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Voll fokussiert. Dodi Lukebakio neigt zum Ärger seiner Vorgesetzten dazu, zu schnell zufrieden zu sein.

© imago images/Bernd König

Der Stürmer und sein zweiter Anlauf bei Hertha BSC: Dodi Lukebakio hat genug gedackelt

Mit drei Toren in zwei Spielen ist Dodi Lukebakio bei Hertha BSC so etwas wie die Neuentdeckung des Saisonstarts. Trotzdem gibt es noch Steigerungspotenzial.

Über Dedryck Boyata, den neuen Kapitän von Hertha BSC, kursieren derzeit Behauptungen, die offenbar nicht der Wahrheit entsprechen. Dass der Belgier zum Beispiel kein Deutsch spricht. Stimmt nicht, heißt es bei seinem Arbeitgeber. Boyata spreche und verstehe so viel Deutsch, dass er jederzeit unfallfrei mit seinen Kollegen kommunizieren könne.

Vor einem Jahr ist der Innenverteidiger zu Hertha BSC gekommen, genau wie sein belgischer Landsmann Dodi Lukebakio. Auch den hat man bisher nur Französisch oder Englisch sprechen hören. Aber da Lukebakio zuvor schon ein Jahr bei Fortuna Düsseldorf in der Fußball-Bundesliga gespielt hat, müssten auch bei ihm längst mehr als nur rudimentäre Deutschkenntnisse vorhanden sein. Und manche Dinge erschließen sich auch aus dem Zusammenhang, selbst wenn man sie nicht auf Anhieb versteht.

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In der Vorbereitung in diesem Sommer hat Lukebakio Bekanntschaft mit dem seltenen Verb „dahindackeln“ gemacht. „Das reicht nicht! Das ist zu wenig!“, hat Bruno Labbadia, sein Trainer, ihn im Training angeraunzt. „Nur ein bisschen dahindackeln, das funktioniert nicht!“ Schon am Tonfall muss Lukebakio erkannt haben, dass mit dahindackeln nichts Gutes gemeint sein konnte.

Dackeln ist nicht gerade die Fortbewegungsart, die man mit dem 23-Jährigen in Verbindung bringt. Zumindest nicht dann, wenn sich Herthas Spiel in die Richtung des gegnerischen Tors bewegt. Lukebakio gilt als einer der schnellsten Spieler der Bundesliga. Wenn es allerdings nach hinten geht, hat er es nicht ganz so eilig. Sehr zum Unmut seines Trainers. Das Defensivverhalten, „das ist etwas, was ich verbessern muss“, sagt Lukebakio selbst, „ganz sicher.“

Lukebakio gibt sich zu schnell zufrieden

Bruno Labbadia hat inzwischen festgestellt, dass Lukebakio ab und zu einen Tritt in den Hintern braucht. „Den geb’ ich ihm gern“, sagt er. Auch Manager Michael Preetz hält Lukebakio für einen Spieler, den man immer unter Spannung halten müsse, der nie zufrieden sein dürfe und mit dem man viel reden müsse. „Aber er hat eben auch außergewöhnliche Waffen.“

Wenn Lukebakio diese Waffen zielgerichtet einsetzt so wie im Moment, dann gibt es wenig Grund zur Klage. Der Belgier ist so etwas wie die Neuentdeckung des Saisonbeginns. Im Pokal gegen Braunschweig hat er zwei Tore erzielt, beim Ligastart in Bremen ein weiteres. „Dodi macht auf alle Fälle eine Entwicklung“, sagt Labbadia. „Aber da geht noch ein ganzes Stück mehr bei ihm.“

Es spricht einiges dafür, dass Herthas bisher bester Torschütze dieser Saison auch an Freitag im Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt (20.30 Uhr, live bei Dazn) wieder in der Startelf stehen wird. Die Frage ist nur: Läuft er erneut als zweiter Stürmer in der Zentrale auf? Oder setzt Labbadia ihn wie meistens in der Vergangenheit auf die Außenposition?

Spielt Lukebakio gegen Eintracht Frankfurt wieder als zweite Spitze?

In Bremen war Lukebakio zweiter Stoßstürmer neben Krzysztof Piatek. Vielleicht liegt ihm diese Rolle etwas mehr, auch wenn Labbadia das so nicht behaupten würde. Herthas Trainer verlangt von seinen Offensivspielern ohnehin, dass sie nicht starr auf ihren Positionen verharren, sondern möglichst flexibel sind.

Der entscheidende Unterschied ist: Mit der Position ändert sich auch der Charakter der Defensivarbeit. Als zentraler Stürmer ist Lukebakio vor allem für das Anlaufen der gegnerischen Verteidiger zuständig. Auf der Außenbahn hingegen muss er auch die klassischen Tätigkeiten eines Abwehrspielers verrichten, zum Beispiel wenn sich der Außenverteidiger des Gegners in die Offensive einschaltet. Das aber ist weder seine Stärke noch seine Lieblingsbeschäftigung.

20 Millionen Euro hat Hertha BSC im Sommer 2019 für Lukebakio ausgegeben, so viel wie zum damaligen Zeitpunkt für keinen anderen Spieler zuvor. Auf den ersten Blick war die Premierensaison durchaus anständig: Der Belgier war sowohl der beste Torschütze seines Teams (zusammen mit Vedad Ibisevic) als auch bester Vorlagengeber. Und trotzdem blieb eher der Eindruck eines noch unerfüllten Versprechens. „Es ist an der Statistik abzulesen, welche Qualitäten er hat“, sagt Manager Preetz. „Unsere Erwartung ist, dass er diese Qualitäten noch häufiger ausspielt.“

"Großes Talent, aber nicht leidensfähig", hat Jürgen Klinsmann behauptet

So wie er es am Wochenende getan hat, als er kurz vor der Pause nach einem Sprint in den Strafraum mit einem wuchtigen Linksschuss das 2:0 gegen Werder erzielte. „Dieses Tor steht exemplarisch für seine Qualität“, sagt Preetz. „Dass er die Tiefe beläuft, die Bälle in die Tiefe fordert und mit seiner Schnelligkeit, seinem ersten guten Kontakt und mit seinem Abschluss punktet.“

Jürgen Klinsmann, für kurze Zeit Trainer bei Hertha BSC, hat Lukebakio nachgesagt, er sei ein großes Talent, aber nicht leidensfähig und gehöre deshalb in die „Rubrik Fehleinkauf von Preetz“. Für den Belgier geht es in seinem zweiten Jahr in Berlin daher auch darum, noch etwas geradezurücken. „Um ehrlich zu sein: Ich liebe Druck. Unter Druck bin ich besser“, sagt er. Wobei seine persönlichen Ziele zumindest nicht überambitioniert sind. Wie jedes Jahr so hat er sich auch für diese Saison vorgenommen, wieder mehr Tore zu machen als in der vergangenen. „Also mehr als sieben Tore“, sagt Lukebakio. „Das ist nicht so viel für einen Stürmer.“

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