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Hand drauf: Die Golden State Warriors machen ihrem Favoritenstatus in der NBA alle Ehre.

© Steve Dykes/AFP

BIG FOUR - Die US-Sport-Kolumne: Golden State Warriors - Gemeinsam sind sie stark

Die Golden State Warriors dominieren in den NBA-Play-offs. Für den verletzten Superstar Kevin Durant springen die Kollegen in die Bresche.

In der National Basketball Association (NBA) gehört es mittlerweile zum guten Ton, dass sich die Teams für die Play-offs einen Leitspruch verpassen. Die Toronto Raptors etwa firmieren unter dem Motto „We the North“ - wir im Norden. Ein anderer Titelanwärter, die Milwaukee Bucks, macht sich ganz offiziell ein Späßchen aus seinem Vereinslogo: „Fear the Dear“, lautet das Motto des Teams aus dem waldigen Wisconsin. Fürchte den Hirsch, also. Und beim Titelverteidiger, bei den Golden State Warriors, ist aus dem Leitspruch ein regelrechtes Mantra geworden: „Strength in Numbers“, heißt es für das Team aus dem Sonnenstaate Kalifornien. Übertragene Bedeutung: Gemeinsam sind wir stark; wörtlich übersetzt: Stärke in Zahlen. Viel treffender kann man die beständig guten Leistungen der Warriors kaum zusammenfassen.

Seit Jahren bricht die Mannschaft von Head Coach Steve Kerr einen Rekord nach dem anderen: von den meisten Drei-Punkt-Würfen pro Saison über die meisten Punkte bis hin zur besten Bilanz der regulären Saison - der Meister der Jahre 2015, 2017 und 2018 hat bereits diverse Einträge in den NBA-Geschichtsbüchern sicher. Und ist noch immer hungrig nach neuen Bestmarken.

Wenn am 30. Mai die Finals beginnen, wird Golden State zum fünften Mal in Folge in einer Endspielserie vertreten sein. Nur die Boston Celtics der 50er und 60er Jahre waren noch erfolgreicher: zwischen 1957 und 1966 standen sie unglaubliche zehn Mal in Serie im Finale. Vor der Westerweiterung der NBA bestand die Liga seinerzeit allerdings nur aus wenigen Teams, die fast ausschließlich im Nordosten der USA beheimatet waren und sich nicht - wie heute - über den Kontinent verteilen. 

„Ich kann es kaum erwarten, dass die Finalserie losgeht“, sagte einer der Scharfschützen des Teams, Klay Thompson, nach dem siegreichen Halbfinale gegen die Portland Trail Blazers, das Golden State scheinbar mühelos mit 4:0 für sich entschieden hatte. „Wir wissen alle, dass wir jetzt Historisches erreichen können“, ergänzte der 29-Jährige. Zum ersten Mal seit über 20 Jahren könnte mit den Warriors ein NBA-Team den sogenannten „Threepeat“ schaffen, also drei Meisterschaften am Stück. Zuletzt gelang das den Los Angeles Lakers (1999 - 2001) und davor den Chicago Bulls um Basketball-Legende Michael Jordan, die zwischen 1996 und 1998 alles abräumten. Einer der Spieler, die damals im Bulls-Kader standen, war übrigens: Golden States Coach Steve Kerr. 

Mit Blick auf die Finalserie 2019 dürfen sich die Warriors also auf die Kraft der Erfahrung berufen - egal, ob ihr Gegner nun aus Milwaukee oder eben Toronto kommt. Im anderen Halbfinale steht es nach vier Begegnungen 2:2-Unentschieden zwischen Bucks und Raptors, das fünfte Spiel findet in der Nacht zu Freitag statt (2.30 Uhr, live bei Dazn). „Wir haben schon so viel zusammen erlebt, so viele verrückte Situationen und Spiele“, sagt ein anderer Führungsspieler der Warriors, namentlich Draymond Green. „Ich glaube, uns kann nichts mehr überraschen.“ 

Es klappt auch ohne Durant

Dabei sah es im Verlauf der Play-offs tatsächlich so aus, als könnte eine Personalie den Titelverteidiger aus der Bahn werfen: In der Play-off-Serie gegen Houston verletzte sich Superstar Kevin Durant so schwer an der Wade, dass er seither keine einzige Spielminute bestreiten konnte. Die Konkurrenz - über Jahre von den Warriors gedemütigt und an die Wand gespielt - witterte bereits Morgenluft, die ersten Experten stimmten Abgesänge auf den Serienmeister an: Wann sonst sollen die Warriors zu schlagen sein, wenn nicht jetzt ohne ihren Superstar? Schließlich war Durant nach seinem Wechsel 2016 jener Mann, der das Team auf ein noch höheres Niveau hievte. „Bevor Kevin kam, waren wir ein sehr gutes, schwer zu schlagendes Team“, hat Draymond Green einmal gesagt, „als er dann kam, waren wir so gut wie unschlagbar.“

Die berechtigten Hoffnungen auf spannende, umkämpfte Play-offs mit Warriors-Beteiligung sollten sich jedoch als Wunschgedanken herausstellen, als nette Theorien. In der Praxis steckte Kerrs Luxus-Kader den Ausfall seines größten Ausnahmekönners vergleichsweise locker weg. Ohne Durant besannen sich die Warriors wieder auf jene Art Team-Basketball, mit dem sie bereits zuvor erfolgreich gewesen waren. Sie verteilten die Last der Verantwortung auf viele Schultern: Draymond Green, der vielseitigste Akteur im Aufgebot und unumstrittene Anführer des Teams, spielte sich in den Vordergrund. Allein in der Halbfinal-Serie gegen Portland gelangen ihm drei Triple-Doubles, also Spiele mit zweistelligen Werten in relevanten Statistiken. Darüber hinaus taute auch Stephen Curry, der beste Distanzschütze der Liga, mehr und mehr auf. Und im Zweifelsfall gab und gibt es ja immer noch Klay Thompson, der Spiele an einem guten Tag ebenfalls praktisch allein entscheiden kann. 

Folglich läuft in den USA bereits die Diskussion, ob Golden State ohne Durant vielleicht sogar das bessere Team ist. „Bullshit“, sagt Green darauf angesprochen, „wir wären natürlich froh, wenn er in den Finals sein Comeback geben könnte.“ Ob es so weit kommen wird, ist im Moment allerdings noch unklar. Die medizinische Abteilung der Warriors hüllt sich seit der Verletzung in Schweigen. Klar ist aber auch: Selbst ohne Durant wird der Titelverteidiger in den Finals des Jahres 2019 garantiert nicht chancenlos sein. 

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