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Sind so leere Sitze... Das Stadion an der Alten Försterei.

© Soeren Stache/dpa

Das Zuschauerkonzept des 1. FC Union: Ein erster, unvollkommener Schritt

Mit Tests und personalisierten Karten will Union die Anhänger ins volle Stadion lassen. Doch das Konzept beantwortet viele Fragen nicht. Ein Kommentar.

Laut Dirk Zingler ist das, was der 1. FC Union am Dienstag vorstellte, nur ein erster Schritt in Richtung volle Stadien. Und viel mehr kann es tatsächlich nicht sein. Denn im Köpenicker Ringen um die vollen Ränge gibt es nach wie vor viel mehr offene Fragen, als zufriedenstellende Antworten. Am Dienstag schilderte Union zum ersten Mal konkret, wie der Klub wieder Zuschauer in die Alte Försterei bekommen will.

Mit Präventivtests, personalisierten Karten, Symptom-Fragebogen und einem Ampelsystem am Eingang will der Köpenicker Bundesligist dafür sorgen, dass Anhänger das Stadion besuchen können, ohne sich dort an die Abstandsregeln einhalten zu müssen. Das Konzept soll erstmals Anfang September bei einem Testspiel vor 3000 Zuschauern ausprobiert werden.

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Damit will der Klub aber schon die Weichen für ein volles Stadion setzen, und womöglich für die Wiederzulassung von Großveranstaltungen im Allgemeinen. Als Teil der Veranstaltungsbranche sehe sich Union „in der Pflicht, aktiv und mit ganzer Kraft nach sicheren Wegen zur Rückkehr in einen wirtschaftlichen Betrieb zu suchen,“ sagte Vereinspräsident Zingler. Als Vordenker und Branchenretter präsentiert sich der Klub vor allem im ersten von den zwei Dokumenten, die er am Dienstag veröffentlichte. Dort behauptet Union unter anderem, dass Massentests für Veranstaltungen den allgemeinen Infektionsschutz stärken können, indem sie asymptomatischen Menschen eine Motivation geben, sich testen zu lassen.

Ob solche Nutzen tatsächlich stärker als die allgemeinen Gefahren einer großen Menschenversammlung sind, müssen und werden die Politiker und die Epidemiologen beurteilen. Vermutlich hängt es auch stark von der Umsetzung des Konzepts ab, das Union im zweiten Dokument schildert.

Und so schön verständlich und detailliert die Abläufe eines Stadionbesuchs dort auch beschrieben werden, ist dieses Konzept in seiner jetzigen Form bei Weitem nicht wasserdicht. Das Ticketing-System und die Errichtung von Teststellen und zusätzlichen Eingangskontrollen wirken zwar durchaus realistisch. Auch die Finanzierung soll mit Sponsorenhilfe für Union machbar sein. Bei der An- und Abreise sowie bei der Nachverfolgung bleiben aber wesentliche Fragen noch unbeantwortet.

Es ist zu begrüßen, dass der Klub nach mutigen Wegen sucht, mit dem Virus zu leben

Wie soll man zum Beispiel möglichst sicher sein, dass sich die Zuschauer nicht zwischen Test und tatsächlichen Stadionbesuch nicht infizieren? Bis auf eine Aufforderung, im ÖPNV oder beim Carsharing auf dem Weg zum Test und zum Spiel eine Maske zu tragen, gibt es darauf keine Antwort. Ein allgemeines Anreise-Konzept, um die Züge und Trams am Spieltag nicht zu überlasten, bleibt bisher auch aus.

Dass Union als Veranstalter nur im Umfeld des Stadions die Hoheit hat, ist auch ein Problem bei der Nachverfolgung. Diese soll ja vereinfacht werden, indem das Stadion in Blöcken aufgeteilt wird. Dass die Zuschauer auch vor und nach dem Spiel nur in Kontakt mit Menschen aus ihrem eigenen Block kommen, ist aber schwer vorstellbar. Schließlich fährt man immer noch mit der Bahn.

Schließlich geht man immer noch in die Kneipe. Und gerade dort trifft man auch Menschen, denen Fußball egal ist und die verständlicherweise fragen könnten, warum auch sie den Risiken einer solchen Großveranstaltung ausgesetzt werden.

Womöglich werden solche Fragen in den kommenden Wochen noch ausreichend beantwortet werden. Und grundsätzlich ist es zu begrüßen, wenn Organisationen, die es können, lösungsorientiert und mutig nach Wegen suchen, mit dem Virus zu leben. Unions Zuschauer-Plan ist nun zwar mehr als nur die Schnapsidee, für die viele sie halten wollten.

Aber so, wie es jetzt aussieht, ist er auch nicht mehr als ein unvollkommener erster Schritt.

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