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Neu-Nationalspieler Karim Bellarabi gibt für Bayer Vollgas - kann das Verderben aber auch nicht immer verhindern.

© dpa

Bayer Leverkusen gegen St. Petersburg: Mit Vollgas ins Verderben

Das Spiel von Bayern Leverkusen krankt an mangelnder taktischen Variabilität – Trainer Roger Schmidt steht nach mehreren verspielten Siegen vor dem Spiel in der Uefa Champions League gegen St. Petersburg unter Druck.

Wenn Rudi Völler ernsthaft verärgert ist, dann ist es vorbei mit der Diplomatie. Wie am vergangenen Samstag, als er nach dem 3:3 von Bayer Leverkusen beim VfB Stuttgart (Spielbericht) befand: „Nach dem 3:3 gegen Bremen dachte ich, es würde kein beschisseneres 3:3 geben. Aber es gibt immer noch eine Steigerung.“ Im Heimspiel gegen Werder hatte Bayer Leverkusen im September einen 1:2-Rückstand aufgeholt. In Stuttgart hatten sie hingegen zur Pause 3:0 geführt und trotz großer Überlegenheit noch drei Gegentreffer kassiert.

Bayer Leverkusen war spektakulär in die Saison gestartet, doch inzwischen ist große Ernüchterung eingekehrt. Vor dem Spiel gegen St. Petersburg in der Uefa Champions League am Mittwoch versuchen sie in Leverkusen die Ursachen für die Einbrüche zu finden. Trainer Roger Schmidt meinte: „Wir haben es in Stuttgart versäumt, die Spannung hochzuhalten.“ Völler erkannte einen „Wahn des Überlegenseins“, der dazu führe, dass die Mannschaft, wenn sie in Führung liege, einen Tick weniger tue.

Der offensive Mittelfeldmann Hakan Çalhanoğlu, der am Samstag als Sechser eingesetzt wurde und auf der Position nicht glücklich war, sprach bei seinem berühmten Sportstudio-Auftritt ein weiteres Problem an: „Unser Spielsystem ist sehr anstrengend. Vielleicht müssten wir cleverer sein und auch mal die Bremse ziehen.“ Oder anders ausgedrückt: Eine Spitzenmannschaft, die Bayer Leverkusen sein will, muss taktisch variieren und einen Vorsprung auch mal über die Zeit bringen können. Bayer Leverkusen kann zurzeit jedoch nur stürmen.

Bayer Leverkusen: Das offensive Spielsystem hat hohen Unterhaltungswert - und defensiv noch große Schwächen

Das offensive System, das der im Sommer aus Salzburg verpflichtete Trainer Schmidt seiner Mannschaft verordnet hat, ist zwar spektakulär und hat hohen Unterhaltungswert. Profis wie Karim Bellarabi, Hakan Çalhanoğlu oder Heung-Ming Son kombinieren wunderschön und schnell und machen die Bayer-Spiele sehr sehenswert. Defensiv hat die Bayer-Spielart allerdings große Schwächen, wenn nicht alle hundertprozentig aufmerksam sind, was häufig passiert.

Bayer schoss in der Bundesliga zwar 16 Tore, nur der FC Bayern schaffte in der Bundesliga mehr (21). Bayer Leverkusen kassierte aber auch 14. Das ist der drittschlechteste Wert der Liga. Paderborn schaffte es beim 2:2 in Leverkusen einige Male, die Bayer-Profis mit geschickten langen Pässen zu düpieren. Erst mit einem Treffer in der Schlussminute rettete Karim Bellarabi damals das Remis.

Hinzu kommt der lässige Umgang mit den Torchancen. Zum Auftakt der Uefa Champions League verlor Bayer trotz Überlegenheit 0:1 in Monaco. In Stuttgart hätte Leverkusen zur Halbzeit auch mit fünf, sechs Toren Vorsprung führen können. Auch beim 0:0 in Freiburg vergab man beste Möglichkeiten. So steht Bayer nach acht Bundesliga-Spielen mit 13 Punkten auf dem sechsten Rang. Falls es Schmidt nicht schnell gelingt, eine Balance zwischen Offensive und Defensive zu finden, könnte es ungemütlich werden für den 47-Jährigen. Zeitungen rechnen ihm schon vor, dass sein Vorgänger und Defensiv-Liebhaber Sami Hyppiä erfolgreicher war. Zum gleichen Saisonzeitpunkt hatte Bayer vor einem Jahr 19 Punkte eingefahren und 18:8 Tore geschossen.

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