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Jetzt in einer Liga: Unions Maskottchen Ritter Keule und Herthinho.

© imago images / Hanel

Aufstieg in die Bundesliga: Wie der 1. FC Union Ost und West auf Augenhöhe bringen kann

Der 1. FC Union Berlin kann eine Erfolgsgeschichte fortschreiben, die über das Sportliche hinausgeht – und auf das Gesellschaftliche ausstrahlt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Johannes Nedo

Jubelfeiern von Fußballern und ihren Fans folgen eigentlich immer einer vergleichbaren Dramaturgie. Doch was sich bis zum Dienstagmorgen rund um das Stadion des 1. FC Union Berlin abspielte, hatte eine besondere Wucht. Dem Verein aus Köpenick ist sportlich etwas Außergewöhnliches gelungen. Union und seine Fans haben aber dabei deutlich mehr geschafft als den Aufstieg in die Fußball-Bundesliga.

Schließlich erleben wir Zeiten, in denen sich hierzulande die Gegensätze zwischen Ost und West immer weiter zu verfestigen drohen. Das belegen nicht zuletzt die Ergebnisse der Europawahl, bei der die AfD in Ostdeutschland weiter zugelegt hat – während die Grünen im Westen als Sinnbild für Europafreundlichkeit triumphierten.

Doch Berlin hat schon immer eine Vorreiterrolle in Deutschland eingenommen. Nun hat also der Fußball die einmalige Chance, über die höchste Spielklasse Ost und West wieder etwas näher zusammenzubringen. So ermöglicht der Aufstieg des 1. FC Union 30 Jahre nach dem Mauerfall in gewisser Weise eine Wiedervereinigung im Kleinen. Denn Fans und Verein stehen für den Osten, für das Widerspenstige. Sie mussten schon in der DDR immer gegen Widerstände von oben ankämpfen – und erlebten auch nach der Wende zahlreiche Turbulenzen. Nun gehören sie endlich offiziell zur Elite des deutschen Fußballs und spielen mit den Großen – vor allem mit dem Nachbarn aus dem Westen Berlins: Hertha BSC.

Die Fans stehen vor großen Herausforderungen

Im Berliner Derby könnte dann etwas wirklich Besonderes zusammenkommen: Union und Hertha überbrücken das Verhältnis zwischen Ost und West. Hertha, das sind die Etablierten aus Westend. Union, das sind die Unangepassten aus Köpenick. Trotzdem stehen sich beide nicht unversöhnlich gegenüber. Aus den vermeintlichen Widersprüchen könnte Verbindendes entstehen. Beide wollen begeistern, mit ihrem Fußball, mit ihrer Vereinsidentität. Hertha könnte von Union lernen, wie man die Fans voll einbezieht und auf sie eingeht. Union von Hertha, wie man sich in der Bundesliga behauptet.

Sicherlich hat das auch Kehrseiten: Nun, da die Köpenicker auf der größten deutschen Bühne angekommen sind, müssen sich auch die Fans des 1. FC Union den Herausforderungen stellen. Sie können sich zwar auf Spiele gegen Bayern München, Borussia Dortmund und Schalke 04 freuen – damit einher gehen aber wohl auch höhere Preise für die Stadionkarten oder das Bier. Und das, obwohl man sich hier immer als Gegenpol zu durchkommerzialisierten Klubs und Fans mit Klatschpappen gesehen hat.

Union hat die spannendere Geschichte

Wenn Verein und Fans sich davon nicht verprellen lassen, könnten sie eine Erfolgsgeschichte fortschreiben, die weit über das Sportliche hinausgeht – und am Ende auf das Gesellschaftliche ausstrahlt. Denn die längere Geschichte mag die 1892 gegründete Hertha haben, die spannendere Geschichte aber hat der 1966 gegründete 1. FC Union. Da reichen die Stichworte: Weihnachtssingen, Fans beim Stadionbau oder Blutspenden gegen die Insolvenz.

Sportlich wird es für die anstehende Saison zwar eine klare Rollenverteilung zwischen den Etablierten und den Aufsteigern geben. Sollte Union es aber schaffen, sich in der Bundesliga zu halten, könnte Hertha BSC auf lange Sicht ein echter Konkurrent in der eigenen Stadt erwachsen. Dann könnten Ost und West auf Augenhöhe spielen. Auch wenn es nur der Fußball ist: Das wäre doch was.

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