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Da geht noch was. Nicht alle Spiele der WM sind ausverkauft.

© REUTERS

Die Gastgeber sind angekommen im Turnier: Wie die Fußball-WM in Frankreich ankommt

Anfangs wussten viele Franzosen gar nicht, dass die Fußball-WM der Frauen in ihrem Land stattfindet. Doch jetzt wächst die Begeisterung täglich.

Wer mit dem Zug in Paris ankommt, wird schon am Gleis von Amandine Henry angeschrien. Die Kapitänin des französischen Nationalteams ist in der Mitte eines Werbeplakats abgebildet, mit dem Frankreichs größter Fernsehsender für die Weltmeisterschaft wirbt. Hinter Henry jubeln ihre Mitspielerinnen so fröhlich, als würden sie alle Reisenden mit ihrer Freude auf das Fußballturnier anstecken wollen.

Dabei ist es erst einmal notwendig, die Menschen in Frankreich auf die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen aufmerksam zu machen. Denn vielen Franzosen ist gar nicht bewusst, dass gerade das größte weltweite Fußballereignis des Jahres in diesem Sommer stattfindet – und das sogar im eigenen Land. Fans in bunten Trikots und mit trötenden Vuvuzelas, die zum Public Viewing vor Leinwänden strömen, findet man hier seltener als dunkles Sauerteigbrot.

Und doch scheint das Interesse an der WM von Tag zu Tag zu wachsen – vor allem in den Städten, in denen die Spiele ausgetragen werden. Dort wehen an den zentralen Straßen viele blaue Flaggen mit dem Logo der WM. Die deutschen Spielerinnen freuen sich darüber. Deutschlands Innenverteidigerin Marina Hegering sagte nach einem Spaziergang durch Montpellier, wo das deutsche Team am Montag (18 Uhr) im dritten Gruppenspiel auf Südafrika trifft: „Es war sehr schön zu sehen, wie die Fahnen da hingen. Man wurde willkommen geheißen in der Stadt.“

Die Fahnen hängen auch in der kleinen Stadt Valenciennes. Dort leben weniger als 50.000 Menschen und es wirkt, als würden sich die besonders auf internationalen Fußball freuen. Der Fußballklub der Stadt, der FC Valenciennes, spielte einst in der französischen ersten Liga, doch vergangene Saison konnte der nun zweitklassige Verein einen weiteren Abstieg gerade noch vermeiden. Nun finden hier sechs WM-Spiele statt.

Wer das noch nicht mitbekommen hat, weiß es nach einem Gang durch die Innenstadt. Auf der Fanmeile im Zentrum der Einkaufsstraße ist ein kleines Fußballfeld aufgebaut. In vielen Schaufenstern weisen aufblasbare Klatschstäbe auf die WM hin, sie liegen auf Büchern in der Buchhandlung und vor Bildern in der Kunstsammlung. Auch ein Apotheker hat alle Medikamente und Beauty-Produkte in eines ihrer beiden Schaufenster gequetscht, um das andere mit Fanartikeln zur WM zu pflastern. Die Deutschland-Flagge hängt ebenso wie die spanische von der Decke.

Spanien goes Frankreich. Fans laufen zum Stadion in Valenciennes.
Spanien goes Frankreich. Fans laufen zum Stadion in Valenciennes.

© Sebastian Gollnow/dpa

Schließlich sind Deutschland und Spanien in ihrem zweiten Gruppenspiel in Valenciennes aufeinandergetroffen. Weil die Stadt mit dem Auto nur zweieinhalb Stunden von der deutschen Grenze entfernt ist, parken am Spieltag massenhaft Autos mit deutschen Kennzeichen in den kleinen Gassen. „Viele haben gesagt: Wenn wir ein Spiel in der Vorrunde schauen, dann bietet sich das an“, sagt Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg schon vor dem Spiel. Sie beschreibt die Stimmung im Land als „sehr positiv“. Der Weltverband Fifa verkündete Anfang der Woche, dass bereits mehr als eine Millionen Tickets für die WM verkauft wurden. Allerdings seien nur 14 der 52 Spiele ausverkauft.

Fußball vs. Boxen

Auch im Stade du Hainaut in Valenciennes hätten noch deutlich mehr Zuschauer das Spiel zwischen Deutschland und Spanien sehen können. 20.761 kommen letztlich – aber die sorgen schon vor dem Spiel für eine schöne Atmosphäre. So empfangen einige deutsche Fans fröhlich den Bus mit den deutschen Spielerinnen. Ein Mann trägt ein weißes Deutschland-Trikot mit der Nummer 4 und dem Namen von Johanna Elsig. Auch spanische Fans sind angereist, stolz tragen manche das Nationaltrikot – teilweise das der Männer, Iniesta steht bei einem auf dem Rücken, aber Nationalteam ist Nationalteam.

In Städten, wo keine Spiele ausgetragen werden, fällt die Resonanz auf die WM deutlich kleiner aus. Nur wenige Bars übertragen die Spiele – und wenn, dann meist ohne Ton. In einer Sportsbar in Lille läuft statt der Vorrundenpartie zwischen Südafrika und China ein Vorbericht zum Boxkampf zwischen Tyson Fury und Tom Schwarz.

Wenn die französische Nationalmannschaft spielt, ist das anders. Dann fiebern die Franzosen vor den Fernsehern mit. Nach Angaben des Fernsehsenders TF1 haben fast elf Millionen Menschen das Eröffnungsspiel zwischen Frankreich und Südkorea gesehen. Und auch das deutsche Team merkt etwas von der kleinen, aber wachsenden Euphorie.

Als eine Gruppe von Spielerinnen an einem freien Vormittag durch Lille schlendert, kommen mehrere Franzosen zu ihnen. „Wir wurden sehr oft angesprochen, ob wir ein Foto machen können. Und das macht man dann natürlich gerne“, sagt Innenverteidigerin Sara Doorsoun. In Montpellier sei das noch nicht der Fall gewesen, ergänzt ihre Mitspielerin Hegering. Aber je weiter das deutsche Team kommen sollte, desto öfter fragen die französischen Fans sicher nach Fotos. Spätestens dann in Lyon. Dort finden die Halbfinals und das Finale statt.

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