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Damals war's. Das Präsidium des Organisationskomitees für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland: Horst R. Schmidt, Theo Zwanziger, Franz Beckenbauer Wolfgang Niersbach (v.l.)

© Kunz/dpa

Der DFB und seine Steuerskandale: Von der Vergangenheit eingeholt

Erneut wird der Deutsche Fußball-Bund von einem Steuerskandal erschüttert, dabei ist der alte weder aufgeklärt noch abgeschlossen.

Wieder einmal wird der Deutsche Fußball-Bund (DFB) von dem Vorwurf der Steuerhinterziehung erschüttert. Bei der Groß-Razzia am Mittwoch geht es um den Verdacht der Steuerhinterziehung bei Einnahmen aus der Bandenwerbung. Im Fokus der Ermittler stehen sechs frühere und aktuelle Funktionäre. Wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen hatte die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main am Mittwoch Geschäftsräume des Verbandes sowie Privatwohnungen von sechs ehemaligen beziehungsweise gegenwärtigen Verantwortlichen des DFB in fünf Bundesländern durchsucht.

Die Verantwortlichen sollen Erlöse aus der Bandenwerbung von Heimländerspielen der Fußball-Nationalmannschaft in den Jahren 2014 und 2015 „bewusst unrichtig als Einnahmen aus der Vermögensverwaltung erklärt haben“, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Damit sei der DFB einer Besteuerung in Höhe von etwa 4,7 Millionen Euro entgangen.

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Es ist nicht das erste Mal, dass der DFB ins Visier der Staatsanwaltschaft gerät. Bereits im Herbst 2015 waren Ermittler bei der DFB-Zentrale in Frankfurt am Main vorstellig geworden. Der Verband hatte 6,7 Millionen Euro 2005 als Kostenbeitrag zu einer Gala der WM 2006 im eigenen Land verbucht, die aber nie stattgefunden hat. Das Geld diente mutmaßlich zur Rückzahlung eines Darlehens an den früheren Adidas-Chef Robert Louis- Dreyfus. Exakt diese Summe war drei Jahre zuvor offenkundig in Form von Vorleistungen von Franz Beckenbauer und Louis-Dreyfus an den früheren Fifa-Funktionär Mohamed bin Hammam nach Katar geflossen.

Strafzahlung in Höhe von 19,2 Millionen Euro

Ende Oktober 2017 hatte das Finanzamt Frankfurt am Main dann entschieden, dass die 6,7 Millionen vom DFB an Louis-Dreyfus steuerlich „unzutreffend“ behandelt worden seien – und verhängte eine Strafzahlung in Höhe von 19,2 Millionen Euro. Die zahlte der Verband auch, beharrte aber weiterhin darauf, die Zahlung sei betrieblich veranlasst gewesen.

Derzeit ist bei der Frankfurter Staatsanwaltschaft noch ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung gegen die ehemaligen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger sowie den langjährigen Generalsekretär Horst R. Schmidt anhängig. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen schwere Steuerhinterziehung vor. Sie besaßen führende Posten im Organisationskomitee der WM 2006. Zudem wird der Schweizer Urs Linsi bezichtigt, als Fifa-Generalsekretär Beihilfe zu der Straftat geleistet zu haben.

Die Ermittler kamen damals zum Ergebnis, dass die drei ehemaligen DFB- Funktionäre gemeinschaftlich handelnd eine Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro in der Steuererklärung des DFB für das Jahr 2006 zu Unrecht als Betriebsausgabe deklariert und damit gewinnmindernd geltend gemacht hätten.

OLG Frankfurt ließ Anklage zu

Im August 2019 ließ das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die Anklage wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung zu. Das Oberlandesgericht revidierte damit eine Entscheidung des Landgerichts Frankfurt, das im Oktober 2018 die Eröffnung eines Hauptverfahrens abgelehnt hatte.

Seit dem Frühjahr dieses Jahres müssen die vier Alt-Funktionäre immerhin nicht mehr mit Ungemach aus der Schweiz rechnen. Mit Eintritt der Verjährungsfrist am 27. April war ein Verfahren gegen sie beim Schweizer Bundesgericht in Bellinzona geplatzt.

Bleibt für das Quartett die Klage wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung in Frankfurt. Kommt das Landgericht erneut zu der Entscheidung, kein Verfahren zu eröffnen, steht dem DFB eine hohe Steuerrückzahlung des Finanzamtes Frankfurt zu. Nach rückwirkender Aberkennung der Gemeinnützigkeit für das Jahr 2006 hatte das Finanzamt 19,2 Millionen gefordert, die vom DFB überwiesen worden sind. Nebst Zinsen würde der DFB eine Rückerstattung in Höhe von rund 23 Millionen Euro erhalten, wenn es zu keinem Hauptverfahren kommen oder die Angeklagten in einem solchen freigesprochen werden sollten. Kommt es zum Prozess und einer Verurteilung der früheren Funktionäre, drohen Haftstrafen bis zu fünf Jahren oder Geldstrafen.

Fritz Keller als Krisenmanager gefragt

Auch 14 Jahre nach der Heim-WM ist dieser Skandal weder aufgeklärt noch abgeschlossen und belastet die derzeitige Führungsriege um Präsident Fritz Keller. Der kam im September 2019 an die Macht beim wankenden Verband. „Es ist höchst unbefriedigend, ja frustrierend, dass wir noch immer kein abschließendes Bild rund um die infrage stehenden Abläufe der WM 2006 haben. Damit will ich mich nicht abfinden“, sagte Keller, der nun als Krisenmanager gefragt ist.

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