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Kollektive Begeisterung. Trainer Jaron Siewert feiert den ersten Füchse-Sieg in Kiel mit seinen Spielern.

© dpa

Der SC Magdeburg und die Füchse Berlin machen es möglich: Kleine Zeitenwende in der Handball-Bundesliga

In der Handball-Bundesliga waren zuletzt entweder Kiel oder Flensburg oder oft genug sogar beide tonangebend. In dieser Saison ist das ein bisschen anders.

In der Handball-Bundesliga kann jeder jeden schlagen. Heißt es zumindest – und stimmt so natürlich nicht ganz. Dass eine Mannschaft den THW Kiel besiegt, ist zum Beispiel eher selten zu beobachten. Noch seltener ist dies der Fall, wenn der Rekordmeister in der eigenen Halle spielt. Umso bemerkenswerter ist daher der 31:27-Sieg der Füchse Berlin am Sonntag in der Ostseehalle, die damit erstmals in ihrer Vereinsgeschichte mit zwei Punkten im Gepäck wieder aus Kiel abreisen konnten.

„Wir haben heute viele Sachen toll gemacht. Deswegen ist das Lachen in meinem Gesicht auch so breit”, sagte Hans Lindberg nach Abpfiff. Selbst der 40 Jahre alte Rechtsaußen hatte in seiner langen Karriere erst das zweite Mal erfolgreich das Feld in Kiel verlassen können. Und dabei war sein Anteil nicht unbeträchtlich. Bis zum Pausenpfiff hatte der Däne bereits neunmal den Ball im gegnerischen Tor versenkt, ohne sich dabei einen Fehlversuch zu leisten. Doch es war nicht nur Lindberg, der in Kiel überragend aufspielte. Die ganze Mannschaft leistete sich kaum Fehler und war konsequent im Abschluss. Ausschlaggebend war allerdings die phänomenale Abwehrleistung, die in ihrem kompakten und gleichermaßen beweglichen Auftritt den Meister offensiv an seine Grenzen brachte.

Kiel schaffte es zwar durch seine individuelle Klasse, den Füchsen in der zweiten Halbzeit noch einmal gefährlich zu werden. Aber allein die Tatsache, dass der THW am Sonntag kein einziges Mal in Führung lag, spricht Bände. Natürlich, Kiel fehlte mit Niklas Landin der vielleicht beste Torhüter der Welt. Und ja, die Verletzung von Sander Sagosen in der Anfangsphase und sein anschließender Ausfall haben ebenfalls eine große Rolle gespielt. Trotzdem ist anzuerkennen, dass die Berliner handballerisch den nächsten Schritt gegangen sind. Dass es den Angstgegner aus dem hohen Norden so nicht mehr gibt und sich die Füchse mittlerweile zu den absoluten Top-Klubs in der Liga zählen dürfen.

„Das ist eine Momentaufnahme”, stapelt Sportvorstand Stefan Kretzschmar dennoch tief und verweist auf die noch bevorstehenden acht Begegnungen. „Wir haben noch so ein hartes Programm vor der Brust. Da tun wir gut daran, das nicht überzubewerten. Wir können uns jetzt über den Sieg freuen und das etwas genießen, aber dann müssen wir weiterarbeiten”, sagt er.

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Derweil verdeutlicht ein Blick auf die Tabelle, warum Kretzschmar sich mit großen Aussagen lieber etwas zurückhält. Denn der Kampf um den zweiten Platz ist in diesem Jahr so spannend wie seit Jahren nicht mehr. Während dem SC Magdeburg die Meisterschaft kaum noch zu nehmen ist, liefern sich Berlin, Kiel und die SG Flensburg-Handewitt dahinter ein Kopf-an-Kopf-Rennen, dessen Ausgang schwer abzuschätzen ist.

Sicher scheint unterdessen, dass mit Flensburg und Kiel in der nächsten Saison einer der Hochkaräter des deutschen Handballs auf die Königsklasse verzichten muss – wenn nicht sogar beide. Es ist kaum nötig zu erwähnen, dass dies nicht nur eklatant für das Prestige der Vereine wäre, sondern ebenso mit erheblichen finanziellen Einbußen einhergehen würde. Umso spannender dürfte sich die Schlussphase der Liga gestalten, in der sich die Füchse nach Minuspunkten zwar aktuell einen kleinen Vorsprung erspielt haben, aber bis zur entscheidenden Begegnung am 34. Spieltag zuhause gegen Flensburg ist noch ein weiter Weg zu gehen.

Auch die kommende Länderspiel-Pause könnte Einfluss auf die Bundesliga haben

Und nicht nur am oberen Rand der Tabelle ist die Dramatik greifbar. Dahinter konkurrieren mit Wetzlar, Melsungen, Göppingen, Leipzig, Lemgo und Mannheim eine Reihe von Mannschaften um die Startplätze in der European League. Unterdessen hofft die HBW Balingen-Weilstetten als aktuelles Schlusslicht noch den Abstieg abwenden zu können und steht dabei in direkter Konkurrenz zu den verletzungsgeplagten Nettelstedtern, der sich im Auftrieb befindenden GWD Minden sowie den zuletzt leidenschaftlich kämpfenden Stuttgartern.

Es ist gut vorstellbar, dass in dieser Saison am Ende mehrfach nicht das Punktekonto, sondern die Tordifferenz über eine Platzierung entscheiden wird. Zunächst verabschieden sich die Mannschaften allerdings in die Länderspielpause.

Eine Auszeit, die mit ihren Eventualitäten ebenfalls Einfluss auf die Liga nehmen könnte. Hat eine Mannschaft Verletzungen zu beklagen? Gibt es neue Corona-Fälle? Wer kann besser regenerieren? Es sind viele kleine Faktoren, die in der Bundesliga in diesem Jahr den Unterschied ausmachen könnten. Vor allem, da wirklich jeder jeden schlagen kann.

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