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Zwei Mann, ein Rad. Kai Kruse (l.) und Robert Förstemann wollen den deutschen Rekord knacken.

© Imago/Beautiful Sports

Auf dem Para-Tandem beim Sechstagerennen: Robert Förstemann und Kai Kruse wollen deutschen Rekord aufstellen

Robert Förstemann will zu den Paralympics. Aber zuerst hat er mit seinem Partner Kai Kruse auf dem Para-Tandem ein großes Ziel im Velodrom.

Kai Kruse war früher erfolgreicher Ruderer. Bei den Paralympics 2012 gewann er in London Bronze im Mixed-Vierer. Inzwischen ist der sehbehinderte Kruse Radsportler. Zusammen mit Robert Förstemann fährt er Tandem, das Ziel sind die Paralympics in diesem Jahr in Tokio.

Doch mitunter kommt noch der Ruderer in ihm durch. „Er zieht hinten heftig am Lenker. Manchmal hat er mich damit fast ausgehebelt. Und das bei 70 km/h“, erzählt Förstemann. „Rudern ist eben ein sehr oberkörperlastiger Sport“, ergänzt Kruse. Beide lachen.

Für Förstemann ist es ein Paradebeispiel für Inklusion

Seit knapp einem Jahr sind sie ein Team. Kruse, der mit Bahnrad-Olympiasieger Stefan Nimke mehrere Medaillen bei internationalen Wettkämpfen geholt hat, suchte einen neuen Partner und hatte Top-Sprinter Förstemann kontaktiert. Dieser war offen für Neues. „Für mich war das eine Möglichkeit, eine ganz andere Perspektive auf den Radsport zu bekommen“, sagt der 33-Jährige. Was er schnell festgestellt hat: „Das ist richtiger Profisport.“ Und ein Paradebeispiel für Inklusion, wie er betont.

Eigentlich sollte beim Sechstagerennen 2019 in Bremen die Zusammenarbeit bekanntgegeben werden. „Das Tandem war vor Ort“, sagt Förstemann. Dann stürzte er im Sprint schwer, zog sich Brüche an den Rippen, der Schulter und dem Schlüsselbein zu. Nicht einmal zwei Monate später saß er „mit viel Metall in der Schulter“ mit Kruse bei der Para-WM in Apeldoorn (Niederlande) auf dem Rad. Das Duo belegte den siebten Platz. Ende Januar findet in Milton/Kanada die nächste WM statt, „eine Medaille ist das Ziel“, sagt Kruse.

Samstag um sechs Uhr fliegen sie los, zuvor sind sie zweimal im Velodrom. Donnerstagabend starteten sie beim Sechstagerennen bei den Sprintern und erzielten mit 12,578 Sekunden eine ganz starke Zeit. Sie fuhren zu Trainingszwecken und um Werbung für die Disziplin zu machen.

„Ich finde es beeindruckend und gewaltig, wenn sich 200 Kilo mit dieser Geschwindigkeit über die Bahn bewegen“, sagt Förstemann, der nicht mehr zum Nationalteam gehört, aber weiter an Sprint-Veranstaltungen unterhalb der Weltcup-Ebene teilnimmt. Die 200 Kilo setzen sich aus dem Gewicht der Fahrer und dem des Rades zusammen.

Starkes Duo. Kai Kruse (hinten) nahm mit Stefan Nimke an den Olympischen Spielen 2016 teil.
Starkes Duo. Kai Kruse (hinten) nahm mit Stefan Nimke an den Olympischen Spielen 2016 teil.

© dpa

Am Freitag wollen sie dann den deutschen Rekord über 1000 Meter brechen. Der steht bei knapp unter 1:02 Minuten. Ein Rekordversuch kurz vor der WM, kostet das nicht unnötig Kraft? „Die Regenerationszeit ist lang genug“, sagt der 28 Jahre alte Kruse. Für Förstemann gibt es ohnehin nur eins: „Wir fahren Vollgas!“

So ist er als Sprinter – und auch im Tandem. Immer volle Pulle, ohne Angst. Aber doch, Anfang Januar in Bremen habe er ein bisschen Angst gehabt. An den ersten beiden Abenden, ein Jahr nach dem schlimmen Sturz. „Ich habe es bewältigt. Damit ist der Sturz für mich abgeschlossen.“ Nicht nur das: Förstemann sprintete zum Bahnrekord.

Kruse macht sich hinter Förstemann so klein wie möglich

Kai Kruse, über 1,90 Meter groß, sitzt im Tandem hinter dem 1,74 Meter großen Förstemann, versucht sich so klein wie möglich zu machen. Nachdem er vom Rudern zum Radsport gewechselt war, sei es zunächst nicht leicht gewesen, die Kontrolle an einen anderen zu übergeben. Nach über einem halben Jahr hatte er sich daran gewöhnt. Förstemann fahre anders als sein vorheriger, eher vorsichtiger Partner Nimke. „Aber auch bei Robert weiß ich natürlich, dass er nicht auf die Nase fallen will.“

Es braucht Zeit, bis sich ein neues Gespann eingefahren hat. Bis jeder ohne Kommandos genau weiß, was wann zu tun ist. „Das reift wie bei einem Wein“, sagt Kruse. Der Reifeprozess schreitet gut voran, aber Reserven gibt es noch. „Bis Olympia ist einiges zu tun“, sagt Förstemann. Daran arbeiten sie in Berlin meist gemeinsam auf dem Rad. Kruse macht zudem allein Kilometer auf dem Hometrainer.

Doch auch das beste Verständnis auf dem Rad hilft nichts, wenn das Material nicht mitmacht. Ihr neues Arbeitsgerät hatten sie im November bekommen. Aber die beiden entwickelten zu viel Kraft auf dem Rad, 400 Kilo wirken beim Antritt auf die Pedale. Die Kette ging kaputt, die Karbonscheiben ebenfalls. Bei einem Rennen hatten sie bei voller Geschwindigkeit einen Platten. Nun soll das nicht mehr passieren, das Rad ist optimiert worden. Damit Förstemann und Kruse immer volle Pulle fahren können.

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