zum Hauptinhalt
Macht's gut, Leute! Lionel Messi nimmt Abschied vom FC Barcelona.

© AFP

Der Argentinier fordert den FC Barcelona heraus: Messi zündet die größte Wut-Granate in der Geschichte des Fußballs

Mit einer Mitteilung per Büro-Fax beendet Lionel Messi nach 20 Jahren seine Ära beim FC Barcelona. Hässlicher könnte ein Abgang kaum sein. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Frank Jansen

Der Weltuntergang kommt banal daher - per Büro-Fax. Am Dienstag bekommt Josep Bartomeu, Präsident des FC Barcelona, eine knappe Mitteilung von Lionel Messi zugestellt. Der Kapitän des Barça-Teams, sechsfacher Weltfussballer des Jahres und von seinen Fans als „G.O.A.T.“ verehrt, als „Greatest Of All Times“, teilt dem „Estimado Señor Josep Maria Bartomeu“ in elf Zeilen mit, dass er kündigt. Estimado Señor bedeutet „Sehr geehrter Herr“. Als würden sich die beiden kaum kennen.

Messi nennt die Klausel 24 seines Vertrages, demnach kann er bis zum 10. Juni eines Jahres, dann ist die Saison üblicherweise vorbei, den Verein verlassen. „Ich schätze und bedanke mich für alles, was mir während meiner Arbeitszeit hier geboten wurde“, schreibt Messi. Aber aus persönlichen Gründen habe er diese schwierige Entscheidung getroffen. „Atentamente, Lionel Andrés Messi Cuccittini“. Atentamente ist gerade mal „mit freundlichen Grüßen“.

Das dürre Schreiben ist die größte Wutgranate, die in der Geschichte des Fußballs gezündet wurde. Das Unvorstellbare geschieht: Messi -- verlässt -- Barça. In der weltweiten Gemeinde der Culers, der „Ärsche“, wie sich die Barça-Fans nennen, bricht Entsetzen aus. Culers versammeln sich schon Dienstagabend vor dem Stadion in Barcelona, dem gigantischen Camp Nou, und schreien ihren Frust heraus, „Messi Si! Barto No!“ In den Foren wird wild diskutiert.

„Ich glaube es nicht. Messi ist ein Gott. Bitte bleib noch eine Saison“ fleht ein Mitglied des Penya Barcelonista Berlin Culer. Auch viele Medien können es nicht fassen. „Festhalten! Mit dieser Nachricht bebt Barcelona – und die gesamte Fußballwelt. Lionel Messi (33) will den FC Barcelona verlassen. Noch einmal: LIONEL MESSI WILL DEN FC BARCELONA WIRKLICH VERLASSEN.“ Schreibt die „Bild“-Zeitung online, ausnahmsweise geschockt von der eigenen Schlagzeile.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

20 Jahre, 731 Spiele, 634 Tore

So endet eine Ära. Im September 2000 absolvierte Messi, ein kleinwüchsiger argentinischer Junge mit gerade mal 13 Jahren, sein erstes Probetraining bei Barça. 20 Jahre später, nach 634 Toren in 731 Spielen für den Verein, nach viermaligem Gewinn der Champions League, zehn Meistertiteln in der spanischen Liga und unzählbar erscheinenden weiteren Triumphen, ist mit einem schnöden Fax die Zeit bei Barça offenbar vorbei. Der Abgang könnte, auch da lauert wieder ein Superlativ, hässlicher kaum sein.

Messi ist 33, er könnte noch ein paar Jahre für Barça auflaufen und in einem pathetischen Abschiedsspiel die Huldigungen der Culers entgegennehmen. Doch er geht im Zorn nach der härtesten Niederlage, die der Verein jemals in der Champions League erlitt. Das 2:8 gegen Bayern München am 14. August war ein Desaster, das eine flaue Saison endgültig runierte. Kein einziger Titel. Messis Genialität reichte nicht, Barça war von früheren Höchstleistungen weit entfernt. Aber der Unmut reicht noch weiter.

Sein Freund Luis Suárez wurde bereits abserviert

Der Argentinier fühlt sich schon länger von Bartomeu verraten. Der Präsident ließ offenbar über eine dubiose Agentur gehässige Sprüche über Messi und Ex-Trainer Pep Guardiola verbreiten. Es gab Streit um den Gehaltsverzicht der Spieler in der Corona-Krise, auch da wurden öffentlich Gerüchte über Messi gestreut. Und er war genervt, weil der neue Trainer Quique Setién, der im Januar den lethargischen Ernesto Valverde ablöste, keinen Schwung in die Mannschaft brachte. Aber der letzte bittere Tropfen war für Messi der Umgang mit seinem bestem Freund im Team, Luis Suárez.

