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Augen zu und durch. Carlo Ancelotti beweist viel Weitblick - außer beim Jubeln.

© Imago/MIS

Bayern-Trainer entscheidet Spitzenspiel: Carlo Ancelotti - der Experte für besondere Schachzüge

Der FC Bayern hat RB Leipzig mit dessen Mitteln geschlagen - dank der taktischen Finessen von Trainer Carlo Ancelotti.

Das Glas in der Hand von Karl-Heinz Rummenigge ließ erahnen, was dort hinter verschlossenen Türen gleich passieren würde. „Heute trinken wir Schampus“, verkündete der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern später, als er wieder aus der Kabine kam, noch immer hielt er das Glas in der Hand, das allerdings nicht mehr ganz so gut gefüllt war. „Wir machen es ganz nobel.“ Wie eigentlich immer, wenn es etwas zu feiern gibt beim deutschen Rekordmeister. Die gute Stimmung am letzten Spieltag vor der Winterpause hatte weniger mit dem bevorstehenden Weihnachtsfest zu tun, sondern mit dem 3:0-Sieg am Mittwochabend.

Den hartnäckigen Verfolger RB Leipzig haben die Münchner damit zwar noch nicht abgeschüttelt, drei Punkte beträgt der Vorsprung des Spitzenreiters und der ist im Vergleich zu den vergangenen Jahren richtig mickrig, aber der Auftritt ist für die Konkurrenz „als wichtiges Zeichen“ zu verstehen, wie Rummenigge findet. Trainer Carlo Ancelotti sprach von der „besten ersten Halbzeit der Saison“ – und da wollte ihm auch niemand widersprechen.
Die Bayern hatten bisher in dieser Vorrunde selten richtig gut gespielt und oft eine Spur zu träge. Die einen sahen es als Folge des Trainerwechsels vom Perfektionisten Pep Guardiola, der nichts dem Zufall überließ und schon gar nicht die Aktionen seiner Spieler auf dem Platz, zum Gemütsmenschen Ancelotti mit seiner etwas lockeren Personalführung. Die anderen sahen die verloren gegangene Dominanz als Indiz für einen dringend benötigten Generationswechsel, weil die Leistungsträger fast alle 30 Jahre oder älter sind und Abnutzungserscheinungen zeigen würden. Ancelotti selbst ertrug die Kritik sehr gelassen und ließ nur ein paarmal durchblicken, dass es doch auf die zweite Saisonhälfte ankomme. Und nicht darauf, die Gegner schon in der Vorrunde an die Wand zu spielen – so wie in den vergangenen Jahren unter Guardiola, als die Münchner im April und Mai meist die physische und mentale Kraft fehlte.

Die Partie gegen Leipzig nährt nun die bayerischen Hoffnungen, dass die Mannschaft noch immer in der Lage ist, Gegner auf höchstem Niveau zu beherrschen, wenn es darauf ankommt. „Fast eine Demonstration der Klasse“ fand Rummenigge die Leistung. Die Bayern hatten die auf Gegenpressing spezialisierten Tempo-Fußballer aus Sachsen mit deren Mitteln geschlagen und die Leipziger eine halbe Stunde lang fast überrollt, bis ihnen der Platzverweis von Emil Forsberg wegen groben Foulspiels an Philipp Lahm beim Stande von 2:0 erlaubte, die Geschwindigkeit etwas zu drosseln.

Dass Ancelotti ein Experte für erfolgreiche Schachzüge ist, hatten die Münchner einst selbst einmal zu spüren bekommen. Als Trainer von Real Madrid überraschte und demütigte er Guardiolas Team im Champions-League-Halbfinale 2014 mit einem für die Spanier eigentlich unüblichen Konterfußball. Und nun bewies er, dass sich die Kunst des Ballbesitzes auch mit überfallartigen Angriffen kombinieren lässt – mit Hilfe von ein paar Positionsänderungen. Dass Thiago etwas weiter vorne im Mittelfeld agierte als sonst, „zwischen den defensiven Linien“, wie Ancelotti erklärte, war wohl der entscheidende Kniff. Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttl sprach von einer „Lehrstunde“, auch weil das Leipziger System nicht so funktionierte. „Wenn die Bayern dann ernst machen, ist es für uns nicht zu verteidigen“, gab er zu.

Wenn es am Ende kaum besser geht, spielt das, was nicht so gut war, keine so große Rolle mehr. „Wir haben ein tolles Jahr 2016 erlebt und sind jetzt bereit für den Weihnachtsbaum“, sagte Rummenigge. Doch auch in der Winterpause gibt es noch einiges zu tun. Während sich Verantwortlichen um die noch ausstehende Vertragsverlängerung von Arjen Robben kümmern werden, macht sich Innenverteidiger Mats Hummels Gedanken, wie er sich seiner neuen Haarfarbe schnellstmöglich wieder entledigen kann. Als Folge einer verlorenen Wette trat er am Mittwoch als Blondschopf auf. Der Innenverteidiger hatte sich leichtsinnigerweise auf dem Oktoberfest zum Dosenwerfen überreden lassen. „Der andere hatte nach dem ersten Wurf schon mehr getroffen als ich nach dem dritten. Das war eine Demütigung.“ Das empfanden die Leipziger womöglich am Mittwoch auf dem Fußballplatz auch.

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