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Der Noch-Dortmunder: Robert Lewandowski

© dpa

Dortmund vor dem Aus: Das Leben nach Robert Lewandowski

Das voraussichtliche Champions-League-Aus gibt einen düsteren Ausblick in die Dortmunder Zukunft.

Als Cristiano Ronaldo zehn Minuten vor dem Spielende den Rasen des Estadio Bernabeu verließ, erhoben sich 75 000 Besucher, um ihrem Helden zu huldigen. Der portugiesische Wunderstürmer hatte wieder mal ein spektakuläres Ereignis zelebriert und den Gegner aus Deutschland zusammen mit seinen kaum weniger genialen Mitstreitern Bale, Benzema, Modric oder Isco klar in seine Schranken gewiesen. Das war temporeich, spektakulär und schön anzuschauen. Auf der anderen Seite gab es jede Menge Frust bei Borussia Dortmund, nachdem das Hinspiel des Champions-League-Viertelfinals mit 0:3 verloren gegangen war. Gerade in der demütigenden ersten Halbzeit, in der ein krasses Leistungsgefälle offensichtlich geworden war.

Der BVB wird sich mit dem Gedanken anfreunden müssen, dass das Rückspiel am kommenden Dienstag für diese Saison der letzte Auftritt in der Champions League sein wird. So sieht das nicht nur Klopp, sondern jeder, der in der Lage ist, die Dinge halbwegs realistisch einzuschätzen. „Nach allem, was man über Wahrscheinlichkeiten sagen kann, ist Real Madrid im Halbfinale“, sagte der Trainer. „Aber sie müssen noch nach Dortmund kommen zum Fußballspielen.“

Auch wenn Klopp die Dinge als nicht so dramatisch einstufte, war der Qualitätsunterschied zwischen dem verletzungsgeschwächten Ensemble in Schwarz-Gelb und der Weltauswahl aus der spanischen Hauptstadt teilweise eklatant. Was für ein gravierender Unterschied zur letzten Saison, als sich die beiden Kontrahenten im Halbfinale auf Augenhöhe begegnet waren und die Borussia am Ende den Einzug ins Endspiel schaffte.

„Dieser BVB war nur ein entfernter Verwandter der großen Borussia der vorigen Saison“, schrieb die Zeitung „El País“. Seitdem ist viel passiert, Madrid hat sich mit Gareth Bale verstärkt und für den Waliser eine astronomische Ablösesumme in der Nähe eines dreistelligen Millionenbereichs investiert. Die Borussia versuchte, eben diesen Bale von einem Nobody namens Erik Durm stoppen zu lassen. Dieser Versuch war zum Scheitern verurteilt. Der 21-Jährige sollte Marcel Schmelzer vertreten, einen von fünf verletzten Stammspielern. Diese Misere müssen sich die Dortmunder ebenso wenig zum Vorwurf machen lassen wie den Umstand, dass Mario Götze inzwischen beim Branchenführer in München kickt.

Das europäische Gleichgewicht ist also wieder hergestellt, die Dortmunder müssen sich vorerst damit abfinden, dass ihr letztjähriger Ausflug bis ins Finale eine ebenso schöne wie vergängliche Episode war. Während die Fußballriesen aus Madrid oder München noch weiter wachsen, noch stärker werden und die Neureichen von Scheichs Gnaden wie Paris und Monaco am Firmament auftauchen, muss die Borussia um seinen schönen Status als Bestandteil der deutschen Doppelspitze mit den Münchnern bangen. Mit Robert Lewandowski verliert der BVB erneut seinen besten Akteur an die Bayern.

Wie limitiert die Offensive ohne den Edeltechniker spielt, machten die 90 Minuten in Madrid auf erschreckende Art und Weise deutlich. Es klappte kaum etwas, weil weder der völlig indisponierte Henrich Mchitarjan noch der fußballerisch limitierte Pierre-Emerick Aubameyang die sich bietenden Kontermöglichkeiten nutzten. Für die beiden haben die Dortmunder rund 40 Millionen Euro an Ablöse investiert, doch an Lewandowskis Klasse reichen sie nicht heran. Spiele ohne den Polen werden für den BVB bald der Normalfall sein. In Madrid fehlte der gelb gesperrte Stürmer an allen Ecken und Enden. Während seine Kollegen ihre Grenzen aufgezeigt bekamen, suchte Lewandowski in München ein Haus.

Marco Reus sagte ein wenig kleinlaut: „Robert ist nicht zu ersetzen.“ Und doch muss es ab Juni ohne den Unersetzbaren gehen. Die Perspektiven von Borussia Dortmund im europäischen Fußballadel sind überschaubar: „Ich finde, wir haben uns heute nicht die Situation erarbeitet, um große Kampfansagen zu machen“, sagte Klopp, bevor er in die Nacht verschwand: „Wir haben 0:3 verloren, das ist unsere Schuld.“ Es könnte durchaus sein, dass solche oder ähnliche Aussagen aus dem Dortmunder Lager in Zukunft häufiger zu hören sein werden.

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