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Nicht zu beneiden. Der Umbruch im DFB-Team wird Joachim Löws Handschrift tragen.

© Boris Roessler/dpa

Deutsche Nationalmannschaft: Führungsspieler kleben fest: Das Dilemma des Joachim Löw

Kroos, Khedira, Gündogan. Vor der WM-Analyse verkünden mehrere Spieler, weiter für die DFB-Elf spielen zu wollen. Das macht es dem Bundestrainer schwer.

Auch Ilkay Gündogan will weitermachen und spricht nach Erdogan-Wirbel und WM-Desaster von neuen Titelzielen. Wenn Joachim Löw dem DFB-Präsidium in der kommenden Woche unmittelbar vor dem Bundesliga-Start seine mit Spannung erwarteten Konsequenzen aus dem WM-Desaster präsentiert, fällt das Kapitel Personal-Erneuerung wohl schmaler aus als von vielen Experten erwartet. Vor Gündogans Ankündigung hatte Toni Kroos von Bundestrainer Löw schon eine Sonderrolle versprochen bekommen und Sami Khedira verkündet, sich durch Leistung unverzichtbar machen zu wollen.

Wie radikal der Umbruch im Team der gescheiterten Fußball-Weltmeister beim Neustart in der Nationenliga am 6. September gegen den neuen Champion Frankreich ausfällt, ist derzeit schwer abzuschätzen. Die bisherigen Zeichen deuten noch nicht auf eine komplette Umkehr des bisherigen Kurses, wenn der Bundestrainer nicht entgegen aller Prognosen doch noch mit harter Hand aussortiert. Serge Gnabry (FC Bayern), Philipp Max (FC Augsburg), Thilo Kehrer (Paris Saint-German), Kai Havertz (Bayer Leverkusen) und Arne Maier (Hertha BSC) werden als mögliche neue Gesichter in Löws Aufgebot gehandelt.

Freiwilliger Rücktritt wohl keine Option

Doch das Alt-Personal macht nicht freiwillig Platz. Kurz nach Kroos und Khedira kündigte Gündogan am Donnerstagabend als nächster DFB-Profi an, dass auch er plant, beim Neuaufbau dabei zu sein. „Die Champions League zu gewinnen und mindestens einen Titel mit der Nationalmannschaft“, nannte der 27-Jährige bei Instagram als Karriereziele. Es soll also weiter gehen im Adler-Trikot. Kurz nach dem Vorrunden-K.o. hatte Kapitän Manuel Neuer als erster verkündet, dass er auch in Zukunft als Führungsspieler vorangehen will.

Löw hatte Gespräche mit seinen Spielern als wichtigen Teil seiner WM-Analyse angekündigt und nun offenbar in Madrid, Manchester und Turin auch entsprechende Signale für die Zukunft verteilt. Nach und nach verkünden Kroos und Co. ihre Pläne. Im Gegensatz zu Mesut Özil könnte Gündogan die heikle Sommer-Affäre um die Fotos mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayipp Erdogan nur mit leichterem Image-Schaden überstehen.

Rücktritte? Neustart? Außer Özil, der in seiner Social-Media-Tirade mit Zorn und Getöse Abschied nahm, sowie Mario Gomez (33), der sich aus Altersgründen verabschiedete und dennoch für den Notfall eine Hintertür für die EM 2020 offen hielt, hat noch keiner der 23 Spieler des Russland-Kurztrips das Signal zum Aufhören gegeben.

Mit diesem Spieler-Willen musste Löw auch rechnen. Die Generation der 2014-Weltmeister ist noch zu jung, um sich mit der Russland-Schmach in den DFB-Ruhestand zu verabschieden. Auch die Bayern-Profis Thomas Müller (28), Mats Hummels (29) und Jérôme Boateng (29) sowie Julian Draxler (24) oder Matthias Ginter (24) als weitere Rio-Champions haben noch Ziele im DFB-Trikot. Doch die nachrückende Generation der Confed-Cup-Sieger um Timo Werner (22), Joshua Kimmich (23), Leon Goretzka (23) oder Niklas Süle (22) wird künftig sicher mehr Verantwortung bekommen.

Khedira: Leistungsprinzip soll "über allem stehen"

Für Löw macht es die nachvollziehbare Pattex-Mentalität seiner Führungsspieler nicht einfacher, Symbole für den versprochenen Neuanfang zu setzen. Wenn alle bleiben dürfen, bleibt kein Platz für neue Kräfte. Es sind die Nuancen in den Spielerkommentaren, die über die Personalpolitik des Bundestrainers spekulieren lassen. Khedira räumte in seiner Online-Botschaft ein, zurückstehen zu können, sollten andere besser sein, das Leistungsprinzip müsse „über allem stehen“. Möglicherweise hatte Löw dem 31 Jahre alten Juve-Star doch angedeutet, dass die Konkurrenz härter wird?

Löws Botschaft an Kroos klingt hingegen nicht nach knallhartem Erneuerungskurs ohne Privilegien. „Mit seiner Erfahrung, Klasse und Persönlichkeit ist er natürlich ein Schlüsselspieler, dem in unseren weiteren Planungen eine ganz wichtige Rolle zukommt - auf und neben dem Platz“, sagte Löw. Kurz davor hatte der Fußballer des Jahres via „Bild“-Zeitung selbst verkündet, dass ihm der DFB-Chefcoach künftig eine Sonderrolle mit individuellen Schonpausen versprochen habe. (dpa)

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