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Rohdiamant. Moritz Nicolas will sich beim 1. FC Union schleifen lassen.

© Matthias Koch/Imago

Ausgeliehen von Mönchengladbach: Warum Torwart Moritz Nicolas beim 1. FC Union keine Chance bekommt

Moritz Nicolas gehört eigentlich Borussia Mönchengladbach, soll aber beim 1. FC Union möglichst viel Spielpraxis sammeln. Das ist aktuell aber schwierig.

Von David Joram

Wenn die Zahlen, die nicht lügen, stimmen, kann Moritz Nicolas zufrieden sein. 465 Spielminuten hat der Ersatztorwart des Fußball-Bundesligisten 1. FC Union in dieser Saison bereits gesammelt, in sieben Einsätzen kassierte er nur drei Gegentore. Durchschnittlich treffen die gegnerischen Angreifer alle 155 Minuten gegen ihn, ein Topwert.

Und es kommt noch besser: Immer wenn der 22-jährige Nicolas das Berliner Tor hütete, blieb Union ungeschlagen. Einen Rohdiamanten habe der Klub im Tor, sagt ein enger Vertrauter des aufstrebenden Schlussmanns. Einen Haken haben diese glanzvollen Statistiken natürlich, und zwar jenen, dass Nicolas bislang nur in Testspielen sein Können zeigen durfte. Nicolas ist von Unions kommendem Gegner Borussia Mönchengladbach nach Köpenick ausgeliehen – bis zum Ende der Saison 2020/2021. Eigentlich soll er möglichst viel Spielpraxis sammeln, doch die Realität ist eine andere.

„Im Moment haben wir eine klare Nummer eins!“, sagt sein Trainer Urs Fischer, der selbst im DFB-Pokal auf Stammkeeper Rafal Gikiewicz baut. Der wird auch im Bundesliga-Heimspiel an diesem Samstag gegen Tabellenführer Borussia Mönchengladbach (15.30 Uhr, live bei Sky) den Einpeitscher geben. Unions Aufstiegstorhüter hat sich, nach anfänglichen Unsicherheiten, wie die gesamte Mannschaft gesteigert und ist als Spielerpersönlichkeit im Union-Kosmos hoch angesehen.

Nicolas’ Chancen auf Pflichtspiel-Einsätze für die Berliner stehen deshalb schlecht, obschon ihm viele Seiten enorme Qualitäten zuschreiben. In Mönchengladbach, wo er seit 2015 vornehmlich für Borussias Regionalliga-Elf auflief, trauen sie ihm die Nachfolge des bisherigen Stammtorwarts Yann Sommer zu. Schließlich hat Nicolas noch einen gültigen Vertrag am Niederrhein, der erst im Sommer 2019 um vier Jahre bis 2023 verlängert worden ist.

„Er ist sehr, sehr fokussiert, sehr ehrgeizig. Man darf ihm zutrauen, dass er diesen Sprung irgendwann macht“, bestätigt Unions Manager Oliver Ruhnert die Bundesliga-Tauglichkeit des Berliner Ersatztorhüters. Auch Fischer ist mit Nicolas’ Trainingseifer durchaus einverstanden.

Starker Rückhalt. An Rafal Gikiewicz führt derzeit kein Weg im Union-Tor vorbei.
Starker Rückhalt. An Rafal Gikiewicz führt derzeit kein Weg im Union-Tor vorbei.

© Torsten Silz/dpa

„Moritz macht sehr gut mit, er versucht jeden Tag dazuzulernen“, sagt der Trainer. Die Ersatzrolle sei natürlich nicht so einfach für ihn, „aber damit muss er umgehen“, fordert Fischer. Nicolas selbst wollte sich in dieser Woche nicht zu seinen Zukunftsplänen äußern.

Klar ist, dass der ambitionierte Torwart bis 2021 in die erste Reihe aufrücken will, wenn nicht bei Union, dann woanders. „Ich will die Chance nutzen, mein Talent unter Beweis zu stellen“, zitierte Union seinen Neuzugang im Sommer, als das Leihgeschäft nach dem Aufstieg verkündet wurde.

Für die Berliner hatte sich Nicolas wohl vornehmlich entschieden, weil ihm der Klub – trotz Gikiewicz – einen Stammplatz in Aussicht gestellt hatte. „Ich glaube, er ist vor allem deshalb gekommen, weil er eine Herausforderung gesucht hat in der Bundesliga, um die Nummer eins zu konkurrieren“, sagt derweil Unions Manager Oliver Ruhnert.

Der Kaderplaner sieht die Thematik gelassen. Ihn freut es, dass Gikiewicz einen hungrigen Herausforderer hat. „Ich glaube, dass die Leistungsentwicklung bei Gikiewicz auch damit zusammenhängt, dass er nun sehr deutlich merkt, dass es auch einen Torhüter gibt, der ins Tor könnte“, sagt Ruhnert.

Ruhnert verhandelt derzeit mit Gikiewicz

Doch allzu offen führt Trainer Fischer die T-Frage natürlich nicht, Gikiewicz gilt als gesetzt – Nicolas muss sich mit kleinen Erfolgen anfreunden. „Er hat sich schon einen Status aufgebaut, der seinem Wunsch, Nummer eins zu werden, relativ nahe kommt“, sagt Ruhnert. Er verweist darauf, dass Nicolas, der in allen Bundesliga-Spielen im Kader stand, Jakob Busk als Nummer zwei abgelöst habe.

Aber was kommt da noch? Derzeit feilscht Ruhnert mit Gikiewicz um einen neuen Vertrag. Und falls es den 32-Jährigen, der die Verhandlungen eigenständig führt, weiterhin in Berlin hält, werden sich auch Nicolas und Mönchengladbach ihre Gedanken machen – möglicherweise über ein vorzeitiges Ende des Leihgeschäfts.

Ruhnert sagt, dass die Mönchengladbacher Planungen der „ausschlaggebende Faktor“ seien. Zwischen den Klubs gebe es einen engen Austausch. Rein vertraglich könnte der Tabellenführer seinen Torhüter vorzeitig zurückholen. Denn Testspiele sind Moritz Nicolas auch in Mönchengladbach sicher.

Mehr zum 1. FC Union lesen Sie in unserem Blog.

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