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Robert Andrich (links) hat sich auch fußballerisch stark weiterentwickelt.

© Andreas Gora/dpa

Derbytorschütze des 1. FC Union: Robert Andrich ist viel mehr als nur ein Kämpfer

Robert Andrich hat sich beim 1. FC Union enorm entwickelt und das Derby anders als im Hinspiel, als er früh die Rote Karte sah, mit einem Tor positiv geprägt.

Robert Andrich taugt beim 1. FC Union erstaunlich oft als Pars pro toto. Als der Potsdamer im Sommer 2019 nach Köpenick wechselte, hatte er noch kein Bundesliga-Spiel bestritten – wie sein neuer Verein. Andrich geht oft giftig zu Werke und ist für jeden Gegner ein unangenehmer, ein ekliger Kontrahent – wie meist auch seine Mannschaft. Und der 26 Jahre alte Mittelfeldspieler hat sich in nicht einmal zwei Saisons bereits einen exzellenten Ruf in der Liga erarbeitet – genauso wie der 1. FC Union.

Auch beim 1:1 im Derby gegen Hertha BSC am Sonntag stand Andrich im Fokus. Im Hinspiel hatte er die Niederlage seiner Mannschaft noch mit einer frühen Roten Karte eingeleitet, dieses Mal trat er deutlich positiver in Erscheinung. „Er hat ein sehr gutes Spiel gemacht und sich belohnt mit einem Tor“, sagte sein Trainer Urs Fischer.

Es war sogar ein sehr sehenswerter Treffer – und nicht der erste von Andrich in der Bundesliga. Schon gegen Wolfsburg und Bielefeld hatte er mit ausgezeichneter Schusstechnik demonstriert, dass sein Image – kämpferisch, giftig, laufstark – deutlich zu kurz greift. Andrich vereint im Zentrum physische und spielerische Qualitäten und hat im Vergleich zur vergangenen Saison einen großen Schritt nach vorne gemacht. „Wenn du ein paar Sachen erlebt hast, entwickelst du dich auch als Typ weiter – und ich bin diese Saison reifer geworden“, sagte Andrich schon vor einigen Wochen.

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Am deutlichsten wird das neben der internen Torjägerliste, wo er mit fünf Treffern hinter Max Kruse auf Platz zwei liegt, bei der besseren Dosierung seiner Aggressivität. In der vergangenen Saison sah er elf Gelbe Karten und einmal Gelb-Rot. Aktuell steht er erst bei vier Verwarnungen – und das ohne auf das kämpferische Element in seinem Spiel zu verzichten.

Andrichs Vielseitigkeit war im Derby gut zu erkennen. Er hatte die meisten Ballkontakte auf dem Platz, die beste Passquote aller Mittelfeldspieler, traf zur Führung und füllte wie üblich die Rolle des „Aggressive Leaders“ aus. Als es eine Rangelei zwischen Grischa Prömel und Matteo Guendouzi gab, war er schnell vor Ort, und später lieferte er sich etwas Trash Talk mit Jhon Cordoba. So unbedacht wie im Hinspiel, als er schon vor seiner Roten Karte zwei unnötig harte Fouls beging, agierte er aber nicht.

Andrich jubelte über sein Tor - und nahenden Nachwuchs

Durch diese spielerische und menschliche Entwicklung hat Andrich im Team und auch in der Liga ein ganz anderes Standing als bei seinem Wechsel von Zweitligist Heidenheim. Diesen Stellenwert bekomme man aber nicht geschenkt, „den muss man sich erarbeiten“. Mittlerweile ist Andrich auch für andere Vereine interessant geworden. In einem Jahr läuft sein Vertrag aus und Versprechen auf ewige Treue hört man von ihm nicht. Den nächsten Schritt könnte er ähnlich wie Christopher Lenz, der im Sommer zu Eintracht Frankfurt wechselt, durchaus bei einem noch ambitionierteren Klub machen.

Satt getroffen. Robert Andrich schoss den 1. FC Union sehenswert in Führung.
Satt getroffen. Robert Andrich schoss den 1. FC Union sehenswert in Führung.

© imago images/camera4+

Bei Union werden sie natürlich versuchen, Andrich zu halten, denn in Köpenick schätzen sie nicht nur seine fußballerischen Fähigkeiten, sondern auch seinen Ehrgeiz. Andrich will immer gewinnen, ob gegen Bielefeld oder gegen Bayern München, und lässt sich nicht einschüchtern. Dass er gegen Hertha besonders gerne gewonnen hätte, lag aber nicht nur am unglücklichen Hinspiel und dem Derbycharakter, sondern auch an seiner Vergangenheit.

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Zwölf Jahre spielte Andrich bei Hertha, von der Kleinfeldmannschaft bis in die U 23. Ein Einsatz bei den Profis war ihm nicht vergönnt. „Das ist lange her, so viel Hertha steckt nicht mehr in mir“, sagte Andrich kurz vor dem Duell mit seinem früheren Verein. Auf die kleine Stichelei von seinem ehemaligen Mitspieler und heutigen Hertha-Assistenztrainer Andreas „Zecke“ Neuendorf, er sei heimlich immer noch Fan der Blau-Weißen, reagierte er trocken – und legte auf dem Platz ein Tor nach.

Beim Jubel schob er sich den Ball unter das Trikot und zeigte, dass es bei ihm auch privat gut läuft. „Ich habe gehofft, dass ich ein Tor schieße, so ein Jubel gehört ein bisschen dazu. Dann muss man nicht jedem einzelnen Freund zu Hause schreiben“, sagte er bei „Sky“ zu seinem nahenden Nachwuchs.

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