zum Hauptinhalt
Packt zu. Linebacker Katharina Fritsche im blau-gelben Trikot der Berlin Kobra Ladies stoppt ihre Gegenspielerin.

© promo

Berlin Kobra Ladies: Meisterinnen der Kollision

Die Berlin Kobra Ladies sind Deutschlands erfolgreichstes Footballteam. Ihr Trainer sagt: „Frauen arbeiten mit dem Kopf besser.“

Von David Joram

„Es hat richtig geknallt“, sagt Katharina Fritsche, die alle nur Kati nennen. Die 27-Jährige, ausgestattet mit vielen prächtigen Armtattoos, sitzt auf einer gelben Holzbank in der Harald-Mellerowicz-Halle in Berlin-Wilmersdorf, ihr Blick wandert umher, hin zu den 40 Footballerinnen der Berlin Kobra Ladies, die gerade Tacklings üben, vorbei an Hindernissen sprinten und Bälle werfen und fangen. „Es ist schön, Deutscher Meister zu sein, da kommen mir jedes Mal die Tränen“, erzählt Fritsche und blickt wieder zu ihren Teamkolleginnen, mit denen sie im September einen 26:6-Finalsieg gegen München feiern durfte. Bereits jetzt bereiten sich die Kobra Ladies auf die neue Saison vor – und testen dafür am Donnerstagabend in Berlin neues Personal.

Während Fritsche erzählt, ist es draußen längst dunkel und ruhig geworden, nur drinnen, da hallen die Kommandos wie Peitschenhiebe durch die hell beleuchtete Halle. „Ready, go“, „Ready, go“, immer wieder. Einem intensiven Aufwärmprogramm folgt ein straffes Auftakttraining. Die Coaches fordern viel an den sechs Stationen, vor allem Konzentration. Man ahnt, warum die Kobra Ladies schon elfmal Deutscher Meister geworden sind, was im Übrigen Rekord ist: Die 18 Spielerinnen, die neu dabei sind, lernen die Grundregeln schnell, die Intensität ist hoch, die Ansagen sind klar. „Football ist kein Kontaktsport. Tanzen ist Kontaktsport. Football ist eine Kollisionssportart“, wird Trainer Lukasz Kroll später sagen.

Der Traum vom nächsten Finale war dahin

Katharina Fritsche schaut zu. Sie darf nicht mitmachen, sie kann ja nicht. Sie sitzt auf dieser harten, gelben Bank und muss einen Kreuzbandriss auskurieren. Anfang August, die Kobra Ladies gastierten in Kiel, geschah das Unglück. „Das Knie war am Boden, der Oberkörper knickte nach hinten ab“, sagt Fritsche. Dann knallte es. Gespielt waren keine zehn Minuten. Die Frau mit der Rückennummer 55 musste runter vom Feld, der Traum vom nächsten Finale war dahin.

Fritsche, die schon seit elf Jahren für die Kobra Ladies als Linebacker Defensivaufgaben verrichtet, bastelt nun an ihrer Rückkehr. „Zum nächsten Finale will ich wieder dabei sein. So höre ich bestimmt nicht auf.“ Das Ziel sei auch in diesem Jahr die Meisterschaft, erklärt sie, die seit 2007 auf rund 700 Trainingseinheiten und knapp 100 Spiele kommt. „Es ist am Ende nur Routine, die Medaille an die Wand zu hängen. Der Rest nicht.“

Warum die Kobra Ladies in den vergangenen Jahren so oft so erfolgreich waren, liegt auch am hervorragenden Teamspirit. Nach München zum Finale fuhr Fritsche, die hauptberuflich als Erzieherin arbeitet, trotz frisch erfolgter OP „natürlich“ mit. „Zwischenzeitlich habe ich beim Spiel die Krücken fallen lassen, ich bin schier ausgerastet, habe geschrien. Nur zuschauen zu können war schon schlimm.“ Am Ende hat es gereicht.

Erfolgsfaktor Lukasz Kroll

Ein Erfolgsfaktor dürfte Coach Lukasz Kroll gewesen sein. Der 43-Jährige, der auch schon für die Berlin Rebels, die Thunderbirds und viele weitere Vereine gespielt hat, wirkt äußerst ehrgeizig und zielorientiert. Das sagt er auch von sich selbst: „Eine gute Planung ist mir sehr wichtig, ich bin ein Perfektionist, auch wenn das alles dann sehr zeitintensiv ist.“ Videoanalysen, von denen Fritsche behauptet, es gebe „viel zu viele“, gehören genauso dazu wie ein intensives dreitägiges Trainingslager um Ostern. Mehr als „Benzingeld“ erhält Kroll dafür nicht, Frauenfootball, sagt er, „ist die Randsportart unter den Randsportarten“.

Als Kroll vor etwas über zwei Jahren die Kobra Ladies übernahm, wollte er etwas aufbauen. Titel stünden nicht im Vordergrund, „sondern eine vernünftige Basis.“ Er habe auch beweisen wollen, dass Frauen – entgegen landläufiger Meinungen – durchaus Football spielen könnten.

„Die Hebel sind andere, Frauen arbeiten mit dem Kopf besser, Trainingsinhalte verinnerlichen sie nachhaltiger als Männer“, sagt Kroll. Nach zwei Jahren „Aufbauarbeit“ sei die Zeit nun reif für die Ernte. „Wir wollen unser Spiel nun rund und schön machen“, erklärt Kroll. Dass es bisher auch schon rund und schön lief, beweist die Nominierung zur Berliner Mannschaft des Jahres. Ein Riesending, finden die Spielerinnen. Sie stehen nun in einer Reihe mit Hertha, Alba oder den Volleys. Fritsche glaubt zu wissen, warum: „Wir machen eben kein Larifari hier, sondern hartes Training.“

Zur Startseite