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Sandra Scheeres turnte bei einer Tagestour durch verschiedene Einrichtungen in Berlin unter anderem mit Grundschulkindern.

©  Engler

Bewegung im Schulsport: Früh übt sich

Der Berliner Senat und der Landessportbund wollen Kindern gezielt zu mehr Bewegung verhelfen – und an den Sport heranführen.

Es ist ein Problem, das Eltern beschäftigt und sich für ihren Nachwuchs dauerhaft negativ auswirken kann. Zu viele Kinder bewegen sich zu wenig, viele sind schon in jungen Jahren übergewichtig, und bei vielen sind die motorischen Fähigkeiten nicht besonders gut ausgeprägt. Nun ist es so, dass sich das Problem nicht allein auf Großstädte beschränkt, trotzdem fehlt es gerade dort oft an Möglichkeiten für die Kleinen, sich sportlich auszuprobieren und weiterzuentwickeln. Der Landessportbund Berlin will das mithilfe der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie ändern und die Kinder in Kindergärten und Schulen zu mehr Bewegung verhelfen.

„Es ist wichtig die Kinder durch vielfältige Bewegungsangebote zum Sporttreiben zu animieren“, sagte Thomas Härtel, der Präsident des Landessportbunds Berlin (LSB). Insgesamt investiert der Senat deshalb drei Millionen Euro in die sportlichen Angebote für die Kleinsten, jährlich werden dadurch 600 Kinder in sogenannten Bewegungsfördergruppen in Berlin gefördert. Wie das Ganze dann genau in der Realität aussieht, führte Härtel jetzt zusammen mit der Senatorin Sandra Scheeres (SPD) auf einer Tour durch verschiedene Einrichtungen vor.

Los ging’s im Pfiffikus-Kindergarten in Berlin-Mitte. Die Kita ist eine von 21, die sich am gemeinnützigen Programm „Kinder in Bewegung“ des Landessportbundes beteiligt. Ziel ist es, Sport in den Alltag zu integrieren – damit es für die Kleinsten selbstverständlich wird, sich zu bewegen und gesund zu leben. Außerem konzentriert man sich im Kindergarten Pfiffikus auch auf die Weiterentwicklung der Sprache. Im naturnahen Außengelände der Kita lernen die Kleinen, sich wie selbstverständlich in der Natur zu bewegen. Sie kraxeln im Klettergarten über eine Wasserlandschaft, sausen über eine Fahrradstrecke, arbeiten mit unterschiedlichsten Materialien oder hüpfen über eine Wiese mit zwei kleinen Zelten.

Insgesamt 135 Kinder im Alter von neun Monaten bis hin zur Einschulung sollen von den Angeboten profitieren. „Es ist enorm relevant, das Interesse für Bewegung frühzeitig zu wecken“, sagt Kita-Leiter Curtes Vollack. Dafür müsse man nur die richtigen Impulse setzen. So können sich die Kinder zum Beispiel ab 14 Uhr frei entscheiden, ob sie draußen toben wollen oder lieber im Innenbereich der Kita bleiben. Das Angebot ist jedenfalls groß. Ähnlich vielfältig sieht das Förderprogramm „Kleine kommen ganz groß raus“ im Vikihaus des neuen Vereinshauses von SV Rot-Weiß Viktoria Mitte 08 aus, die nächste Etappe auf der Tour der Senatorin.

Von Montag bis Freitag können Vorschulkinder hier in einem Turnraum an Sportkursen teilnehmen. Zum Beispiel können sie über einen spielerischen Parcours wandeln. So üben sie Koordination, aber lernen auch spielerisch, sich gegenseitig zu helfen. Übergeordnetes Ziel ist es, die Kinder nicht nur als potenzielle künftige Vereinsmitglieder an sich zu binden, sondern vor allem auch langfristig an den motorischen und kognitiven Fähigkeiten zu arbeiten.

Investition in die Zukunft

Kurz gesagt: Es ist – wie alle anderen Projekte für die Kinder – eine Investition in die Zukunft. In ganz Berlin kooperieren bereits 321 Kindertagesstätten. Besonders wertvoll ist es für Kinder aus sozial benachteiligten Familien, die in jungen Jahren oft noch keinerlei Berührungspunkte mit Sport gemacht haben. Ihnen widmet sich auch das Projekt „Berlin hat Talent“. Vor allem geht es darum, den Kleinen zu vermitteln, dass Bewegung nicht lästig ist, sondern durchaus Freude bringen kann. „Es ist besonders wichtig, die Motorik zu schulen“, sagte Senatorin Scheeres auf dem Hof der Carl-Bolle- Schule in Moabit. Wie es um die Fähigkeiten der Kinder steht, soll durch den deutschen Motoriktest ermittelt werden, der auch an dieser Grundschule durchgeführt wird. Schnelligkeit, Präzision, Koordination, Kraft, Ausdauer Gleichgewichtssinn: All das wird auf die Probe gestellt.

So kann einerseits genau festgestellt werden, wer wo Schwächen hat und gefördert werden muss. Andererseits können richtige Talente entdeckt werden. Eingeteilt werden die Kinder – je nach Testergebnis – in Bewegungsfördergruppen. An einer nahmen auch Scheeres und LSB-Präsident Härtel bei ihrer Tour Teil. Und es sah zumindest schon interessant aus, wie sie mit den Grundschulkindern zum Fliegerlied tanzten und hüpften und gestikulierten.

Sport neu entdecken

Und damit war das Tagesprogramm noch nicht zu Ende. An der Justus-von- Liebig-Grundschule in Berlin-Friedrichshain ging’s zum Bogensport für Viertklässler, von denen die allermeisten zuvor noch nichts mit diesem Sportgerät zu tun hatten. Trainer des Bogen- und Schiesssportverein BSSC Olympia zeigten, wie es geht.

Genauso läuft es auch mit anderen Sportarten. Immer wieder kommen Trainer an Ganztagsschulen und sollen Kinder für ihren Sport begeistern. Beim Bogenschießen funktionierte das ganz gut. In den angespannten Gesichtern konnte man ablesen, wie konzentriert die Kleinsten waren, als sie die Zielscheiben anvisierten.

Auch die Senatorin schien sichtlich beeindruckt zu sein und spannte kurzer Hand selbst den Bogen – die 20 Kinder lachten. Doch der Spaßfaktor ist nicht das einzige Kriterium. Vielmehr soll durch den Sport auch die Konzentration im Schulalltag gefördert werden. Es ist eben ein ganzheitliches Konzept. Für mehr Bewegung der Kleinen, mehr Talente im Sport – und weniger Sorgen bei den Eltern.

Kristina Smirnov

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