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Die Torgefahr in Person. Nils Petersen (l.) mit Freiburgs Trainer Christian Streich.

© Patrick Seeger/dpa

Bundesliga-Saisonvorschau (4): SC Freiburg: Schluss mit Bescheidenheit

Der Sport-Club aus Freiburg freut sich über jede Bundesliga-Saison. Doch diesmal scheint viel mehr möglich als der Klassenverbleib.

Am 24. August startet die Fußball-Bundesliga in die neue Saison. In unserer Serie testen wir die Vereine. Teil 4: SC Freiburg.

Was hat sich verbessert?

Auf jeden Fall der Freiburger Kontostand. Am Donnerstagabend bestätigte Leicester City den Transfer von Innenverteidiger Caglar Söyüncü auf die Insel. Sportlich ein Verlust für den SC Freiburg, soll der türkische Nationalspieler dem Verein wohl 21 Millionen Euro einbringen. Trotzdem muss den SC-Fans nicht bange sein, denn die Freiburger Verantwortlichen haben eine ordentliche Portion Qualität in den Kader gesteckt. Der hat sich – trotz Söyüncüs Abgang – dementsprechend verbessert. Trainer Christian Streich würde sagen: „Ganz unsexy sind wir nicht.“ Abgegeben wurden – außer Söyüncü – vor allem Altlasten wie Aleksandar Ignjowski oder Karim Guédé. Weh tun werden die Abgänge von Innenverteidiger Marc-Oliver Kempf (VfB Stuttgart) und des langjährigen Kapitäns Julian Schuster, der seine Karriere beendete. Er bleibt dem SC aber als „Verbindungstrainer“ erhalten und kümmert sich künftig um die Zusammenarbeit von Nachwuchs und Profibereich. Die dürfte sich also ebenfalls verbessern.

Wer sind die Neuen?

Neben zwei Eigengewächsen aus der zweiten Mannschaft und vier Spielern, deren Leihen ausliefen, hat der SC tatsächlich ordentlich zugelangt. Fünf Millionen bezahlten die Verantwortlichen für Stürmer Luca Waldschmidt vom HSV, drei für Dominique Heintz aus Köln. Viel für den SC, wenig im internationalen Vergleich. Oder wie Streich sagen würde: „Es motiviert uns, dass wir es anders machen, als diejenigen, die einfach den Geldbeutel aufmachen.“ Dazu wurde Philipp Lienhart nach der Leihe in der vergangenen Saison fest von Real Madrid verpflichtet und Jerome Gondorf kam aus Bremen. Im Endeffekt hat Freiburg alle Planstellen, die durch Abgänge geöffnet wurden, auch wieder gefüllt.

Wer hat das Sagen?

An der Seitenlinie natürlich Christian Streich, der mit Abstand dienstälteste Trainer der Bundesliga ist seit 2011 Chef im Breisgau. Daran hat sich nichts geändert. Auf dem Platz ist durch Schusters Karriereende allerdings ein kleines Vakuum entstanden. Dienstältester Profi ist Ur-Freiburger Nicolas Höfler. Ansonsten wären da noch Mike Frantz, mit 31 der Älteste im Kader, und natürlich Nils Petersen. Alles keine wirklichen Lautsprecher. Die Vergangenheit hat aber auch gezeigt: Die braucht es in Freiburg nicht. Und das Sprücheklopfen wird auch diese Saison der Cheftrainer höchstpersönlich übernehmen. Entgegen seiner früheren Worte: „Man verändert sich immer, weil man hat ja Stoffwechsel. Man ist ja nicht tot.“

Was erwarten die Fans?

Zur Erinnerung: Wir sprechen hier über den SC Freiburg. Den Verein, der schon vor Jahren klarstellte, zu den besten 22 Fußballvereinen Deutschlands gehören zu wollen. Jede Bundesliga-Saison ist im Breisgau ein Highlight. Es gibt deutschlandweit vermutlich keinen Klub mit größerem Hang zum Understatement. Auch beim Trainer („Die Qualität vom Peter Stöger, die werden sie hier nicht erleben. Da kann ich 100 Jahre alt werden. So cool wie der werd' ich nie.“) und ebenso auf den Rängen. Erwartet wird der Klassenerhalt, wie eigentlich jedes Jahr, alles andere ist Bonus. Insgesamt gehen die Fans aber mit einem guten Gefühl in die Saison: Die Mannschaft scheint torgefährlicher geworden zu sein, die Spielzüge wieder etwas gradliniger, die jungen Spieler haben Erfahrung gesammelt und sich dadurch verbessert. Es scheint zu stimmen an der Dreisam. Finden übrigens auch die Menschen bei Google Reviews: glatte fünf Sterne für den Freiburger Fluss.

Was ist in dieser Saison möglich?

Streich würde sagen: „Ich weiß nicht was morgen ist. Wenn ich das wüsste, das wäre ja furchtbar.“ Wir sagen: Mehr als letztes Jahr, als der SC bis kurz vor Schluss um den Klassenerhalt zittern musste. So viel steht schon mal fest. Der Eindruck der Fans lässt sich bestätigen, die Verantwortlichen haben den Kader klug verstärkt. Insbesondere Dominique Heintz fügte sich gut ein und wird für die Spieleröffnung wichtig werden. Letzte Saison hatte Freiburg die zweitschlechteste Offensive der Liga (trotz Nils Petersen); auch daran haben sie im Breisgau gedreht: stringenter Angriffsfußball und mit Waldschmidt eine neue Alternative vorne. 58 Tore in sieben Testspielen sprechen eine eindeutige Sprache. Für den großen Wurf Richtung Europapokal wird es vermutlich nicht reichen. Aber eine sichere Saison ohne größere Sorgen und Platz zehn nach 34 Spielen sind allemal drin.

Und sonst?

Im Gegensatz zur Dreisam hat der SC selbst keine absolute Topbewertung bei Google, sondern läppische 4,6 Sterne. Die Bewertungen sind gespalten: „Immer wieder top... friedliches Publikum, Wurst und Bier erschwinglich“ steht „Schlechte Behandlung durch Ordner, Polizei usw.“ gegenüber. Unsere Empfehlung: Am besten selbst ein Bild machen. Von Berlin nach Freiburg sind es ja lediglich rund 809 Kilometer mit dem Auto – die längste Auswärtsfahrt der Liga.

Bisher erschienen: 1. FC NürnbergFortuna Düsseldorf, VfL Wolfsburg. Nächste Folge: FSV Mainz 05

Tobias Finger

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