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Angespannt. Alexander Nouri steht mit Hertha BSC bei Fortuna Düsseldorf unter Druck.

© Paul Zinken/dpa

Auswärts bei Fortuna Düsseldorf: Das erste Endspiel für Hertha BSC

Die Kritik von Jürgen Klinsmann hat Hertha BSC zur Unzeit getroffen. Bei Fortuna Düsseldorf spielt das Team am Freitag schon ums Überleben.

Die dänische Schlagersängerin Dorthe Kollo hatte so eine Ahnung. „Wärst du doch in Düsseldorf geblieben“, trällerte sie 1968. Ihr gesungener Rat galt einem Playboy, der sich in der weiten Welt vergebens als Cowboy versuchte. Michael Preetz, der ein Jahr zuvor in Düsseldorf geboren wurde und bei der ortsansässigen Fortuna eine Karriere als Fußballprofi startete, wird in einer schweren Minute bestimmt schon mal daran gedacht haben. Und schwere Minuten hat er ja gerade genügend.

Als Geschäftsführer Sport und Kommunikation von Hertha BSC muss ihm seit Wochen der Kopf nur so sausen. Vor gut 14 Tagen schlug ihm ein gewisser Jürgen Klinsmann ansatzlos die Tür vor der Nase zu und türmte als Cheftrainer. Diesen Mittwoch nun warf der frühere Weltmeister und ehemalige Bundestrainer ihm als Berliner Führungskraft Unfähigkeit und Versagen vor.

Michael Preetz reist in die alte Heimat

Das alles trifft Preetz wie eigentlich den gesamten Verein zu einer Unzeit. Die sportlich angeschlagene und von vielen Wirrungen und Trainerwechseln in dieser Spielzeit geschlauchte Mannschaft muss nun ausgerechnet in Düsseldorf antreten. Preetz wird diese Reise in die alte Heimat ganz sicher mit – sagen wir mal – gemischten Gefühlen antreten.

Für seinen Klub ist das Spiel am Freitagabend (20.30 Uhr/Dazn) fast schon ein erstes Endspiel um den Klassenerhalt. Man werde versuchen, die Nebengeräusche auszublenden, „so gut es eben geht“, wie Preetz sagte. Auf dass das Team so eng zusammenrückt, „das ein gutes Ergebnis rauskommt“.

Es kommt derzeit wirklich viel zusammen. Der Berliner würde sagen, für Hertha kommt es dicke. In der angerührten Schlammschlacht zwischen Verein und Klinsmann gibt es eigentlich nur Verlierer, und klar ist auch, dass „der Verein Schaden nimmt“, wie Preetz mutmaßte. Herthas Vereinsspitze ist angezählt, die Spieler sind angefressen.

Ohne Ball nix los. Hertha, hier mit Dedryck Boyata (r.) muss das Spielgeschehen wieder an sich ziehen, um nicht so unter die Räder zu kommen wie gegen Köln.
Ohne Ball nix los. Hertha, hier mit Dedryck Boyata (r.) muss das Spielgeschehen wieder an sich ziehen, um nicht so unter die Räder zu kommen wie gegen Köln.

© Andreas Gora/dpa

In einem für den Investor bestimmten Protokoll hat Klinsmann den kompletten Austausch der Vereinsführung als zwingend erforderlich angemahnt und zugleich eine Art Marktwertanalyse über einzelne Spieler angestellt. Beides in wenig zimperlicher Diktion. Einzelnen Spielern sprach er wahlweise technische Begabung oder Leidensfähigkeit ab, andere seien zu alt oder satt und nicht mehr in der Lage, Mehrwert generieren zu können, wie Klinsmann schrieb.

Das alles erschwert die Aufgabe in Düsseldorf. Die Fortuna steht gegenwärtig mit zwanzig Punkten auf dem Relegationsplatz, Hertha steht nur zwei Plätze und sechs Pünktchen besser da. Auch bei den Rheinländern hat es jüngst einen Trainerwechsel gegeben. Uwe Rösler löste Friedhelm Funkel ab.

Von den fünf Pflichtspielen unter dem neuen Trainer hat die Fortuna je zwei gewonnen und unentschieden gespielt. „Sie haben sich aus einer neuen Grundformation eine gute Balance erarbeitet. Sie haben ein gutes Flügelspiel, das werden wir im Auge haben“, sagte Alexander Nouri.

Nouri setzt auf eine Trotzreaktion

Der 40-Jährige, von Klinsmann erst als Co-Trainer geholt und dann im Stich gelassen, setzt auf eine Trotzreaktion. „Wir konzentrieren uns auf die Dinge, die wir beeinflussen können“, sagte er und listete „Mentalität, Einhaltung der Handlungsvorgaben und Geschlossenheit“ auf. Von seinen Spieler verlange er „volle Konzentration“ auf „ein extrem wichtiges Spiel“.

Schon vor zwei Wochen, als sein Chef quasi über Nacht getürmt war, musste er seine Mannschaft auf das Spiel in Paderborn vorbereiten, was besser klappte als befürchtet worden war. „Die Reaktion auf dem Platz war richtig gut, und jetzt hoffen wir, dass das jetzt ähnlich wird.“

Und tatsächlich gibt es etwas, das Hertha in der momentan schwierigen Situation ein wenig Mut machen könnte. Die kleine Auswärtsserie. Seit Ende November, als Klinsmann und Nouri kamen, sind die Berliner in der Bundesliga auswärts ungeschlagen. Von den vier Spielen konnten drei (in Leverkusen, Wolfsburg und Paderborn) gewonnen werden. Angefangen hatte die Serie mit einem Unentschieden in Frankfurt.

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Verzichten muss Hertha in Düsseldorf auf Santiago Ascacibar und Niklas Stark, die zuletzt in der Startelf standen. Beide Spieler sind gelb-gesperrt. Doch nur bei personellen Wechseln dürfte es nach der zurückliegenden 0:5-Heimspielklatsche gegen den 1. FC Köln nicht bleiben. Könnte also sein, dass Nouri in der Abwehr auf eine Viererkette zurückgreift, die der Mannschaft mehr Stabilität verleihen dürfte. „Wir wollen das Spiel gewinnen, und so gehen wir da rein“, sagte Nouri. Das Wie behielt er für sich.

Ja, Hertha kehrt nun auch an den Ort einer der größten Blamagen der Vereinsgeschichte zurück. Im Relegationsrückspiel kam es im Mai 2012 zu skandalösen Szenen auf beiden Seiten. Hertha stieg zum zweiten Male innerhalb von drei Jahren ab. Schon damals wird dem einen oder anderen Hertha-Fan vielleicht der Schlager von einst eingefallen sein.

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