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Thomas Bach, Präsident des IOC.

© AFP/Coffrini

Das IOC und Russland: Olympia hat an Glaubwürdigkeit verloren

Trotz eindeutiger Beweislage für staatlich gelenktes Doping lässt das IOC russische Sportler für Olympia zu. Formal betrachtet keine falsche Entscheidung. Aber auch nicht die richtige. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christian Hönicke

Thomas Bach hat bisher noch immer die richtigen Strategien entwickelt, um Angriffe zu parieren. Einst als Fechter, nun als Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Am Sonntagabend hatte er seinen bisher schwersten Kampf auszufechten, und diesmal kam er nicht ohne Kratzer davon. Trotz der eindeutigen Beweislage für staatlich gelenktes Doping lässt das IOC russische Sportler für die Olympischen Spiele in Rio zu. Formal betrachtet ist es keine falsche Entscheidung. Aber es ist auch nicht die richtige.

Der oberste olympische Taktierer argumentiert mit dem Recht des einzelnen Athleten auf faire Behandlung – und ja, das Recht des Einzelnen ist ein hohes Gut. Doch die Beweislage im Fall Russland war so eindeutig, dass der Komplettausschluss des Teams gerechtfertigt gewesen wäre. Der russische Staat hat Doping in großem Stil organisiert, mehr als 600 positive Proben sind zudem verschwunden. Es mag Athleten geben, die sich nichts zu Schulden haben kommen lassen. Aber wie genau soll das bewiesen werden? Selbst die härteren Auflagen für russische Sportler sind keine Garantie für ihre Sauberkeit.

Bach will sich, das IOC und seine Spiele so kurz vor Rio nicht beschmutzen

Bachs salomonische Lösung entspringt wohl weniger humanitären als taktischen Überlegungen. Er will sich, das IOC und seine Spiele so kurz vor Rio nicht beschmutzen durch die Causa Russland, deshalb hat er die Eskalation vermieden. Er spielt auf Zeit und stellt vage Sanktionen in Aussicht, eigene Aufklärungsanstrengungen unternimmt das IOC dabei nicht. Es delegiert die Verantwortung für die unangenehmen Entscheidungen an den Internationalen Sportgerichtshof (Cas) und die einzelnen Sportverbände.

Das mag sportpolitisch clever sein, aber es reicht nicht. Gerade weil Bach nicht mit aller Härte die unverhandelbaren Werte des Sports verteidigt hat, bleibt einiges haften. An ihm, an Russland – und an Olympia. Die olympische Idee hat durch den Fall Russland an Glaubwürdigkeit verloren. Es braucht entschlossenes Handeln, sie zurückzugewinnen. Der Ausschluss wäre ein wichtiger erster Schritt gewesen. Thomas Bach ist ihn nicht gegangen. Ob er der Richtige für die Schritte ist, die nach Rio nötig sind? Nach der Entscheidung vom Sonntag sind Zweifel daran angebracht.

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