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© dpa

Bayer Leverkusen: Schock der Realität

Im Pokal scheitert Leverkusen früh an sich selbst. Für Bayer bahnte sich das Unheil langsam an, aber der Routinier Bernd Schneider schien es zu ahnen.

Eine Viertelstunde vor dem Ende der regulären Spielzeit war Bernd Schneider, dem begnadeten Mittelfeldtechniker und Kapitän von Bayer Leverkusen, das letzte Quantum Leichtigkeit abhanden gekommen. Schneider schien schon beim Stand von 0:0 im DFB-Pokalspiel der ersten Runde beim Zweitliga-Aufsteiger FC St.Pauli diesen eigentlich sehr angenehmen Sommertag zu verfluchen. Er haderte mit seinen Teamkollegen, debattierte mit seinem Gegenspieler Thomas Meggle, und er attackierte Schiedsrichter Florian Meyer (Burgdorf) mehrmals lautstark. Am Unparteiischen lag es aber gewiss nicht, dass der Uefa-Cup-Teilnehmer Leverkusen vor 14 908 Zuschauern am Millerntor 0:1 (Torschütze Fabian Boll) verlor.

Für Bayer bahnte sich das Unheil an: langsam, aber der Routinier Schneider schien es zu ahnen. Das Spiel besaß Ähnlichkeit mit einem Armdrücken zwischen zwei Gegnern, die an diesem Tag beinahe gleich gut waren. Letzten Endes verhalf die Unterstützung des Publikums dem Außenseiter dazu, in diesem Kräftemessen die Hand des Gegners sachte nach unten zu drücken. „Ich hatte die Leverkusener schon stärker erwartet. Wir hätten es sonst eben über die Verlängerung gemacht“, sagte St. Paulis Abwehrspieler Carsten Rothenbach.

Bayer wurde einmal mehr seinem Ruf gerecht, zu oft am eigenen Anspruch zu scheitern. In dieser Saison will das Team in der Bundesliga oben mitspielen. Einige träumten sogar leise vom DFB-Pokalgewinn, dem ersten seit 1993. Zwei Optionen hatte es dafür bis zum Sonnabend um 17 Uhr 22 gegeben. Der vermutlich einfachere Weg, der Pokal, ist nicht mehr gangbar. Und angesichts der gezeigten Leistung am Millerntor ist wirklich nicht davon auszugehen, dass die Spieler zu einem solchen Erfolg in der Lage sind wie ihre Vorgänger aus dem Jahr 1988. Damals gewann Bayer den Uefa-Cup.

Eine Blamage sei die Niederlage gegen St.Pauli nicht gewesen, beteuerte Sportchef Rudi Völler. Vielmehr hoffte er auf einen heilsamen Schock. „Wir sind wieder in der Realität angekommen“, sagte Völler. Bernd Schneider wiederum hat bei all seiner Klasse noch nie einen bedeutenden Pokal in Händen gehalten. Fraglich, ob es ihm je gelingen wird, schließlich wird er im November 34 Jahre alt.

Nicolas Thomsen[Hamburg]

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