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Auf der Suche nach der Richtung. Bundestrainer Löw im Spiel gegen die Schweiz.

© Christian Charisius/dpa

Die Nationalmannschaft und das 1:1 gegen die Schweiz: Joachim Löw und die ungewöhnliche Herausforderung

Die ersten Spiele in der Nations League zeigen: Es wird eine herausfordernde Spielzeit für die Nationalmannschaft – und für den fast schon ewigen Joachim Löw

Joachim Löw steht in seinem 15. Jahr als Bundestrainer der Nationalmannschaft. Kein Fußball-Nationalcoach der Welt ist länger im Amt. Der inzwischen 60-Jährige hat große Erfolge gefeiert, wie den dritten Platz bei der WM 2010 in Südafrika mit einem jungen Team, ohne Legionäre und Kapitän Michael Ballack. Viele Spieler von damals erlebten 2014 in Rio mit dem Gewinn des vierten WM-Titels für Deutschland ihren Höhepunkt. Und Löw hat schwere Niederlagen eingesteckt, die so nicht hätten passieren müssen. Etwa das Halbfinale der EM 2012 gegen Italien. Von der desaströsen WM 2018 in Russland mal ganz zu schweigen.

Nun aber gibt es etwas, was selbst der erfahrene Bundestrainer noch nicht erlebt hat – einen Wettbewerb wie die Nations League unter Corona-Bedingungen. „Siege sind jetzt nicht das Allerwichtigste“, hat Löw zwischen dem 1:1 gegen Spanien am Freitag und dem 1:1 in der Schweiz  am späten Sonntagabend gegen die Schweiz gesagt.

Diese Aussage ist ungewöhnlich für einen Trainer einer Elitemannschaft, aber diese Haltung ist klug. Siege in der Nations League sind schön, bringen aber nichts, wenn sie vielleicht zu Lasten der EM gehen, die im kommen Juni nach einer beispiellos eng getakteten Spielzeit gehen. Dem Confed-Cup-Sieg 2017 folgte der tiefe Fall bei der WM im Jahr darauf. Mit anderen Worten: Erkenntnisse sind wichtiger als Ergebnisse.

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Beide Spiele haben gezeigt, wie unterschiedlich die Fitnesslevels der einzelnen Spieler durch eine gestörte Vorbereitung sind. Seine Jungs, wie Löw nach den beiden Spielen sagte, hätten alles gegeben, mehr sei zu diesem Zeitpunkt nicht möglich.

Der Bundestrainer muss das Fernziel EM im Auge behalten und mit den Kräften seiner Spieler haushalten. Nur mit körperlich und mental frischen Spielern hat man eine Chance auf den Titel. Bereits die EM-Vorrunde hat es in sich. Das deutsche Team trifft auf Weltmeister Frankreich und EM-Titelverteidiger Portugal. Der Bundestrainer wird die Einsätze seiner Spieler klug dosieren müssen, weil sie in ihren Vereinen zahlreiche englische Wochen zu spielen und keine übliche Winterpause haben werden. In der Bundesliga rollt am 2. Januar wieder der Ball.

Löw wird auch in den kommenden Länderspielen im Herbst und im Frühjahr sein Auswahlpersonal ordentlich rotieren lassen. Dafür nimmt er im Zweifel sogar in Kauf, dass sich eine Stamm-Mannschaft womöglich erst in der direkten Turniervorbereitung finden wird und einspielen kann.

Wie dem auch sei, es wird eine ungewöhnliche, eine herausfordernde Spielzeit für die Nationalmannschaft – und für den fast schon ewigen Joachim Löw.

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