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Eine echte Bank, auf deren miese Laune stets Verlass ist; José Mourinho.

© dpa

Champions-League-Kolumne „Kit’s Corner“: Warum Citys Sperre Genugtuung für Jose Mourinho ist

Die Auswirkungen der Europapokalsperre für Manchester City sorgen für Chaos. Nur einer freut sich, der Antiheld des modernen Fußballs: José Mourinho.

Für Jose Mourinho dreht sich die Welt bekanntlich immer um Jose Mourinho. Auch dieses Wochenende, als sich der englische Fußball mit dem Erdbeben um Manchester Citys Champions-League-Ausschluss auseinandersetzte, dachte Mourinho erst einmal an sich selbst.

„Ich muss fragen, ob das Team, das 2018 Zweiter in der Premier League wurde, jetzt Meister wird?“ sagte der Portugiese am Sonntag mit einem Lächeln. Gemeint war Manchester United, dessen damaliger Trainer Jose Mourinho hieß. Schon während jener Saison hatte Mourinho mehrmals über Citys angebliche Verstoße gegen die Financial-Fairplay-Regeln der Uefa herumgemault. Nun hat er seine Genugtuung.

Läuft nicht bei Guardiola? Mourinho gefällt das

Der Antiheld des modernen Fußballs war immer ein Freund des Chaos. Und da das jetzige Chaos ausgerechnet seinen alten Rivalen Pep Guardiola ins Herz trifft, lächelt Mourinho umso mehr

Während Guardiola nun unter noch gewaltigerem Druck steht, den Henkelpott in dieser Saison endlich für City zu gewinnen, kann sich Mourinho zurücklehnen. Seinem Verein Tottenham Hotspur steht gerade kein Ausschluss aus dem europäischen Wettbewerb bevor. Und während City nächste Woche Real Madrid schlagen muss, sind die Spurs an diesem Mittwoch gegen RB Leipzig sogar leichter Favorit.

Mourinho, der bereits mit dem FC Porto und Inter Mailand die Champions-League gewonnen hat, weiß besser als viele, dass ein bisschen Chaos vonnöten ist, wenn man sich als beste Klubmannschaft des Kontinents krönen will. Für Vereine wie City und Paris Saint-Germain, heutiger Gegner von Borussia Dortmund, war das bisher immer ein Problem.

Schwerer Schlag. Die Zukunft von Starcoach Pep Guardiola ist nach der Sperre offen.
Schwerer Schlag. Die Zukunft von Starcoach Pep Guardiola ist nach der Sperre offen.

© Nick Potts/dpa

Sowohl City als auch PSG wurden mit dem Geld eines Golfstaats aus dem nationalen Mittelmaß und in die europäische Elite geholt. Grob formuliert basiert ihr Erfolgsmodell darauf, so reich zu sein, dass man nicht verlieren kann. Im Ligageschäft, wo sich eine durchschnittliche Überlegenheit immer auszahlen wird, funktioniert diese Logik noch. In der Champions League hingegen nicht unbedingt. Die Ironie der Uefa-Entscheidung gegen City ist, dass der Verein trotz all seines Geldes ja bisher nur einmal im Halbfinale der Champions League gestanden hat.

Das heißt natürlich nicht, dass Geld im europäischen Wettbewerb keine Tore schießt. In den letzten zehn Saisons hat der Champions-League-Sieger nur zweimal weniger als 70 Millionen Euro für Transfers ausgegeben. 2017 sowie 2018 hatte Real Madrid zwar bemerkenswert ungalaktische Bruttoausgaben von jeweils 30 und 40 Millionen Euro. In ihren zwei vorherigen Erfolgsjahren 2014 und 2016 gaben die Spanier aber insgesamt 268 Millionen für neue Spieler aus.

Andererseits gab es auch immer wieder Mannschaften, die trotz relativ bescheidener Mittel sehr weit gekommen sind. Man denke an Ajax in der vergangenen Saison. Oder an Atletico Madrid, 2014 und 2016 mit Blut, Schweiß und Schläue das Finale erreicht. Die Klage, die Champions League würde ständig von den selben Teams dominiert, war immer nur bedingt gerechtfertigt.

Auch in dieser Saison ist es alles andere als unvorstellbar, dass Atletico den aktuellen Titelträger und die beste Mannschaft der Welt im Achtelfinale schockiert. Das Team von Diego Simeone spielt am Dienstag gegen Jürgen Klopps Liverpool, das in dieser Saison 25 von bisher 26 Ligaspielen gewonnen hat und nicht umsonst als Favorit gilt, 2020 den größten europäischen Titel zu verteidigen.

Wie entscheidet der Sportgerichtshof Cas?

Aber auch Liverpool, das zur Zeit wie eine nahezu perfekte Fußballmannschaft erscheint, hat in der Champions League schon einmal verloren in dieser Saison: im ersten Gruppenspiel setzte es ein 0:2 gegen den SSC Neapel. Auch in der letzten Spielzeit, als die Reds fast 200 Millionen Euro in ihren Kader investierten, brauchten sie am Ende einen spontanen, chaotischen Geniestreich von einem Spieler aus der eigenen Akademie, um ins Finale zu kommen.

Die reichsten Vereine würden diese Unberechenbarkeit – dieses Chaos – am liebsten aus dem Spiel verbannen. Die Uefa-Entscheidung gegen City, die wohl noch vom internationalen Sportgerichtshof Cas geprüft werden muss, könnte den Streit um die Zukunft des Wettbewerbs noch verschärfen.

In der Zukunft dürfte die Champions League sehr wohl eher wie eine Liga aussehen, in der Reichtum ein verlässlicher Garant für Erfolg ist. Schon die jetzigen Champions-League-Strukturen haben schreckliche Auswirkungen auf die nationalen Ligen. Aber der Wettbewerb an sich bleibt spannend. Mit Beginn der Play-off-Phase in dieser Woche darf man es also auch so machen wie Jose Mourinho: einfach lächeln und ins Chaos zurücklehnen.

Kit Holden schreibt an dieser Stelle immer dienstags in den Spielwochen der Champions League aus britischer Sicht über Europas Fußball.

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