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Brüderchen, komm spiel mit mir. Kevin-Prince Boateng (links) will zum Ende seiner Karriere noch einmal gemeinsam mit seinem Halbbruder Jerome für Hertha BSC auflaufen.

© imago/Schüler

Die Boatengs und ihre Sehnsucht nach Hertha BSC: Die Geschichte ist noch nicht auserzählt

Kevin-Prince Boateng will mit seinem Bruder Jerome noch mal für Hertha BSC spielen. Die Idee ist aus nostalgischen Gründen interessant. Mehr aber auch nicht.

Wie heißt der aktuelle Klub des Fußballers Kevin-Prince Boateng? Ist es: A) der AC Mailand, B) Sassuolo Calcio, C) Besiktas Istanbul oder D) der AC Florenz? In der Fernsehsendung „Wer wird Millionär?“ dürfte die korrekte Antwort auf diese Frage angesichts des erhöhten Schwierigkeitsgrades mindestens 64.000 Euro wert sein.

Es ist ja wirklich nicht leicht, bei den ständig wechselnden Arbeitgebern von Kevin-Prince Boateng immer den Überblick zu behalten. Seitdem er im Sommer 2007 als junger Bursche seinen Heimatverein Hertha BSC verlassen hat, hat er für elf verschiedene Vereine gespielt, mit dem kurzen Engagement beim FC Barcelona (drei Einsätze) als einsamem Höhepunkt. Gemessen an dem überragenden Talent, mit dem er gesegnet war und das ihn eine Zeitlang zu einer der größten Hoffnungen im deutschen Fußball hat werden lassen, findet sich in seinem Lebenslauf viel Mittelmaß.

Boateng macht Herthas Fans ganz wuschig

Und trotzdem hat Kevin-Prince Boateng, das unerfüllte Versprechen, immer noch das Zeug, die Anhängerschaft seines Stammvereins Hertha BSC in Wallung zu versetzen. In einem launigen Videochat mit seinem Halbbruder Jerome hat er jetzt von seinem Traum gesprochen, seine Karriere dort zu beenden, wo sie einst begonnen hat: bei Hertha im Berliner Olympiastadion, und das am liebsten in einem Team mit ihm, seinem kleinen Bruder.

Mit einem solchen Wunsch macht Boateng immer noch viele Berliner Fans ganz wuschig. Und genau das ist das Ungewöhnliche daran: Das zwischen Hertha und Boateng, das ist keine einseitige Liebe; das beruht auf Gegenseitigkeit. So wie Boateng gerne noch einmal für Hertha spielen würde, so wollen viele Anhänger ihn noch einmal im Trikot ihres Klubs sehen.

Natürlich hat das auch etwas mit Boatengs Werdegang zu tun, der sich vom rotzigen Schnösel über den Staatsfeind Nummer eins nach dem Foul an Michael Ballack zum Elder Statesman entwickelt hat und inzwischen allseits als Persönlichkeit von beeindruckender Statur geachtet wird. Noch viel mehr aber liegt es an dem weiterhin vorherrschenden Gefühl, dass die Geschichte von Hertha und den Boatengs eben noch nicht auserzählt ist.

Vor 13 Jahren haben sie Hertha BSC verlassen

Als Kevin-Prince Boateng vor annähernd 13 Jahren den Klub seiner Jugend verlassen hat und sich Tottenham Hotspur anschloss, da fühlten sich beide Seiten irgendwie als Gewinner dieses Deals: die eine Seite wegen der neuen sportlichen Perspektive, die der Wechsel in die Premier League versprach; Hertha BSC für die stattliche Ablöse, die der Transfer dem klammen Klub einbrachte. Inzwischen weiß man, dass in Wirklichkeit beide Seiten Verlierer waren. Und so hat Boatengs Weggang eine Wunde gerissen, die immer noch offen ist. Und die wohl immer offen bleiben wird. Selbst wenn es eine Rückkehr gäbe.

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Aus nostalgischen Gründen wäre die durchaus zu begrüßen – aber eben nur aus nostalgischen Gründen. Kevin- Prince Boateng ist 33 inzwischen, sein Bruder Jerome wird dieses Jahr 32. So ist auch die Reaktion von Herthas Manager Michael Preetz zu verstehen, der sich zwar irgendwie geehrt zeigte, aber eben auch nicht über alle Maßen elektrisiert.

Dafür kommt die wieder aufgekochte Liebe der Boatengs für Hertha und Berlin dann doch ein paar Jahre zu spät. Oder, wie es Jerome Boateng im Videochat mit seinem Bruder ausgedrückt hat: „Wir müssen sehen, welcher Klub uns überhaupt noch nehmen würde, wenn wir so alt sind.“

Die richtige Antwort lautet übrigens D. Besiktas Istanbul.

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