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Ein Mann, viele Knöpfe. Chefpilot Jürgen Raps im Cockpit.

© ddp

Aufbruch nach Südafrika: Mit Heilbutt und Massageknopf

So eine Anreise zu einer Fußball-Weltmeisterschaft war schon immer mit Getöse verbunden. Wie das deutsche Team nach Südafrika reist.

Der Treffpunkt liegt im Terminal 1, Halle B, in den Tiefen des Flughafens von Frankfurt am Main. Dort wird die deutsche Nationalmannschaft an diesem Sonntagabend einchecken, kurz einen Orangensaft in der „Senator-Lounge“ zu sich nehmen und dann geht’s auch schon los. Um 20.30 Uhr hebt die Maschine ab, Flug LH 2010 beginnt.

Drei Gepäckstücke dürfen die Fußballer nach Südafrika mitnehmen, einen Koffer, einen Trolley, eine Sporttasche, hat der Zeugwart des Deutschen Fußball- Bundes (DFB), Thomas Mai, erzählt. Um den Flug haben sich noch viel mehr Logistiker ihre Gedanken gemacht: Zehn Stunden sind es bis ins kalte Johannesburg. Werden Hollywoodfilme gezeigt oder die Endlosschleife Best-of-WM? Wie sieht’s mit der Beinfreiheit für den langen Per Mertesacker aus? Und fliegt der Kapitän eine Ehrenrunde über Johannesburg?

„Nein“, sagt Chefpilot Jürgen Raps, 58, der mit zwei Kollegen vorn im Cockpit des Flugzeugs sitzt, einem Airbus A380. „Es ist ja dunkel, wenn wir abheben. Und wenn wir landen, ist der Luftkorridor von Johannesburg sehr, sehr voll – da kommen ja morgens alle Mannschaften mit ihren Flieger runter.“ Raps ist Fußballfan, war früher Libero beim FC Bayreuth. „Diesen Flug wollte ich mir nicht nehmen lassen“, sagt Raps. „Für mich ist das ein Schmankerl.“

So eine Anreise zu einer Fußball-Weltmeisterschaft war schon immer mit Getöse verbunden. Als es 1930 zur WM nach Uruguay ging, machten sich alle europäischen Mannschaften mit einem Schiff auf den Weg. Zwei Wochen schaukelten sie übers Wasser. Die Belgier trieben Sport an Deck (Geräteturnen!), die Franzosen spielten Karten, die Jugoslawen aßen und aßen und wurden immer dicker. Bei der WM 1954 reisten die Deutschen mit einem Omnibus der Ulmer Marke Magirus Deutz in die Schweiz, zurück ging es im berühmten Zug mit dem „Weltmeister“-Schriftzug. Den Landweg nach Südafrika wollte der DFB diesmal vermutlich nicht nur seinem Busfahrer ersparen.

Es sind einige hundert Menschen an Bord von Flug LH 2010, vom DFB-Präsidium über Reporter bis hin zu einigen Fans, die den Flug gewonnen haben, um mal ganz nah bei der Mannschaft zu sein. Die 23 Spieler sitzen aber nicht in der First Class, sie fliegen Business, was kein Grund ist für Mitleid: Dort ist jeder Sessel zwei Meter lang und mit einem Massageknopf ausgerüstet, die Beinfreiheit beträgt 152 Zentimeter. Mertesacker kann die Thrombosestümpfe zu Hause lassen.

Verantwortlich für die Verpflegung ist Teamkoch Holger Stromberg, auf dem Flug gibt es unter anderem Heilbutt mit Caramel-Beluga-Linsen-Gemüse und Hirsegaletten, davor gebeizten Lachs mit Brunnenkresse-Frischkäse-Haube, und hinterher Holunderblütencreme mit langem Pfeffer und Rhabarberkompott. In der vergangenen Woche haben die 19 Stewards und Stewardessen auch das Bedienen der neuen Kaffeemaschinen geübt.Die Maschine landet um 8.15 Uhr morgens in Johannesburg, da dürften die Heißgetränke einige Abnehmer finden.

Zuvor aber lockt der Bildschirm: 30 Kinofilme! In acht Sprachen! 25 Fernsehprogramme! Wer sich trotzdem noch langweilen sollte, kann mal vorne anklopfen, sagt Jürgen Raps, der Chefpilot. „Vorne können wir plaudern, da dürfen alle rein – aber bitte nicht gleichzeitig“, sagt er, „Der A380 mag groß sein, aber 23 Spieler passen da nicht rein.“

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