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Alles andere als leichtfüßig. Mesut Özil hat seit einem Monat für den FC Arsenal kein Spiel mehr bestritten. Auch heute in der Europa League dürfte sich daran für den ehemaligen deutschen Nationalspieler kaum etwas ändern.

© Niall Carson/dpa

Bankdrücker beim FC Arsenal: Mesut Özils nächster Absturz

Vor ein paar Wochen war Mesut Özil noch Kapitän beim FC Arsenal. Jetzt ist sogar von einem Abschied aus London die Rede.

Vor zwei Monaten wurde Mesut Özil von der britischen Tageszeitung Daily Telegraph zum „Marmite-Man“ ernannt. Marmite ist ein kurios schmeckender, salziger Aufstrich für Toast, dessen bekannter Werbeslogan seit Jahren lautet: „Either you love it or you hate it“. Entweder man liebt ihn, oder man hasst ihn.

Dass man Mesut Özil entweder hasst oder liebt, ist – anders als die Liebe zum Marmite – kein rein britisches Phänomen. Auch hierzulande gehen die Meinungen über den Spielmacher des FC Arsenal weit auseinander, erst recht im Jahr 2018, jenem Jahr, in dem Mesut Özil zum unfreiwilligen Sinnbild für die Spaltung der deutschen Gesellschaft wurde.

Vor zwei Monaten sah es so aus, als ob der frühere deutsche Nationalspieler die tiefen Wunden des Sommers 2018 hinter sich gelassen und seine Freude am Fußball wiedergefunden hätte. Der neue Arsenal-Trainer Unai Emery hatte ihm gerade die Kapitänsbinde übergeben, und Özil spielte wie zu seinen besten Zeiten. Der "Marmite-Man" war beliebter als jemals zuvor, zumindest in Nordlondon.

Doch dann ging wieder alles schief. Derzeit erlebt Özil den zweiten Absturz eines für ihn so unglücklichen Jahres. Seit mehr als einem Monat hat der Mittelfeldspieler kein Spiel mehr für den FC Arsenal bestritten. An diesem Donnerstagabend, in einer fast bedeutungslosen Europa-League-Partie gegen den FK Qarabag aus Aserbaidschan (21 Uhr/Dazn), dürfte sich das kaum ändern.

Offiziell heißt es, Özil habe Rückenschmerzen

Offiziell heißt es, Özil habe Rückenschmerzen, aber viele vermuten andere Gründe für seine Abwesenheit. Sein Verhältnis zu Trainer Emery soll immer schlechter geworden sein. Sogar von einem Wechsel ist die Rede. Inter Mailand und Manchester United sollen Interesse haben. Schon im Winter könnte er Arsenal verlassen.

Nicht wenige hatten erwartet, dass Özil unter Arsene Wengers Nachfolger leiden würde. Dass er es unter einem Trainer, der mehr Wert auf Physis und Robustheit legt, schwerer habe. Doch die ersten Monate der Saison hatten das Gegenteil bewiesen. Im Oktober behauptete Emery, dass Arsenal von Özils Rücktritt aus der Nationalmannschaft profitiert hätte. Ohne die lästigen Länderspiele habe er mehr mit seinem neuen Trainer reden und seine Ideen schneller annehmen können. Wenige Tage später zeigte Özil beim 3:1-Sieg gegen Leicester eine seiner besten Leistungen in den vergangenen Jahren. Mit einem Tor und einem Assist zeigte der 30-Jährige endlich wieder, warum er Vergleiche mit Zinedine Zidane oder Luis Figo verdient hatte.

Nur drei Wochen später begann der Absturz. Nach einer schlechten Leistung gegen die Wolverhampton Wanderers wurde Özil schon 20 Minuten vor Spielende ausgewechselt. Daraufhin gab es Berichte, dass er mit Emery auf dem Trainingsplatz gestritten hätte. Jedenfalls saß Özil im nächsten Spiel gegen Bournemouth 90 Minuten auf der Bank. Der Deutsche sei für das physische Spiel nicht geeignet gewesen, sagte Emery. Eine Woche darauf war Özil – ausgerechnet für das große Derby gegen Tottenham – nicht einmal im Kader. Auf Fragen reagierte Emery merkwürdig abwehrend. Özil habe Rückenprobleme, sagte der Spanier. Er wisse nicht, seit wann. Er spreche lieber über andere Spieler.

Arsenal spielt auch ohne Özil erfolgreichen Fußball

In Özils Abwesenheit spielt Arsenal weiterhin erfolgreichen Fußball, und das mit einem System, in das Özil nur schwer hineinpasst. Mit Granit Xhaka und dem aufblühenden Neuzugang Lucas Torreira setzt Emery im zentralen Mittelfeld auf zwei Kämpfertypen. Die Dreierkette macht den Einsatz Özils auf einer Außenposition ebenso unwahrscheinlich.

Auch sein Verhalten abseits des Feldes könnte für Özil zum Problem werden. Zuletzt berichtete ein Arsenal-Blogger, dass Özils Rückenschmerzen das Ergebnis von zu vielen Stunden beim populären Computerspiel „Fortnite“ seien. Dann veröffentlichte die „Sun“ ein heikles Video von einer Party kurz vor dem Saisonstart, in dem Özil und mehrere Teamkollegen offenbar Lachgas inhalieren.

Solche Geschichten dürften sein ohnehin angespanntes Verhältnis zu Emery nur verschlechtert haben. Und der spanische Trainer hat in seinen ersten Monaten bei Arsenal klare Zeichen gesetzt. Auch dem einst gesetzten Aaron Ramsey machte er klar, dass er künftig keine Rolle mehr spielt. Wenn sich nun die Zweifel an Özils Einstellung mehren, könnte er Emerys nächstes Opfer werden.

Auch in London kann Özil also den alten Kritikpunkten nicht entkommen. Auch in London gibt es aber genauso viele, die ihn vor all den Vorwürfen verteidigen. Wie der Marmite-Aufstrich ist er einfach zum Spalten verdammt. Entweder man liebt ihn, oder man hasst ihn.

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