zum Hauptinhalt
Bob Hanning, 50, ist Manager der Füchse Berlin und seit 2013 Vizepräsident beim DHB. Vor einem Jahr machte Hanning seinen Wunschkandidaten Christian Prokop zum Bundestrainer.

© Imago

Der DHB-Vizepräsident zur Prokop-Entscheidung: Bob Hanning: "Ich hätte freiwillig das Feld geräumt"

DHB-Vizepräsident Bob Hanning über die Bundestrainerentscheidung, die Mündigkeit der Nationalspieler und die Zukunft des deutschen Handballs.

Herr Hanning, am Montag hat der Deutsche Handball-Bund mit der Nachricht überrascht, Bundestrainer Christian Prokop eine zweite Chance zu geben. Stimmt es, dass Sie als DHB-Vizepräsident mit ihrem Rücktritt gedroht haben, sofern die Entscheidung anders ausgefallen wäre?

Ich bin ja ein Kind des DHB, habe als Junioren-Trainer gearbeitet, später als Co-Trainer in der Nationalmannschaft und nun seit einigen Jahren auf Funktionärsebene. Es wäre mir also schwer gefallen zu sagen: Ich mache jetzt gar nichts mehr für den Verband. Aber ja, ich hätte das Feld freiwillig geräumt.

Wer Sie kennt, kann sich das nur schwer vorstellen, zumal Sie einige Kämpfe austragen mussten, um Vizepräsident zu werden.

Glauben Sie es oder nicht: Ich wäre gegangen, und das wäre nur eine logische Konsequenz gewesen. Nicht nur wegen der Personalie Prokop, sondern wegen des Gesamtkurses im Verband. Wenn man einen Neuanfang hätte machen wollen, dann hätte es ein richtiger sein müssen – und das hätte dann bedeutet, auf vielen Positionen neue Leute einzustellen.

Wie lief die Entscheidungsfindung ab?

Es gab Argumente für und gegen Christian Prokop. Wir haben uns ganz bewusst für eine ergebnisoffene Analyse entschieden und uns dabei eine Sache vorgenommen: Wir sprechen mit keinem Trainer und rufen auch niemanden an, um ihm zu signalisieren, er solle sich bereithalten. Wenn wir also zu dem Ergebnis gekommen wären, nicht mit Christian weiterzuarbeiten, hätten wir keinen anderen Trainer präsentieren können. Es war eine schwierige, aber ehrliche Aufarbeitung.

Eine wichtige Rolle ist dabei offenbar Sportvorstand Axel Kromer zugekommen.

Axel hat die Gespräche koordiniert und geführt. In der ersten Runde waren Präsident Andreas Michelmann, Liga-Präsident Uwe Schwenker und ich dabei, danach gab es Einzelgespräche mit dem Trainer und der Mannschaft. Das Ganze hat Axel dann zu einem Gesamtergebnis zusammengetragen und eine exakte Analyse des Ist-Zustands gemacht, auf deren Grundlage wir dann diskutiert haben.

Zu welchen zentralen Erkenntnissen ist er in diesem Arbeitspapier gekommen?

Ich bitte um Nachsicht, dass ich jetzt keine Interna aus der Präsidiumssitzung preisgeben werde. Ich kann nur sagen, dass alles sehr sachlich abgelaufen ist und eine klare Mehrheit für eine weitere Zusammenarbeit mit Christian Prokop war. Wir hätten die Diskussion ja schon in Kroatien beenden und sagen können: Der Trainer bleibt und Feierabend! Das wäre ein Leichtes gewesen. Aber wir waren eben auch nicht einverstanden mit vielen Dingen und wollten diese Diskussion führen.

Inwiefern wird Christian Prokop sich und seine Herangehensweise ändern müssen, um die in Kroatien entstandenen Gräben zwischen ihm dem und Team zu schließen?

Christian war sicher ein Teil des Problems, aber nicht das alleinige. Jetzt, wo er ein bisschen zur Ruhe gekommen ist, hört sich die Analyse des Bundestrainers ja schon ganz anders an als noch in Kroatien. Deshalb halte ich es für 100 Prozent richtig, dass wir ihm nicht blind das Vertrauen ausgesprochen haben, sondern erst seine Sicht der Dinge hören. Der Fall zeigt: Es hilft selten, Entscheidungen aus der Emotion heraus zu treffen.

Trotzdem war zu hören, dass es einen Aufstand verschiedener Spieler gegeben haben soll, die unter Prokop angeblich nicht mehr weiterspielen wollen und mit dem Karriereende im Nationalteam drohen.

Es stimmt, dass wir die Spieler einbezogen und ehrliche Antworten von ihnen bekommen haben. Manche Sachen hätten wir gern anders gehört, aber so ist es nun mal. Die Spieler können natürlich nicht entscheiden, wer Trainer wird und wer nicht. In diese Situation wollten wir sie nicht bringen. Andererseits wollen wir ja starke und mündige Sportler, die ihre Meinung sagen. Wenn Christian darauf bestanden hätte, dass bei der EM alles richtig gelaufen ist, hätte das sicher nicht mehr gepasst und zu einer anderen Entscheidung unsererseits geführt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false