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In der Kritik. Bruno Labbadia und mehr noch Manager Michael Preetz (l.) werden für das freudlose Ende eines ohnehin freudlosen Jahres verantwortlich gemacht.

© AFP

Das Jahr 2020 war wieder mal eine Enttäuschung: Jetzt ist Feierabend bei Hertha BSC

Obwohl Hertha BSC 2020 so viel Geld investiert hat wie noch nie, steht die Mannschaft schlechter da als vor einem Jahr. Das wirft Fragen auf. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Stefan Hermanns

Freunde des gepflegten Sarkasmus können vermutlich selbst der Tatsache noch eine positive Seite abgewinnen, dass Hertha BSC dieser Tage nicht mehr im DFB-Pokal vertreten ist. Nach Lage der Dinge und so wie das Jahr 2020 bisher verlaufen ist, bleibt dem Verein dank des Ausscheidens schon in der ersten Runde vermutlich nur eine weitere Enttäuschung erspart.

Für Hertha ist seit Sonntag Feierabend. Dieses Gefühl haben viele Anhänger des Klubs derzeit auch im übertragenen Sinne. Das 1:4 in Freiburg hat sie in eine Art Fin-de-Siècle-Stimmung gestürzt. Die Niederlage war der passende Abschluss eines Jahres, das mit einem 0:4 gegen die Bayern schon unschön begonnen hat und in der Folge nicht frei war von Turbulenzen. Der eigentlich für 2020 erhoffte Aufbruch in neue Höhen musste jedenfalls wieder einmal verschoben werden.

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Dabei war alles so euphorisch im Januar – nicht nur weil wir noch keine Ahnung von Corona hatten. Jürgen Klinsmann verbreitete als Trainer und PR-Agent des Investors Lars Windhorst Aufbruchstimmung, Hertha haute passend dazu die Kohle raus und verpflichtete für fast 80 Millionen Euro neue Spieler. Und im Sommer, als alle sparen mussten, konnte der Klub sogar noch mal rund 30 Millionen nachschießen.

Mit dem Resultat, dass die Mannschaft in der Fußball-Bundesliga am Ende des Jahres zwei Plätze schlechter dasteht als zu dessen Beginn.

Preetz und Labbadia stehen in der Verantwortung

Natürlich fällt das auf die Verantwortlichen zurück, mehr und mehr auch auf den Trainer Bruno Labbadia. Im Frühjahr, nach den von Klinsmann ausgelösten Verwerfungen, hat er die taumelnde Mannschaft in kurzer Zeit entscheidend stabilisieren können; im Herbst aber muss man feststellen: Es ist ihm bisher nicht gelungen, auch den nächsten Schritt zu gehen. Das Team hat Talent, aber es hat keinen inneren Zusammenhalt, wie nicht zuletzt die erste Halbzeit des Spiels in Freiburg gezeigt hat.

Noch viel mehr als auf Labbadia fällt der Gesamtzustand von Mannschaft und Verein auf Michael Preetz zurück. Herthas Geschäftsführer Sport wandelt auf einem schmalen Grat zwischen wirtschaftlicher Vernunft und verzagter Genügsamkeit. Seit mehr als zehn Jahren trägt Preetz bei Hertha BSC die sportliche Gesamtverantwortung: In der ganzen Zeit hat sich der Klub nur sehr punktuell über das Mittelmaß erhoben.

Investor Lars Windhorst murrt schon länger

Das mag verzeihlich gewesen sein, als der Klub penibel mit dem Geld haushalten musste. Mit Windhorsts Millionen aber ist eine neue Situation entstanden. Die Haltung der Basis zu Preetz ist nach zwei Abstiegen ohnehin schon länger mit Skepsis grundiert, aber nun entsteht auch aus dem Inneren deutlich mehr Druck. Dass der Investor murrt, dürfte sich inzwischen rumgesprochen haben.

Es hilft Preetz nur bedingt, dass er unter schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen durchaus erfolgreiche Transfers getätigt hat. Die Bedingungen sind jetzt andere. Durchwursteln reicht nicht mehr.

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