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Andreas Toba während der Olympischen Spiele in Rio.

© dpa

Deutsches Turnfest in Berlin: Andreas Toba, gefangen in der Heldenrolle

Andreas Toba ist einer der Stars beim Deutschen Turnfest im Juni in Berlin. Der Olympiaheld von Rio kämpft allerdings mit einer Knieverletzung.

Andreas Toba steigt am Donnerstag im Marshall-Haus in der Messe Berlin vorsichtig aufs Podium, er zieht sein rechtes Bein nach und verzieht das Gesicht. Toba hat offensichtlich Schmerzen, und Schmerzen waren es auch, die ihn zu einem Helden gemacht haben. Daran erinnert auch noch einmal Torsten Hartmann, Pressesprecher des Deutschen Turner-Bundes. „Ich freue mich, Andreas Toba begrüßen zu dürfen“, sagt er. „Bekannt als Olympiaheld.“

Toba ist in Berlin, weil er die Trommel rühren soll für das Internationale Deutsche Turnfest, das vom 3. bis zum 10. Juni in Berlin stattfindet. Bis zu 70 000 Teilnehmer würden erwartet, wie Berlins Innensenator Andreas Geisel betont.

Andreas Toba hat sich inzwischen an die Rolle gewöhnt. Die Olympiaheldengeschichte wurde zigmal rauf- und runtererzählt. Wie er sich vor einem halben Jahr bei den Spielen in Rio de Janeiro beim Bodenturnern einen Kreuzbandriss zuzog, wie er sich anschließend aufs Pauschenpferd schwang, weiterturnte und die deutsche Mannschaft ins Finale brachte. Toba hat die Geschichte auch immer wieder erzählt, erzählen müssen bei verschiedenen Medienpreisen, die er erhielt. „Es ist schon eine Charaktereigenschaft, die ich habe, dass ich über meine Schmerzgrenzen hinausgehen kann. Es gehört zu mir dazu“, sagt er auch am Donnerstag.

Der gebürtige Hannoveraner hat sich nie dagegen gewehrt, dass er wegen dieser sportlichen Grenzüberschreitung von einer Kamera vor die nächste gezerrt wurde. Wer will nicht mal Held sein für ein paar Tage? „Das Turnen hat nicht den Stellenwert in der Öffentlichkeit. Und wenn ich dem Turnen durch meine Geschichte mehr Aufmerksamkeit verschaffen kann, freut mich das“, sagt er.

Andreas Toba ist neben dem zurückgetretenen Fabian Hambüchen nun eines der großen Aushängeschilder des deutschen Turnens. Hambüchen ist es, weil er in Rio Gold gewonnen hat und Toba, weil er sich eben verletzt hat. Es braucht nicht viel Vorstellungskraft, um zu ahnen, welche Heldenrolle Toba, könnte er wählen, lieber einnehmen würde. „Klar, würde ich den Menschen gerne beweisen, dass ich sportlich mehr drauf habe, als ich in Rio de Janeiro gezeigt habe. Andersherum habe ich immer noch die Möglichkeit dazu“, sagt er.

Derzeit aber scheint er die Schmerzen, sowohl in den Erzählungen über ihn wie auch im Hier und Jetzt, nicht mehr loszubekommen. „Nach meiner Verletzung bei den Olympischen Spielen in Rio musste nicht nur das Kreuzband neu eingesetzt, sondern auch der Meniskus genäht werden“, erzählt er am Donnerstag. „Ich bin jetzt 26 Jahre alt, da heilt so eine Meniskusnaht nicht mehr so schnell. Ein kleiner Teil dieser Naht musste vor zwei Wochen geglättet werden. Das wirft mich jetzt im Training zurück.“ Dabei habe es keine Rolle gespielt, dass er unmittelbar nach einem Kreuzbandriss weitergeturnt habe, sagt Toba.

Die Heldengeschichte war nicht überall gut angekommen

Die olympische Heldengeschichte war ja auch nicht überall gut angekommen. Es gab Stimmen, die sagten, so einer könne kein Vorbild sein. Mit einem Kreuzbandriss zu turnen, sei Raubbau am eigenen Körper und keinesfalls eine Heldentat. Für Toba ist die neuerliche Verletzung vor allem auch wegen des Deutschen Turnfestes in Berlin ärgerlich.

Dieses ist nicht nur eine gigantische Breitensportveranstaltung. Es werden beim Deutschen Turnfest auch insgesamt 24 Deutsche Meisterschaften ausgetragen. Es gibt keine vergleichbare Veranstaltung in Deutschland, in der das Turnen eine so große Aufmerksamkeit erfährt. „Wir sind leider immer noch Randsportart, bei unseren Wettkämpfen haben wir wenig Zuschauer. Beim Turnfest ist das was komplett anderes. Da rasten die Leute ja aus“, sagt Toba.

Deswegen will er unbedingt dabei sein. Zudem hat er eine besondere Verbindung zu Berlin. Seine Freundin kommt aus der Hauptstadt, und in Berlin gewann Toba sein erste Mehrkampfmedaille. „Anschließend wusste ich, dass der Mehrkampf mein Wettbewerb ist. Der Wettkampf damals in Berlin war wichtig für meinen weiteren sportlichen Weg“, sagt er.

Doch die Zeit wird knapp für Andreas Toba. Der Mann mag mehr als andere über Schmerzgrenzen hinausgehen können. Aber natürlich hat auch er Angst vor weiteren Verletzungen. „Sprünge aus großer Höhe sind derzeit natürlich riskant.“ Er sei zuversichtlich, dass er in Berlin teilnehmen werde. „Für ein Gerät wird es reichen, denke ich. Am ehesten wird es das Pauschenpferd werden“, sagt er.

Toba sieht am Donnerstag zu, wie Sophie Scheder im Marshall-Haus der Öffentlichkeit ein paar Übungen zeigt. Auch sie ist eines der Gesichter des Turnens, und auch sie wurde zu einem solchen Gesicht, weil sie in Rio eine Medaille, die bronzene, gewann.

Andreas Toba hat vermutlich nichts dagegen, ein Held zu sein. Aber sehr bald schon, will er wieder erfolgreich sein. „Wenn ich in Berlin antrete, will ich nicht nicht nur dabei sein. Dann will ich auch eine Medaille gewinnen“, sagt er. Deswegen habe er mal mit dem Sport angefangen. Wegen Erfolgen, und nicht wegen Verletzungen.

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