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Hoher Besuch. Auch die designierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen freute sich.

© dpa

CHIO in Aachen: Isabell Werth ist ewig erfolgreich

Isabell Werth lässt der Konkurrenz beim CHIO in Aachen auch mit 50 Jahren keine Chance. An den Ruhestand denkt sie noch lange nicht.

Isabell Werth hat man beim Aachener CHIO in all den Jahren oft jubeln gesehen. Meist reckt sie nach ihren Aufritten im Dressurviereck die Arme in den Himmel, ballt die Faust und tätschelt verzückt lächelnd den Hals ihres Pferdes. All dies tat sie auch am Sonntag, immer wieder, und in variierender Reihenfolge. Unter Applaus, der nicht enden wollte. Im Publikum lagen sich die neue EU-Kommissions-Präsidentin und Pferdefreundin Ursula von der Leyen und Werths Mäzenin Madeleine Winter-Schulze glücklich in den Armen. In ihrer langen Laufbahn hat Isabell Werth schon so viel gewonnen, ihr 13. Sieg im Großen Preis von Aachen fiel dennoch in die Kategorie „unvergessliche Erfolge“.

Die Reiterin aus Rheinbach am Niederrhein wurde am Sonntag 50 Jahre und triumphierte in der Kür mit ihrer Fuchsstute Bella Rose mit dem Spitzenergebnis von 90,450 Prozent. „Es war traumhaft“, sagte Werth, nachdem die Zuschauer im Dressurstadion ein „Happy Birthday“ für sie gesungen hatten. „Der Druck war etwas größer als sonst, denn ich wollte den Geburtstag ja feiern“, fügte sie hinzu. Sie hatte kämpfen müssen. Rang zwei belegte Dorothee Schneider mit Showtime (89,660) vor Jessica von Bredow-Werndl mit Dalera (87,595). Werth ging als letzte Starterin ins Viereck, ließ die starke Konkurrenz aus dem eigenen Team cool hinter sich – und zeigte sich wieder einmal begeistert von ihrer 15-jährigen Bella Rose, denn: „Ihre Einstellung ist sensationell, auch ihr Charisma.“ An den Tagen zuvor hatte Werth in Aachen mit Bella Rose bereits den Grand Prix und den Spécial gewonnen.

Isabell Werth ist als Sportlerin unverwüstlich. Lange schon ist die Juristin und Mutter eines neunjährigen Sohnes die erfolgreichste Reiterin der Welt. Dennoch wirkt sie frisch, erfolgshungrig und enthusiastisch wie in den Anfangstagen ihrer internationalen Karriere, als sie 1989 den ersten ihrer 17 Europameistertitel holte. Man muss aufpassen, dass man sich nicht verzählt, wenn man ihre Erfolge auflistet. Sechs Mal olympisches Gold und vier Mal Silber hat sie gewonnen. Neunmal war sie Weltmeisterin.

Der Erfolg ist hausgemacht. Ihre Pferde für die Dressur entdeckt sie stets selbst – mit finanzieller Unterstützung der Millionärin Winter-Schulze, die die Tiere für die Reiterin kauft. Es ist Werths Ehrgeiz und Passion, ausschließlich Pferde zu reiten, die sie persönlich ausgebildet hat. Den berühmten Hengst Totilas zu übernehmen, der ihr 2010 von Paul Schockemöhle angeboten wurde, kam für sie nicht in Frage.
Werth hat viele Pferde an die Weltspitze gebracht, zum Beispiel den Wallach Gigolo, mit dem sie 1992 in Barcelona den ersten Olympiasieg feierte. Oder den genialen, aber schwierigen Satchmo, der Werth 2008 in Hongkong in der Prüfung die Zusammenarbeit verweigerte und bei einer Piaffe wild bockte – was Werth damals um olympisches Gold brachte.

Überhaupt hat sie auch schwierige Karrierephasen durchlebt und überstanden. 2009 wurde sie für sechs Monate gesperrt, weil bei ihrem Pferd Whisper im Wettkampf Fluphenazin, ein Beruhigungsmittel, festgestellt wurde. 2012 wurde ihr El Santo positiv auf ein Magenmedikament getestet, was als verbotene Medikation, nicht als leistungssteigerndes Doping gewertet wurde. In zweiter Instanz wurde aus einer Sperre eine Geldstrafe. Seitdem ist nichts dergleichen mehr geschehen. Sie sei sehr vorsichtig geworden bei der Behandlung von Pferden, sagte Werth einmal.

Dank Bella Rose sieht ihr Reiterleben nun vor allem rosig aus. Werth nennt die elegante, langbeinige Stute, die als Dreijährige zu ihr kam, ihr „Traumpferd“. 2014 wurde sie mit ihr in der Normandie bereits Mannschafts-Weltmeisterin. Danach fiel Bella Rose jedoch wegen verschiedener Bein-Verletzungen fast vier Jahre lang aus. Werth gab sie nicht auf und feierte 2018 mit ihr bei ihrem WM-Sieg in Tryon ein gefeiertes Comeback. Seitdem ist Bella Rose fit geblieben und soll, wenn alles gut geht, im kommenden Jahr bei den Olympischen Spielen in Tokio zum Einsatz kommen. Es wäre die sechste Olympia-Teilnahme in Werths Laufbahn.

Ruhestand? Um Gottes Willen, sie werde doch 50 und nicht 100 Jahre alt, sagte Werth unlängst in einem Interview. Außerdem stehen in ihrem Stall Nachwuchsstars, zum Beispiel der zehnjährige Belantis und der drei Jahre jüngere Superb, von denen sie sich viel verspricht. Und, wer weiß, vielleicht wird man Isabell Werth auch noch auf dem Rücken eines dieser Pferde in Aachen jubeln sehen.

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