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180 Punkte sollen es sein. In der Arena am Ostbahnhof dreht sich diesmal alles um diese Zahl. Mehr geht nicht mit drei Würfen.

© Mykel Nicolaou/dpa

Darts am Ostbahnhof: "Das ist alles etwas irre"

11.000 Fans wollen in Berlin die Premier League Darts sehen. Kommentator Elmar Paulke über den Mix aus Sport und Party, höhere Mathematik und seinen Wechsel.

Herr Paulke, Sie haben einmal gesagt, Darts sei ein Mix aus Sport, Kostümen, Party und ein bisschen Irrenhaus. Wie ist die Verteilung dieser Komponenten?

Die Party und die Kostüme sind sehr wichtig. Ohne geht es nicht. Das ist alles etwas irre. Aber Darts ist vor allem Sport. Wenn jemand zwei perfekte Aufnahmen spielt…

…und Chancen auf den sehr seltenen Neundarter hat, also mit neun Würfen von 501 auf null Punkte kommen kann…

…wird es schlagartig ruhig. Darts ist ein Mentalsport. Lautstärke, Hitze durch die Scheinwerfer, der Gegner, der dir vielleicht eine 180 reinknallt – da muss man mental stark sein. Außerdem kannst du nicht durch einen Fehler des Gegners gewinnen, du musst den letzten Pfeil ins Doppelfeld bringen. Das ist faszinierend.

Sie haben 13 Jahre für das DSF beziehungsweise Sport1 Darts kommentiert, gelten als Stimme dieses Sports in Deutschland. Jetzt sind sie zum Sport-Streamingdienst DAZN gewechselt. Warum?

Ich war 18 Jahre bei Sport1 und bin dem Sender sehr dankbar. Ich habe mich auch nicht gegen Sport1, sondern vielmehr für eine neue Herausforderung entschieden. Bei DAZN, die auch die Rechte an den Events der PDC (Professional Darts Corporation, d. Red.) halten, kann ich deutlich mehr Darts kommentieren, 60 bis 70 Tage im Jahr. Wir planen auch, mehr Sachen abseits der Turniere zu machen.

Zum Beispiel?

Ich werde Profis zu Hause besuchen, nach dem Motto „Elmar trifft…“. Auch mal raus aus der Kommentatoren-Box, rein ins Geschehen. Insgesamt ist das ein neuer Ansatz der Berichterstattung und ein gutes Paket, das mir gefällt.

Sind Sie ein guter Dartsspieler?

Ganz sicher nicht. Ich spiele gelegentlich mit meinen Söhnen.

Und waren Sie in der Schule gut in Mathe?

Einigermaßen, ja.

Hilft das, wenn Sie voraussagen, über welche Felder ein Spieler gehen wird, um einen Durchgang zu gewinnen?

Ein Gefühl für Zahlen kann nicht schaden. Aber mit der Zeit sind das Schablonen im Kopf. Bestes Beispiel ist mein sieben Jahre alter Sohn. Er weiß noch nicht, dass zwölf mal zwölf 144 ist. Aber wenn ich frage: Wie checkt man 144, antwortet er: Triple 20, Triple 20, Doppel 12.

Am Donnerstag kommen 11 000 Zuschauer zur Premier League in Berlin. Überrascht Sie die Zahl?

Eine unglaubliche Zahl vor dem Hintergrund, dass es keinen Star aus Deutschland gibt. Normalerweise ist es so, dass ein Sportler Erfolg hat und dadurch die Sportart populär wird, wie zum Beispiel bei Boris Becker und Steffi Graf oder später bei Michael Schumacher.

Elmar Paulke, 47, kommentiert seit 2004 Darts. Bisher für Sport 1, jetzt für den Streamingdienst DAZN. Auch am Donnerstag aus Berlin. Er hat mehrere Darts-Bücher geschrieben.
Elmar Paulke, 47, kommentiert seit 2004 Darts. Bisher für Sport 1, jetzt für den Streamingdienst DAZN. Auch am Donnerstag aus Berlin. Er hat mehrere Darts-Bücher geschrieben.

© Willi Weber/dpa

Und beim Darts?

Waren zuerst die Fernsehübertragungen da. Darüber haben die Fans gemerkt: Das ist super, was die in England machen. Das machen wir in Deutschland genauso. In den letzten Jahren ging es noch mal richtig ab. Über 2,7 Millionen TV-Zuschauer in der Spitze beim WM-Finale 2018 an Neujahr, jetzt über 10 000 Fans in Berlin. In Deutschland gibt es einen wahren Hype. Es gab aber auch mal andere Zahlen.

Erzählen Sie bitte.

2015 war eine Veranstaltung in Berlin im Maritim Hotel. Die hatten einen netten, holzvertäfelten Raum, quasi Pub-Atmosphäre. Doch mehr als 600 Zuschauer waren nicht da. An Premier League in Berlin war nicht zu denken. PDC-Chef Barry Hearn hat die Idee jedoch immer verfolgt. Jetzt hat das „Heute Journal“ über die WM in London berichtet. Mich buchen Firmen aus der Finanzbranche, die Darts-Events veranstalten. Darts ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Was ist das Erfolgsrezept?

Die Spieler wirken nicht wie Helden. Aber sie werden gefeiert wie Popstars. Weil sie bodenständig sind. Und die Fans sind Teil der Show, tragen Kostüme, halten Schilder hoch und kommen ins Fernsehen. So gibt es Momente, von denen die Leute Freunden erzählen. Die kriegen auch Lust auf Darts. Wir leben in einer Event-Zeit. Da passt Darts perfekt rein.

Der 16-malige Weltmeister Phil Taylor hat aufgehört. Wie wird die Zukunft ohne ihn?

Noch vor einigen Jahren wäre das dramatisch für Darts gewesen. Er hat diesen Sport groß gemacht. Aber die Entwicklung ist weitergegangen. Die Fans werden weiter vom Taylor Wonderland singen. Wenn jedoch van Gerwen oder Wright die Bühne betreten, denken sie nicht mehr an Taylor.

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