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Mit Bartosz Bialek (l.) und Maxence Lacroix hat der VfL Wolfsburg bisher nur zwei neue Spieler verpflichtet.

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Bundesliga-Vorschau (12): Der VfL Wolfsburg muss plötzlich auf jeden Euro achten

Der VfL Wolfsburg ist inzwischen beinahe ein normaler Bundesligist – mit ganz alltäglichen Sorgen und Nöten.

Von Christian Otto

Am 18. September startet die Fußball-Bundesliga in die neue Saison. In unserer Serie testen wir die Vereine. Heute Teil zwölf: VfL Wolfsburg.

Was hat sich verbessert?

Unter der Obhut von Geschäftsführer Jörg Schmadtke ist der einst großspurige VfL Wolfsburg kleinlauter und normaler geworden. Heimlich, still und leise hat man sich von teuren Transfers und hohen Erwartungshaltungen verabschiedet. Genau das tut offenbar gut. Die Fallhöhe ist deutlich geringer geworden. Keiner erwartet etwas ganz Großes vom Pokalsieger aus dem Jahr 2015. So schnell wird das auch gar nicht möglich sein. Auf dem Weg in die Europa League stehen in Kürze Qualifikationsspiele gegen FK Kukësi (Albanien) und Desna Chernigiv (Ukraine) an. Das klingt nur bedingt nach ganz großem Sport.

Wer sind die Neuen?

Mit Bartosz Bialek ist ein Sturmtalent verpflichtet worden. Der 18-Jährige machte in seiner Premierensaison in Polens Ekstraklasa mit neun Toren und 29 Einsätzen auf sich aufmerksam. Fünf Millionen Euro mussten für den 1,91 Meter großen Bialek überwiesen werden, von dem in Wolfsburg aber noch nicht viel zu sehen war. Er hat gerade sein Debüt für Polens U21-Nationalmannschaft gegeben und fehlte deshalb zehn Tage lang. Weitere fünf Millionen Euro haben die Niedersachsen für den Franzosen Maxence Lacroix bezahlt. Der 20 Jahre alte Innenverteidiger kommt vom FC Sochaux. „Mit Maxence gehen wir unseren Weg konsequent weiter, talentierte, junge und hungrige Spieler nach Wolfsburg zu holen, die sich bei uns auf hohem Niveau weiterentwickeln und ihren nächsten Karriereschritt machen können“, erklärt Sportdirektor Marcel Schäfer.

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Wer hat das Sagen?

Dass Schmadtke in Wolfsburg Teil einer dreiköpfigen Geschäftsführung ist, dürfte viele überraschen. Der 56-Jährige genießt durch seine witzige bis freche Art eine hohe Akzeptanz in den Medien, weshalb bundesweit in erster Linie er als VfL-Chef wahrgenommen wird. Sein Vertrag ist vorzeitig um ein Jahr bis 2022 verlängert worden. Als Nachfolger für Schmadtke wird Schäfer aufgebaut. Bis 2017 hatte der 36-Jährige noch seine Schuhe für den Klub geschnürt. Danach ist ihm der Wechsel vom Stollenschuh zum Stehkragen perfekt gelungen. „Wir wollen als Verein den nächsten Schritt machen“, sagt Schäfer über das Wolfsburger Saisonziel. Besser beziehungsweise vorsichtiger hätte Schmadtke das auch nicht formulieren können.

Was erwarten die Fans?

Bei den Fans kommt die neue Ausrichtung gut an. Viele Anhänger sehen eine Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb nicht mehr als Ziel, sondern nur noch als Belohnung für eine gute Saison. Weg vom Relegationsplatz und Werksklubimage, hin zu bescheidenen Ambitionen und sympathischen Auftritten. So abwegig erscheint vielen diese Variante gar nicht.

Was ist in dieser Saison möglich?

Mit den Abstiegsrängen sollte der VfL dank der immer noch vorhandenen Qualität im Kader nichts zu tun haben. Als Favorit im Kampf um die internationalen Plätze gehen die Wolfsburger allerdings auch nicht in die Saison. Cheftrainer Oliver Glasner hat eine ordentliche Debütsaison hingelegt und wird daran anknüpfen wollen. Es riecht allerdings eher nach einer mittelmäßigen Saison. Aufpassen müssen die Männer des VfL, dass sie hausintern nicht von der Frauenabteilung überholt werden. Mit einem Mini-Etat von rund fünf Millionen Euro (oder einem Bartosz Bialek) haben die Frauen nämlich in den vergangenen Jahren viermal in Folge das nationale Double gewonnen. Zuletzt ging es sogar bis ins Champions League-Finale, internationale Anerkennung und Berichterstattung inklusive. Dazu würden die Männer sicherlich nicht Nein sagen.

Und sonst?

Lediglich zwei Neuzugänge im Sommer: Eine solch defensive Transferstrategie lässt aufhorchen. Wolfsburg entwickelt sich immer mehr zum Ausbildungsverein und investiert in die Zukunft. „Wir sind aufgefordert, auf jeden Euro zu achten“, sagt der für die Finanzen zuständige VfL-Geschäftsführer Michael Meeske. Auch Cheftrainer Glasner lässt durchklingen, dass sich der Wind gedreht hat: „Wir können keinen Leroy Sané oder Kai Havertz verpflichten. Es gibt gewisse Restriktionen.“ Es sieht fast so aus, als würde aus dem vom Volkswagen-Konzern finanzierten VfL Wolfsburg ein normaler Bundesligist mit alltäglichen Sorgen werden.

Bisher erschienen:

Teil 1: VfB Stuttgart – sympathisch und unerfahren wie nie
Teil 2: Arminia Bielefeld ist immer für eine Überraschung gut
Teil 3: Werder Bremen will endlich wieder Spaß
Teil 4: Der FC Augsburg sucht eine neue Hierarchie
Teil 5: Glück allein wird dem 1. FC Köln nicht reichen
Teil 6: Mainz 05 will aus der Jugend eine Tugend machen
Teil 7: Auf Schalke glänzt nur noch die Knappenschmiede
Teil 8: Der 1. FC Union ist auf allen Ebenen aktiv
Teil 9: Hertha BSC und ein Sack voller Zweifel
Teil 10: Bei Eintracht Frankfurt tragen sogar die Stars Preisschilder
Teil 11: Der SC Freiburg und die Grenzen der eigenen Möglichkeiten

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