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Hiergeblieben. Die Münchner setzten an der Anfield Road alles daran, Jürgen Klopps FC Liverpool keine Räume für Konter zu bieten. So hatte es Mohamed Salah (links) oft gleich mit zwei Gegenspielern zu tun – wie hier mit David Alaba (rechts) und Javi Martinez.

© Phil Noble/Reuters

Champions League gegen den FC Liverpool: Ende eines Dogmas beim FC Bayern

Nach dem 0:0 im Achtelfinal-Hinspiel an der Anfield Road herrscht gerade bei den zuletzt viel kritisierten Münchner Defensivspielern viel Genugtuung.

Es war gar nicht so einfach, den FC Bayern am Dienstag an der Anfield Road zu erkennen – und das lag nicht nur an den sehr gewöhnungsbedürftigen mintfarbenen Auswärtstrikots. Beim achtfachen Europapokalsieger FC Liverpool spielte der siebenfache Europapokalsieger aus München so zurückgezogen wie seit Jahren nicht mehr. „Wir haben es uns selber bewiesen, dass wir es defensiv können. Wir hatten uns das wirklich vorgenommen, hier kein Gegentor zu kassieren“, sagte Manuel Neuer nach dem 0:0 im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League beim englischen Tabellenzweiten. „Das war ein tolles Signal.“

Es war vor allem ein Signal von Niko Kovac. Anders als Louis van Gaal, der 2009 den Ballbesitzfußball beim FC Bayern implementierte, und Pep Guardiola, der diesen später perfektionierte, ist der aktuelle Münchner Trainer kein Dogmatiker. Gegen Jürgen Klopps bekannten Umschaltfußball wählte Kovac eine Taktik, die in vielen Aspekten eher seiner Frankfurter Mannschaft aus der vergangenen Saison ähnelte.

"Erstklassig eingestellt"

Die Außenverteidiger David Alaba und Joshua Kimmich standen deutlich tiefer und beteiligten sich nur sporadisch am Angriffsspiel, selbst die Flügelstürmer arbeiteten viel defensiv mit. Im Aufbauspiel mieden die Münchner das Mittelfeldzentrum, um Liverpool erst gar nicht die Möglichkeit zu geben, in dieser gefährlichen Zone den Ball zu gewinnen. So kam es, dass Neuer rekordverdächtige 69 Ballkontakte hatte – nur Kimmich, Niklas Süle, Mats Hummels und Thiago hatten mehr – und sich die Innenverteidiger dann fast an der eigenen Eckfahne anboten. Im Zweifel folgte dann der weite Ball nach vorne.

Schön war das nicht, effektiv aber durchaus. Liverpool hatte durch Mohamed Salah und Sadio Mané zwar Chancen, aber kaum gefährliche Umschaltmomente. „Wichtig war, dass wir als Verbund gut agiert haben, dass wir auf vielen Positionen defensiv gedacht haben“, sagte Hummels. „Ganz so schlecht, wie teilweise geschrieben wurde, sind wir auch nicht.“

Es war eine gewisse Genugtuung bei den Münchner Defensivspielern zu spüren. In den vergangenen Wochen kassierten die Bayern viele vermeidbare Gegentore – zuletzt beim 3:2 gegen Augsburg, davor auch im Pokal gegen den nächsten Bundesliga-Gegner Hertha BSC (Samstag, 15.30 Uhr). Nun zeigten besonders Hummels und Javi Martinez, dass sie nicht die Konstanz alter Tage haben, aber mit der Motivation der großen Europapokalabende immer noch auf hohem Niveau mithalten können. „Die Art und Weise, wie die Mannschaft gespielt hat, hat mir sehr gefallen“, sagte Präsident Uli Hoeneß und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge lobte Kovac, der die Mannschaft „erstklassig eingestellt“ habe.

Lewandowski war meist auf sich allein gestellt

Viel Kritisches war nach dem Teilerfolg nicht zu hören, nur Robert Lewandowski, der vor allem in der zweiten Halbzeit im Angriff völlig auf sich allein gestellt war, machte keinen sonderlich glücklichen Eindruck. „Das war defensiv sehr gut von uns. Offensiv hätten wir noch mehr riskieren können“, sagte der Pole. Eigene Chancen hatten die Münchner in der Tat kaum und ein 0:0 ist zwar eine gute, gleichzeitig aber auch brandgefährliche Ausgangslage.

Im Rückspiel müssen die Bayern den schwierigen Balanceakt aus mehr offensivem Risiko und dringend nötiger Konterabsicherung bewältigen. Dabei fehlen wird der gelbgesperrte Kimmich, bei Liverpool kehrt Abwehrchef Virgil van Dijk zurück. Die Engländer haben in dieser Saison alle drei internationalen Auswärtsspiele verloren, wohl auch deshalb ist sich Klopp sicher, „dass Bayern sich besser fühlt als wir“. Ein Traumergebnis war das 0:0 Rummenigge zufolge aber auch für die Münchner nicht. „Es war keine Partystimmung in der Kabine – das hat mir gefallen.“ (mit dpa)

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