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Wer hätte es denn sonst machen sollen? Louis van Gaal, inzwischen 70, versucht sich zum dritten Mal als Bondscoach.

© imago images/Pro Shots

Der frühere Bayern-Trainer will es noch mal wissen: Eine knifflige Aufgabe für Louis van Gaal

Zum dritten Mal trainiert Louis van Gaal die niederländische Nationalmannschaft. Die Erwartungen an ihn sind hoch – die Gefahren allerdings auch.

Als Louis van Gaal Anfang des Monats seinen neuen Job als Bondscoach der holländischen Fußball-Nationalmannschaft angetreten hat, da hat der Rundfunksender NOS noch einmal Bilder vom Beginn seiner ersten Amtszeit hervorgekramt. Das Gesicht des inzwischen 70 Jahre alten van Gaal ist deutlich kantiger geworden. Seit dessen erstem Engagement bei der Elftal ist eben eine Menge Zeit verstrichen.

Zu erkennen war das schon daran, dass die Journalisten bei der ersten Pressekonferenz van Gaals als Bondscoach überhaupt qualmende Zigaretten in ihren Finger hielten. Mehr als 21 Jahre ist das jetzt her.

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„Das ist doch was, dass ich wieder hier bin!“, hat van Gaal bei seiner Präsentation seinen erklärten Freunden von der Presse zugerufen. Zum dritten Mal nach 2000 und 2012 versucht er sich jetzt als Nationaltrainer der Niederlande. Wie vor ihm schon Guus Hiddink oder Dick Advocaat.

Ungeachtet ihrer Erfolge im Fußball sind die Niederlande eben ein kleines Land. Schon deshalb haben die meisten ihrer bekannten Trainer die Nationalmannschaft mehr als einmal betreut, und durch die ungesunde Fluktuation auf der Position des Bondscoaches hat sich dieser Trend zuletzt sogar noch verschärft. Allein in der Amtszeit von Joachim Löw bei der deutschen Nationalmannschaft saßen bei der Elftal insgesamt zehn Trainer auf der Bank.

Fünf Jahre dauerte sein Ruhestand

Jetzt also wieder Louis van Gaal, der fünf Jahre nach seinem Abschied von Manchester United doch noch einmal aus seinem Ruhestand zurückkehrt. „Wer sonst hätte diesen Job übernehmen können?“, hat er bei seiner Vorstellung in der ihm eigenen Bescheidenheit gefragt. „Wenn ich in der Position des KNVB gewesen wäre, wäre ich auch bei mir gelandet.“

Hinter dem holländischen Fußball liegt mal wieder ein Krisensommer, nachdem die Elftal bei der EM nach verheißungsvollem Beginn schon im Achtelfinale an Tschechien gescheitert ist. Frank de Boer, der 1995 unter dem Trainer van Gaal mit Ajax Amsterdam die Champions League gewonnen hat, war anschließend als Bondscoach nicht mehr zu halten. Und dass es wieder einmal auf Louis van Gaal zulaufen würde, das lag – auch mangels anderer Alternativen – schnell auf der Hand.

„Er ist der absolut beste Coach, um uns zur WM zu lotsen“, sagt Nico-Jan Hoogma, der Sportdirektor des Fußballverbandes KNVB. Das Fachblatt „Voebal International“ hat van Gaal in diesem Sommer zum zweitbesten Trainer der holländischen Fußballgeschichte gekürt – hinter Rinus Michels. „Erfahrung ist in diesem Moment sehr wichtig“, sagt van Gaal selbst.

Anderes als sein Vorgänger Frank de Boer bei der EM kann van Gaal (hier neben seinem Assistenten Danny Blind) wieder auf Abwehrchef Virgil van Dijk zurückgreifen (r.).
Anderes als sein Vorgänger Frank de Boer bei der EM kann van Gaal (hier neben seinem Assistenten Danny Blind) wieder auf Abwehrchef Virgil van Dijk zurückgreifen (r.).

© imago images/ANP

In ihrer Qualifikationsgruppe für die Weltmeisterschaft in Katar liegen die Holländer aktuell hinter der Türkei nur auf Platz zwei, punktgleich mit Norwegen und Montenegro. „Ich glaube an den Kader, aber es wird nicht einfach werden“, sagt van Gaal, der für sein Comeback zwei Debütanten (Devyne Rensch von Ajax und Tyrell Malacia von Feyenoord Rotterdam) nominiert hat und anders als de Boer bei der EM wieder auf Abwehrchef Virgil van Dijk zurückgreifen kann.

„Mein persönliches Ziel ist es, Weltmeister zu werden“, hat van Gaal bei seinem Einstand gesagt. 2014 war er schon einmal nahe dran. Mit für niederländische Verhältnisse eher pragmatischem Fußball schaffte es die Elftal unter ihm in Brasilien bis ins Halbfinale. Dort scheiterte sie erst im Elfmeterschießen an Argentinien und wurde am Ende WM-Dritter.

Aber die Umstände sind zu Beginn der „Epoche Louis III.“ (so die Zeitung „AD“) durchaus kompliziert. Am Montagabend stand van Gaal erstmals mit dem Team auf dem Trainingsplatz, schon an diesem Mittwoch, nach gerade mal anderthalb Tagen Vorbereitung, trifft er in Oslo auf Norwegen, bevor die Heimspiele gegen Montenegro und die Türkei folgen. Angesichts dieses Auftaktprogramms schrieb das „NRC Handelsblad“ über den neuen Bondscoach: „Er setzt seinen guten Namen aufs Spiel.“

Das Debüt am 1. September? Da war doch was

Van Gaal selbst bezeichnet sich als Prozesstrainer, „die ersten drei Monate waren nie gewaltig“, sagt er. Das war auch 2009 beim FC Bayern München so. Anfang Oktober, nach gut drei Monaten im Amt, lag er mit seinem Team auf Platz acht. Am Ende wurde er mit den Bayern Meister und Pokalsieger, stand zudem im Finale der Champions League.

Doch so viel Zeit hat er diesmal nicht. Van Gaal muss mit seinem Team liefern, und zwar sofort. „Die Umfragen behaupten, dass ich sehr viele Fans habe“, sagt er. „Aber wenn wir gegen Norwegen verlieren, was passieren kann, dann bin ich auf einmal kein guter Trainer mehr.“

Zumal der Termin des Schlüsselspiels gegen Norwegen fußballhistorisch belastet ist. Auf den Tag genau vor 20 Jahren, am 1. September 2001, verlor van Gaal mit der Elftal in Dublin 0:1 gegen Irland. Durch diese Niederlage verpasste Holland erstmals seit 1986 wieder die Teilnahme an der WM.

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