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Fabian Lustenberger führte die Hertha zwei Saisons lang als Kapitän aufs Feld.

© Guenter Schiffmann/AFP

Der Schweizer verlässt Hertha BSC: Fabian Lustenberger: Wie aus einer anderen Zeit

Lucien Favre holte ihn 2007 zu Hertha BSC, im Sommer ist nach zwölf Jahren Schluss für den Ex-Kapitän: Fabian Lustenberger wechselt zu Young Boys Bern.

Berlin - Wilde Locken, weiche Gesichtszüge, die noch nichts verrieten von den Anstrengungen des Profifußballs. Fabian Lustenberger musste ein bisschen lachen, als im Sommer 2017, zu seinem Zehnjährigen bei Hertha BSC, auf der Homepage seines Arbeitgebers mal wieder Bilder von ihm als junger Mann präsentiert wurde. „Wahnsinn“, hat der inzwischen 30-Jährige gedacht, als er sein früheres Ich sah.

Lustenberger war 19 und gerade vom FC Luzern nach Berlin gekommen; er hatte nicht mal einen Führerschein und fuhr meistens mit der U2 zum Training. Das war auch deshalb kein Problem, weil ihn in Berlin – trotz seiner prägnanten Locken – kaum jemand erkannte. Inzwischen sind nicht nur die Locken weg, auch sonst ist vieles anders. Man darf Lustenberger ohne größere Verrenkungen als eine der prägenden Figuren der jüngeren Vereinsgeschichte von Hertha BSC bezeichnen. Keiner steht so lange bei den Berlinern unter Vertrag. Er war Kapitän und hat bisher 258 Ligaspiele für den Klub bestritten. Im günstigsten Fall aber kommen nur noch 15 hinzu. Am Montag hat der Fußball-Bundesligist bekannt gegeben, dass der Schweizer nach Ablauf seines Vertrages am Saisonende und nach zwölf Jahren Hertha in seine Heimat zurückkehren wird.

Bei Young Boys Bern, dem aktuellen Meister und Tabellenführer der Super League, hat der frühere Nationalspieler einen Dreijahresvertrag mit einer Option auf eine weitere Saison unterschrieben. „Mit seiner Mentalität und seinem Charakter passt Fabian Lustenberger perfekt“, sagt Berns Sportchef Christoph Spycher. „Er hat in Berlin seine Qualitäten auf und neben dem Feld eindrücklich unter Beweis gestellt. Fabian wird bei uns ein Führungsspieler sein, der die Mitspieler dank seiner großen Erfahrung und seiner positiven Art mitreißen kann.“

Völlig überraschend kam die Nachricht von Lustenbergers Abschied nicht mehr, obwohl er selbst vor gut einem Jahr gesagt hatte: „Sollte irgendwann der Moment kommen, dass ich von Hertha weggehe, würde mir das extrem schwerfallen.“ Seine Familie lebt wieder in der Schweiz, zudem hat Hertha vor kurzem schon den Vertrag mit Per Skjelbred, ebenfalls defensiver Mittelfeldspieler und ebenfalls ein Routinier, noch einmal verlängert.

Lustenberger stammt aus einer anderen Zeit. Er war der erste Spieler, der im Sommer 2007 auf Betreiben des neuen Trainers Lucien Favre zu Hertha geholt wurde. Rund zwei Millionen Euro sollen die Berliner damals für ihn gezahlt haben. Es dauerte allerdings ein bisschen, bis sich Lustenberger an die höhere Athletik in der Bundesliga gewöhnt hatte. Nach gerade mal fünf Kurzeinsätzen zu Saisonbeginn durfte er erst am 14. Spieltag erstmals von Anfang an auflaufen. Bis zum Saisonende fehlte er dann nur noch drei Mal in der Startelf.

„Lucien Favre hat sehr viel Einzeltraining mit mir gemacht“, hat Lustenberger über seine Anfangszeit bei Hertha erzählt. „Wir haben mit zwei Kontakten gegeneinander gespielt. Es gab eine Regel: Er gewinnt. Wenn er Bälle gespielt hat, die du nicht annehmen konntest, war es dein Fehler. Aber dieses Training mit ihm hat mich individuell weitergebracht.“ Lustenberger musste lange gegen den Ruf ankämpfen, dass sein Körper den Anforderungen nicht gewachsen sei. Dieses Urteil hat ihn immer geärgert. „Zweifel hatte ich nie“, sagt er. „Es gibt x andere Spieler, die genau die gleichen Verletzungen hatten wie ich. Wenn sie wieder spielen, kräht da kein Hahn mehr nach.“

Inzwischen ist davon keine Rede mehr. Fabian Lustenberger hat sich bewährt, auf vielen Positionen und in unterschiedlichen Rollen. Zu Saisonbeginn stand er selten in der vermeintlichen Wunschelf des Trainers, am Ende hat er dann doch wieder gespielt – ähnlich wie sein früherer Mitspieler und heutiger Trainer Pal Dardai zu seiner aktiven Zeit. Trotz fortgeschrittenen Alters und durchaus begabter und deutlich jüngerer Konkurrenz stand Lustenberger auch in dieser Saison in 16 von 19 Bundesligaspielen auf dem Platz. Seit dem achten Spieltag hat er keine einzige Sekunde mehr verpasst.

Sein großer Vorteil war und ist die Vielseitigkeit. Von Jos Luhukay wurde Lustenberger dauerhaft aus dem defensiven Mittelfeld in die Abwehr zurückversetzt. Inzwischen ist er mehrmals zwischen den Linien hin- und hergewechselt, was angesichts seines großen Spielverständnisses und seiner sauberen Technik nie ein größeres Problem für Lustenberger dargestellt hat. Auch in dieser Saison ist er schon auf beiden Positionen zum Einsatz gekommen, zuletzt zentral in der Dreierkette.

Lustenberger hat sogar schon für Hertha im Tor gestanden. 2010 war das, in der Zweiten Liga gegen 1860 München. Nachdem Torhüter Marco Sejna in der 83. Minute Rot gesehen hatte, musste er für die Schlussphase ins Tor. Lustenberger spielte zu null, Trainer Markus Babbel lobte ihn später als „großartigen Innenverteidiger und sehr guten Torhüter“.

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