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Ob Adi Hütter die Trainer-Geschichte der Bundesliga prägen kann wie Max Merkel und Ernst Happel?

© imago/Rene Schulz

Bundesliga: Der deutsche Fußball und seine österreichischen Trainer

Adi Hütter sorgt mit Eintracht Frankfurt für Furore. Seine Türöffner heißen Stöger und Hasenhüttl, doch die Vorgeschichte ist noch viel länger.

Die Bundesliga – genauer: die „deutsche Bundesliga“, so viel Zeit muss in Österreich sein – sei schon immer sein Ziel gewesen. Das hat Adi Hütter, Vorarlberger und seit Sommer Trainer von Eintracht Frankfurt, oft genug erklärt. In Österreich und der Schweiz hat Hütter jeweils die Meisterschaft gewonnen, vor dem Spiel am Sonntag gegen Wolfsburg (18 Uhr) ist er mit der Eintracht schon einmal auf Champions-League-Kurs. „Wenn man in Österreich und in der Schweiz Erfolg gehabt hat, ist es legitim, in die Bundesliga wechseln zu wollen“, hatte Hütter einmal dem Schweizer „Tagesanzeiger“ gesagt.

Sportlich und wirtschaftlich ergeben sich im deutschen Profigeschäft größere Möglichkeiten, zugleich fällt die Sprachbarriere weg – auch wenn es in Österreich gerne heißt, beide Länder trenne die gemeinsame Sprache. Hütter ist damit bereits der 13. Österreicher, der einen Bundesligaklub coacht; die Zahl wird nur von bislang 17 niederländischen Trainern übertroffen. Mit Helmut Senekowitsch hat Hütter sogar einen landsmännischen Vorgänger bei der Eintracht: Für den österreichischen Heldentrainer der „Schmach von Córdoba“ war 1982 nach fünf Niederlagen in sechs Spielen jedoch direkt schon wieder Schluss mit Bundesliga.

Den Anfang machte Max Merkel

Begonnen hatte aber alles schon viel früher mit dem legendären Max Merkel: In der Gründungssaison 1963/1964 ging der Wiener mit 1860 München an den Start. Von Spielern wegen seines rauen Umgangstons und harten Trainings gefürchtet, in den Medien wegen seiner bissigen Sprüche beliebt („Das Schönste an Gelsenkirchen war schon immer die Autobahn nach München“), avancierte Merkel spätestens durch den Münchner Meistertitel 1966 zum ersten Startrainer der Bundesliga.

Seine zweite Meisterschaft feierte Merkel 1968 mit dem 1. FC Nürnberg. Nur neun Monate später trat er jedoch vorgeblich aus gesundheitlichen Gründen zurück – die Nürnberger waren da gerade Tabellenletzter und stiegen später als einziger amtierender Meister der Bundesligageschichte ab. Sein Assistent Robert Körner, ebenfalls Wiener, wurde sein Nachfolger; er verlor jedoch seine ersten beiden Spiele und musste direkt wieder gehen – nur Jörg Bergers Amtszeit bei seinem Einsatz als Feuerwehrmann in Bielefeld 2009 war noch kürzer.

Merkel fasste danach nicht mehr richtig Fuß in der Bundesliga, auf Schalke und in Karlsruhe überstand er jeweils keine ganze Saison mehr. 1978 wollte ihn Bayern-Präsident Wilhelm Neudecker nach München holen, scheiterte mit diesem Plan jedoch an seinen rebellierenden Spielern – der autoritäre Merkel polarisierte einfach zu stark.

Kein Österreicher war erfolgreicher als Happel

Auch österreichische Spielerlegenden wie Franz Binder und Ernst Ocwirk blieben zu Beginn der 70er Jahre als Trainer von 1860 München bzw. des 1. FC Köln nicht länger als eine Saison in der Bundesliga. Erst ein Jahrzehnt später brannte sich mit dem unvergessenen Ernst Happel beim Hamburger SV ein weiterer österreichischer Trainer tief in die Ligageschichte ein: „In einer Manndeckung hast du elf Esel auf dem Platz“, lautete Happels Credo. Aus seiner Zeit in den Niederlanden brachte er Pressing und Raumdeckung mit nach Deutschland und führte den HSV so zu zwei Meisterschaften sowie mit dem Gewinn des Europapokals der Landesmeister 1983 zum größten Triumph der Vereinsgeschichte.

Ikone. Ernst Happel ist der wohl klangvollste Name aus dem österreichischen Trainer-Geschäft.
Ikone. Ernst Happel ist der wohl klangvollste Name aus dem österreichischen Trainer-Geschäft.

© picture alliance / Werner Baum/d

Manager Günter Netzer wollte ihn eigentlich bereits 1978 nach Hamburg lotsen, das verweigerte jedoch der DFB aufgrund einer fehlenden deutschen Trainerlizenz – dass Happel zu diesem Zeitpunkt bereits etliche Titel gewonnen hatte, interessierte den Verband nicht. „Am deutschen Trainerwesen soll die Welt genesen“, echauffierte sich der „Kicker“ deshalb. Drei Jahre später klappte es dann, und Happel, der Inbegriff des mürrischen Grantlers mit Wiener Schmähl, verabschiedete sich erst sechs Spielzeiten später mit dem Pokalsieg.

Keiner der ihm folgenden sechs Landsmänner konnte jemals wieder an Happels Erfolge anknüpfen: Felix Latzke, 1982 beim „Nichtangriffspakt von Gijón“ für das österreichische Team zuständig, schaffte später mit Waldhof Mannheim in einer dramatischen Relegationsrunde im Elfmeterschießen des Entscheidungsspiels auf neutralem Platz gegen Darmstadt 98 zumindest den Klassenerhalt.

Von "Färöer-Pepi" bis Hasenhüttl und Stöger

Auf Josef Hickersberger lastete noch die Blamage als Nationaltrainer des österreichischen Teams, das 1990 in der EM-Qualifikation gegen die Färöer-Inseln mit 0:1 verloren hatte. Als er bald nach seinem Rücktritt bei Fortuna Düsseldorf landete, machten die Fans aus ihrer Arroganz gegenüber dem österreichischen Fußball keinen Hehl und der Boulevard verspottete „Färöer-Pepi“.

Zehn Jahre dauerte es so, bis österreichische Trainer wieder bei Bundesligaklubs gefragt sein sollten: Der Tiroler Kurt Jara hielt sich beim HSV nach heutigen Maßstäben schon beinahe biblische zwei Jahre im Amt. Nach seiner Entlassung erkannte er im Tagesspiegel-Interview jedoch bereits die Zeichen der Zeit („Der Rauswurf war gut für mein Image“) und rettete später noch den 1. FC Kaiserslautern vor dem Abstieg. Um die gleiche Zeit hievte es zudem Peter Pacult vom Co-Trainer zum Chefcoach bei 1860 München. Noch heute spart der Wiener nicht mit ausgiebigen Kommentaren zum aktuellen Treiben bei den Münchnern.

Als Türöffner für Adi Hütter müssen aber wohl Peter Stöger und Ralph Hasenhüttl gelten, die sich mit ihrer Arbeit der vergangenen Jahre in Köln und Dortmund bzw. Ingolstadt und Leipzig viel Respekt verschafften und nun auf den nächsten Schritt in ihrer Karriere warten – den ist Hütter durch die Erfüllung seines Bundesligatraums gerade gegangen.

Leonard Brandbeck

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