussten insgesamt geschossen werden, bis die Sensation perfekt war. 7:6 gewann der Außenseiter, der zuvor mit dem 1. FC Köln bereits einen weiteren Bundesligisten und mit dem Karlsruher SC und Jahn Regensburg zwei Zweitligisten aus dem Pokal warf.

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In der 90. Minute musste Saabrücken noch den 1:1-Ausgleich hinnehmen, Düsseldorf drückte zuvor mächtig. „Da wussten wir, dass es nochmal richtig eklig wird“, sagt Perdedaj. „Unser Ziel war es, dass wir sie bis ins Elfmeterschießen bringen. Zum Glück hatten wir da den besseren Torwart.“ Perdedaj selbst war zu dem Zeitpunkt bereits ausgewechselt, das Elfmeterschießen verfolgte er von der Seitenlinie. „Das war Gefühlschaos. Als wir es dann geschafft hatten, hatten alle Tränen in den Augen. Ich musste selber weinen. Das war extrem emotional, Freude pur. Wir haben geweint wie Kinder.“

Mittendrin. Der einstige Herthaner Fanol Perdedaj ist in Saabrückens Mittelfeld gesetzt.
Mittendrin. Der einstige Herthaner Fanol Perdedaj ist in Saabrückens Mittelfeld gesetzt.

© REUTERS

Die gesamte Pokal-Saison der Saarbrücker ist dabei geprägt von Drama und Spektakel. Gegen Köln und Regensburg erzielte der FCS jeweils in der 90. Minute die Siegtore zum 3:2, gegen den KSC fiel die Entscheidung auch erst im Elfmeterschießen. Vor dem Halbfinale, das am Sonntag ausgelost wird, fürchtet das Gründungsmitglied der Bundesliga deshalb niemanden mehr. In jedem Fall geht es gegen einen weiteren Bundesligisten. „Mir ist es gleich. Wenn die Bayern kommen wäre es ein riesen Ding für Fans und Verein. Für uns Spieler wäre es natürlich bitter, aber wir nehmen es wie es kommt“, sagt Perdedaj.

"Die Gegner denken: Oh mein Gott, was ist das denn für ein Stadion?"

Dass die Saarbrücker ihre Spiele derzeit fernab des heimischen Ludwigsparkstadions im zwölf Kilometer entfernten Völklingen erkämpfen, sei laut Perdedaj kein Nachteil. „Natürlich würden wir Spieler und Fans gerne im Ludwigspark spielen. Aber wenn ein Bundesligist wie Düsseldorf nach Völklingen kommt, denkt er schnell: Oh mein Gott, was ist das denn für ein Stadion? Wir sind es dagegen gewöhnt.“ Dort fehlt eine Tribünenseite, die Flutlichtmasten sind mobil, der Rasen hat nicht immer Profi-Niveau.

Das Halbfinale wollen die Saarbrücker deshalb unbedingt auch in Völklingen spielen. Da das Stadion den Anforderungen für eine Live-Übertragung im Free TV aber womöglich nicht gerecht wird, könnte das Halbfinale stattdessen in Mainz ausgetragen werden. Mittelfeldspieler Tobias Jänicke hat dafür eine denkbar einfache Lösung parat: „Dann kommt halt kein Fernsehen.“

Louis Richter

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