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eht euch warm an, Jungs! Ronald Koeman gibt jetzt die Kommandos in der niederländischen Nationalelf.

© picture alliance / dpa

Bondscoach Ronald Koeman: Wie Holland wieder konkurrenzfähig werden will

Die WM verpassten die Niederländer. Unter ihrem neuen Trainer Ronald Koeman müssen sie sich nun wieder hochdienen.

England kommt! Eigentlich eine schöne Sache für die fußballbegeisterten Niederländer, aber die Begeisterung lässt in diesen Tagen zu wünschen übrig. Zum Debüt des neuen Nationaltrainers Ronald Koeman am Freitag ist die stolze Elftal am Freitag in Amsterdam kaum mehr als ein Sparringspartner, wie auch vier Tage später beim Duell mit Portugal. Engländer und Portugiesen haben sich für die Weltmeisterschaft im Sommer in Russland qualifiziert, die einstige Weltmacht in Orange ist außen vor. Da fällt es schwer, so etwas wie Aufbruchstimmung zu erzeugen, Vorfreude auf eine womöglich neue goldene Ära unter Koeman, dem Kapitän jener Nationalmannschaft, die 1988 die Europameisterschaft gewann.

Das Debüt hätte schon 2014 stattfinden können. Doch damals, nach Platz drei bei der WM in Brasilien, flirtete der Verband nur mit Koeman und übertrug die Verantwortung lieber an andere. Zunächst an den Veteranen Guss Hiddink und ein Jahr später an das Leichtgewicht Danny Blind. Beide scheiterten, und in der Öffentlichkeit herrschte übereinstimmend die Meinung: Mit Koeman wäre das nicht passiert. Der einstige Abwehrchef genießt einen Ruf als Ergebnis-Trainer. Er hatte zum Beginn seiner Trainerkarriere erfolgreiche Jahre mit Feyenoord Rotterdam und wirbelte danach mit dem FC Southampton die Premier League durcheinander. Nur auf der nächsten Stadion beim FC Everton funktionierte es nicht. Jetzt darf er sich bei der Nationalmannschaft beweisen. Unter Koeman residieren die Niederländer nicht mehr im luxuriösem Hotel „ter Duin“ in Noordwijk am Meer, sondern im Trainingskomplex des Verbandes. Das symbolisiert Bescheidenheit und Demut.

Abenteuerlicher Fußball

Koeman lässt seine Mannschaften selten abenteuerliche Fußball spielen. Er baut auf eine gut organisierte Verteidigung, ungefähr so, wie es Louis van Gaal vor vier Jahren in Brasilien machte. Auch da brachte die Elftal schmucklosen Zweckfußball auf den Rasen, aber es hätte beinahe zum Einzug ins Endspiel gegen Deutschland gereicht. Im Halbfinale scheiterte die Niederlande unglücklich nach Elfmeterschießen an Argentinien. Van Gaals Nachfolger versuchten sich lieber an der Tradition des furiosen Angriffsfußballs – und scheiterten hoffnungslos.

Ronald Koeman hat keine andere Wahl. Er muss den kollektiven Charakter des Spiels betonen, denn die einst mit brillanten Individualisten gesegnete Mannschaft hat nur noch einen Weltstar – den Münchner Arjen Robben, und der hat sich aus der Elftal zurückgezogen. Der Torhüter Jasper Cillessen ist beim FC Barcelona nur die Nummer zwei. Der beste Mittelfeldspieler Davy Klaassen sitzt bei Everton meist auf der Bank. Auch das frühere Toptalent Memphis Depay zählt bei Olympique Lyon nicht immer zur Stammelf. Einzige Ausnahme ist Virgil van Dijk, an dem nach seinem Transfer zum FC Liverpool das Etikett des teuersten Verteidigers der Welt klebt.

Doch auch der ist noch lange nicht so gut, wie es Koeman einmal war. Der ist jetzt 54 Jahre alt und träumt immer noch vom Trainerjob beim FC Barcelona, den der Innenverteidiger 1992 zum Gewinn der Champions League führte. Dafür muss der Trainer Koeman Erfolge mit der Nationalmannschaft vorweisen. Darauf hofft nun die ganze Nation – aber die Nation weiß auch, wie weit der Weg dorthin ist. Einstweilen müssen sich die Niederländer als Sparringspartner hochdienen. Zum Beispiel am Freitag, in Amsterdam gegen England.

Mark Schalekamp

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