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Hertha hofft in dieser Saison auf viel Jubel aus der Ostkurve.

© dpa/Stache

Bundesliga-Start: Hertha BSC kokettiert mit Zurückhaltung

Im deutschen Fußball gibt es einen regelrechten Fetisch ums Saisonziel. Herthas Haltung ist dabei dabei defensiv – das muss nicht schlecht sein. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stefan Hermanns

Der SV Werder Bremen hat sich am Donnerstag klar positioniert. Der Fußball-Bundesligist, im vergangenen Jahrzehnt noch der große Konkurrent der Bayern, will in der heute beginnenden Saison zurück nach Europa. Nach Jahren im – wohlwollend – Mittelmaß sendet der Klub auf diese Weise ein deutliches Signal: Wir sind ehrgeizig, wir sind selbstbewusst – wir wollen wieder wer sein! „Ich glaube, dass man hohe Ziele benötigt, um sie erreichen zu können“, sagt Werders Spieler Philipp Bargfrede.

Und was sagt das jetzt über Hertha BSC? Die Berliner sind in der Vorsaison einen Platz vor Werder eingelaufen. Aber sie wollen offenkundig nicht den Eindruck erwecken, übermäßig ehrgeizig zu sein und allzu selbstbewusst. Ihr Saisonziel lautet: einstelliger Tabellenplatz, im Zweifel also einen Platz besser zu sein als in der vergangenen Spielzeit.

Wer sich nicht forsch gibt, gilt schnell als Feigling

Im deutschen Fußball gibt es einen regelrechten Fetisch ums Saisonziel. Wer sich nicht forsch gibt, gilt schnell als Feigling. Max Eberl, Manager von Borussia Mönchengladbach, kann ein Lied davon singen, weil er Jahr für Jahr dafür belächelt wurde, wenn er wieder einen einstelligen Tabellenplatz als Ziel ausgerufen hat. Nur einen einstelligen Tabellenplatz. Trotzdem haben sich die Gladbacher in vier der letzten sieben Jahre für den Europapokal qualifiziert. Realismus und Erfolg schließen sich also nicht zwingend aus. So wie Realismus eben auch nicht zwingend Ausweis mangelnden Ehrgeizes sein muss.

Dass Werder mutig ist, muss genauso wenig falsch sein wie die defensive Haltung Herthas. In Bremen gibt es dank Trainer Kohfeld eine riesige Euphorie um Werder, die im Saisonziel ihren Widerhall findet und durch eine ambitionierte Transferpolitik gestützt wird. Bei Hertha hingegen besteht auf den ersten Blick kein Grund zu übertriebener Ausgelassenheit. Die Berliner gehen mit einer eingespielten und stabilen Mannschaft in die Saison. Sie haben sich allerdings nicht so verstärkt, dass ein Sprung von mehr als einem Tabellenplatz unbedingt zu erwarten ist. Das reservierte Publikum positiv zu überraschen ist Hertha trotzdem nicht verboten.

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