Irgendwann bleibt nur die Erinnerung. Lionel Messi mit langen Haaren und ohne Tatoos im Jahr 2006.
Irgendwann bleibt nur die Erinnerung. Lionel Messi mit langen Haaren und ohne Tatoos im Jahr 2006.

© AFP

Der uruguayische Torjäger, auch eine lebende Legende, wurde nach dem 2:8 vom Verein rüde abserviert. Ronald Koeman, den Bartomeu als Nachfolger für den geschassten Setién geholt hatte, teilte Suárez in einem kurzen Telefonat mit, er solle sich einen neuen Verein suchen. Suárez ist mit 198 Toren der dritterfolgreichste Stürmer in Barças Geschichte. Und er war der einzige, der bei dem 2:8 für das Team ein Tor erzielte, das andere war ein Eigentreffer von David Alaba. Der unwürdige Umgang Koemans mit Suárez, wohl nicht gegen den Willen von Bartomeu, soll Messi maßlos empört haben. Das karge Fax an den Präsidenten ist auch im Stil die Revanche für den kalten Anruf Koemans bei Suárez. Eine Genugtuung für den Uruguayer. Er applaudierte Messi bei Twitter.

Und Messi ist jetzt schon ein katalanischer Nationalheiliger. Ministerpräsident Quim Torra, ein inbrünstiger Separatist, twitterte am Dienstag, „Katalonien wird immer dein Heim sein. Vielen Dank für all diese Zeiten der Glückseligkeit und des außergewöhnlichen Fußballs. Wir haben das Glück gehabt, einige Jahre unseres Lebens mit dem besten Spieler der Welt und einem noblen Sportler zu teilen. Wir werden dich nie vergessen.“ Im Mai 2019 hatte Torra bereits Messi mit dem „Creu de Sant Jordi“ (Sankt-Georgs-Kreuz) ausgezeichnet. Für Verdienste um Katalonien. Messi hält sich allerdings von den Separatisten und von Politik überhaupt fern.

Der FC Barcelona will ihn nicht ziehen lassen

Wie geht es weiter? Das Drama eskaliert immer mehr zur Tragödie. Bartomeu will Messi nicht ziehen lassen, jedenfalls nicht ablösefrei. Es beginnt das Geschacher um die Klausel, die Messi im Fax erwähnte. Er will ohne Ablöse gehen können, sonst wäre er viel zu teuer. Bartomeu beharrt aber auf der astronomischen Ablösesumme von 700 Millionen Euro. Der Vertrag ende erst 2021.

Der Präsident meint zur Klausel der vorzeitigen Kündigung, hätte Messi im Mai angekündigt, im Juni gehen zu wollen, wäre er gratis zu haben gewesen. Jetzt nicht mehr. Doch für Messi, so wird in Medien kolportiert, ist in diesem Jahr die Frist bis Mai/Juni nicht ans Ende der üblichen Spielzeit gekoppelt. Wegen der Corona-Krise und der späten Finalrunde in der Champions League sei die Saison erst jetzt vorbei. Also könne er noch die Klausel ziehen und ablösefrei Barça verlassen. Nun droht ein Rosenkrieg. Reiche Anwälte werden noch reicher.

Wo Messi landen wird, ist offen. Er und sein Vater sollen in Mailand Luxuswohnungen gekauft haben, das könnte ein Hinweis auf Kontakte zu Inter Mailand und dessen chinesischen Investor sein. Andererseits steht Messi auch heute noch seinem einstigen Mentor Pep Guardiola nahe, der Manchester City trainiert, auch kein Klub für Arme. Manchester United und Paris Saint Germain werden ebenfalls genannt. Aber wer auch immer den Argentinier einkauft, muss sich auf saftige Gehaltsforderungen einstellen.

Messi soll nach Medienberichten bei Barça mehr als 70 Millionen im Jahr verdienen . Das werden selbst ManCity und Inter Mailand kaum zahlen. Und 700 Millionen Ablöse schon gar nicht. Vielleicht werden auch Spieler getauscht. Jeder Deal ist möglich. Und Messi könnte versuchen, Bartomeu zu zermürben. Der Megastar soll angekündigt haben, nicht mehr beim Training zu erscheinen. Ein wochenlanges Gezerre dürfte Messi Sympathien kosten. In den Foren der Culers gibt es schon Stimmen, die sich ein neues Barça vorstellen können. Ohne Messi.

Zur Startseite