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Arsenal-Trainer Wenger, Gesicht der Gunners,

© Reuters/Juan Medina

Atlético Madrid gegen Arsenal London: Arsène Wenger sucht die Ewigkeit

In der Europa League spielt der Elsässer um seinen letzten möglichen Titel als Trainer von Arsenal London. Nachfolger könnte ein Vertrauter von Jürgen Klopp werden.

Ab und an flackert es noch auf. Eine feine Doppelpass-Kombination hier, ein hübscher Streichler aus dem Fußgelenk da. Oder ein Tor mit der Hacke zum Abschluss, als ob es noch nicht schön genug gewesen wäre. Arsène Wenger hat es entworfen, das geniale Kurzpassspiel des FC Arsenal, auch zu bestaunen in den jüngsten Europa-League-Spielen gegen ZSKA Moskau oder Atlético Madrid. One-Touch-Football. Eine Spielweise, die den Fußball Anfang der Nullerjahre veränderte und 2013 in dem vielleicht schönsten Team-Tor kulminierte, das je erzielt wurde, als Jack Wilshere, Olivier Giroud und Santi Cazorla die Abwehr von Norwich City mit sechs Direktpässen aushebelten.

Für solche Momente war das Arsenal von Arsène Wenger schon immer gut, auch im Jahr 2018 ist es das noch. Was dem Auftritt der Gunners vor dem Halbfinal-Rückspiel gegen Atlético am Donnerstag (20.45 Uhr/Sky) fehlt, ist Nachhaltigkeit. Es ist ein Fußball für Augenblicke, aber keiner mehr für die Ewigkeit. Weil sich kaum eine Mannschaft so prächtig darauf versteht, in Schönheit zu sterben. Exemplarisch dafür stand auch das Hinspiel, als die Londoner ein 1:0 verspielten. Trotz Heimspiel. Trotz 80-minütiger Überzahl. „Der Abend schmeckt bitter für uns“, sagte Wenger nach dem Ausgleich durch Antoine Griezmann.

Abschied. Arsène Wenger, Arsenals Trainer seit 1996, wirft seinen Mantel bald nicht mehr im Stadion über.
Abschied. Arsène Wenger, Arsenals Trainer seit 1996, wirft seinen Mantel bald nicht mehr im Stadion über.

© Reuters

Den Fans schmeckten schon die letzten zehn Jahre nicht mehr. Bis auf ein paar FA-Cups hat Arsenal in der jüngeren Vergangenheit nichts mehr gewonnen. Die letzte Meisterschaft, als Wenger eine Siegesmaschine mit Spielern wie Patrick Vieira und Thierry Henry erschuf, liegt 14 Jahre zurück. Heute droht man, zum zweiten Mal in Folge die Champions League zu verpassen. Das Vertrauen in die Fähigkeiten des Elsässers hat sich teils in Verachtung verwandelt. Aus dem berühmten Credo „Arsène knows“ ist gewissermaßen „Arsène? No!“ geworden.

Nach 22 Jahren ist Schluss – folgt Klopps Co-Trainer nach?

Diesem Gegenwind will sich der 68-Jährige nicht weiter aussetzen, weshalb er sein bis 2019 vereinbartes Engagement schon jetzt beendet. 22 Jahre wird er Arsenal trainiert haben, wenn er im Sommer sein Amt zur Verfügung stellt. Wer kein Gefühl dafür hat, welche Zeitspanne vorliegt, dem sei folgender Vergleich ans Herz gelegt: Als Wenger im Oktober 1996 nach England kam, hatte Giovanni Trapattoni gerade Otto Rehhagel beim FC Bayern abgelöst.

Nun steht Wengers Ablösung bevor. Der Erbe muss noch gefunden werden. Große Lösungen wie Carlo Ancelotti oder Luis Enrique sind denkbar. Aber auch das Gerücht, dass mit Zeljko Buvac der Assistent von Jürgen Klopp bereitsteht, hält sich hartnäckig. Eine Querverbindung besteht, da der frühere Dortmunder Chefscout Sven Mislintat bei Arsenal mit der Erarbeitung von Trainerprofilen beauftragt ist. Beauftragt fühlen sich nun auch die Spieler, ihrem scheidenden Trainer einen Abschluss mit Konfettiregen zu bereiten. „Wir wollen es für ihn“, sagt Per Mertesacker. „Wenn wir das Feld betreten, kämpfen wir für ihn.“ Ein Triumph in der Europa League wäre der erste internationale Titel für Wenger. Und endlich mal wieder etwas für die Ewigkeit.

Steven Wiesner

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